Leiche in Sicht
selbst sei zu müde dazu. Patrick tanzte mit Kate und
John hatte gerade Emma aufgefordert... da kam außer Charlotte praktisch niemand
mehr in Frage.»
«Man kann so tanzen und auch anders,
aber das brauche ich dir ja wohl nicht erst zu erklären», sagte Mr. Pringle,
immer noch ärgerlich.
«Aber wie wir getanzt haben — das lag
nur an Charlotte. Sieh doch nur, wie sie jetzt mit Patrick tanzt!» Mr. Pringle
seufzte. Es stimmte. Charlotte hielt Patrick ebenso eng umschlungen wie vorhin
Matthew. Und obwohl Patrick kein so guter Tänzer war wie sein Neffe, blickten
auch jetzt alle zu dem Paar hin. Es schien, als ob Musik Charlotte geradezu
elektrisiere. In diesem Moment verließen die anderen Paare die Tanzfläche,
bildeten einen Kreis und feuerten Patrick und Charlotte durch Klatschen an.
Noch aus der Entfernung teilte sich Mr. Pringle die Erregung mit.
«Ich habe die Fairchilds immerhin
eingeladen mitzukommen», fuhr Matthew fort, «und nach dem, was Emma in
Spartahouri passiert ist...»
«Ich würde dir jedenfalls dringend
raten», unterbrach ihn Mr. Pringle unwirsch, «dich in Zukunft allein auf
Elizabeth zu konzentrieren.»
«Aber das ist es doch gerade, was ich
dir sagen wollte», entgegnete Matthew. «Ich gehe jetzt zurück aufs Boot zu
Elizabeth, und du bleibst hier und ißt in Ruhe zu Ende. Ich komme schon alleine
klar. Um Charlotte wird sich Patrick kümmern.» Er stand auf, nickte Mr. Pringle
kurz zu und ging. Seufzend wandte sich Mr. Pringle seinem Essen zu und nahm
einen Bissen von seinem Moussaka. Doch inzwischen war es kalt geworden und
schmeckte entsprechend scheußlich. Verdammt! Er hatte sich so darauf gefreut,
denn er war schrecklich hungrig. Ärgerlich trank er einen Schluck Wein.
Irgendwie war es schon komisch, dachte er, daß auf dieser Reise jedesmal, wenn
er anfing, sich so richtig wohl zu fühlen, etwas dazwischenkam...
Mr. Pringle verließ das Restaurant kurz
nach seinem Neffen, gönnte sich aber auf dem Rückweg in einem Café ein paar
Cognacs. Auf diese Weise doch noch versöhnt mit der Welt, kletterte er gut zwei
Stunden später an Bord der Capricorn. In der Plicht traf er Matthew mit
einem Eimer in der Hand.
«Wie geht es Elizabeth jetzt?»
erkundigte sich Mr. Pringle.
«Nicht sehr gut», sagte Matthew ernst.
«Sie muß irgend etwas gegessen haben, das ihr nicht bekommen ist. Ich habe sie,
seit ich sie kenne, noch nie so elend gesehen. Hoffentlich läßt der Lärm da
draußen sie überhaupt zum Schlafen kommen.» Im Freilichtkino auf der anderen
Seite des Kais war eine Horde von Teufeln gerade dabei, auf höchst
geräuschvolle Weise die Menschheit zu vernichten. Matthew sah erschöpft aus.
«Sind Mrs. Clarke und Emma noch...»
«Emma hat Liz beim Ausziehen geholfen,
und Mrs. Clarke hat ihr irgendeine Medizin eingeflößt, die sie, wie sie sagte,
bei ihren Kindern in solchen Fällen anwendet.» Er deutete auf den Eimer. «Ich
kann nicht finden, daß sie viel genützt hätte.»
«Ist Emma jetzt bei ihr?»
«Nein. Sie ist mit John zusammen ins
Kino gegangen, aber mach dir keine Sorgen, ich komme schon zurecht.»
«Kann ich dir irgendwie helfen?»
«Du könntest Tee kochen, wenn du
willst. Wenn ich mit dem Saubermachen unten fertig bin, würde ich gern eine
Tasse trinken.»
Mr. Pringle kochte Tee, dann zog er
sich aus. Er war todmüde. Vom Kai her drangen die Angstschreie vergewaltigter
Maiden, unterlegt mit den Pfiffen und Buhrufen der Zuschauer, herüber. Während
er sich in die Hundekoje zwängte, erklangen die brausenden Klänge der
Schlußmusik. Dann würde es ja gleich ruhig werden. Dankbar schloß er die Augen.
Er hörte, wie die Menge das Kino
verließ, dann ein leises Rufen. Emma und John wollten wissen, wie es Liz gehe.
Matthew kam ans Luk und antwortete leise, daß sie schlafe. Die beiden gingen,
und es wurde für eine Weile still.
Doch nicht lange. Mr. Pringle wachte
auf und lauschte. Matthew eilte hin und her, um ihr immer wieder ein neues Glas
Wasser zu bringen. Mr. Pringle erkundigte sich, ob er Kate holen solle, aber
Liz verneinte. Mit heiserer Stimme rief sie ihm zu, daß sie in diesem Zustand
von niemandem gesehen werden wolle. Geschieht Matthew ganz recht, daß er sich
jetzt die Nacht um die Ohren schlagen muß, dachte Mr. Pringle.
Kapitel 12
Sie wollten früh aufbrechen, denn die
Fahrt nach Parga war lang. «Es tut mir leid, daß ich dich darum bitten muß,
aber meinst du, wir beide kommen auch alleine klar? Liz fühlt sich noch
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