Leiche in Sicht
Griechenland.»
Charlotte hob die Hand, als wollte sie
jeden Gedanken daran abwehren.
«Und fang gar nicht erst an, dir
vorzumachen, du könntest die Vernehmung schon irgendwie umgehen.» Emma ließ
nicht locker. «Diesmal wird sich keiner drücken können, nicht einmal Mr. Gill.»
«Aber ich habe den Beamten in
Griechenland die Wahrheit gesagt», erwiderte Charlotte, den Tränen nahe. «Ich
habe Liz oben auf dem Hügel nicht gefunden... da war nur dieses Schwein... und
das ist die Wahrheit!» Emma starrte sie eine Weile stumm an.
«Dann hast du ja nichts zu befürchten»,
sagte sie schließlich und wandte sich ab.
Kapitel 18
Mr. Pringle hatte sich erst den Fragen
der Presse, dann denen der Polizei gestellt. Letztere kam allerdings, im
Gegensatz zu den Reportern, zu ihm ins Haus, um ihm, wie die Beamten ihm
höflich erklärt hatten, nicht unnötige Mühe zu machen. Er fand das sehr
zuvorkommend, und auch die Art und Weise, wie der Beamte ihm zuzuhören schien,
als er seine Theorie entwickelte, tat ihm ausgesprochen gut. So vergaß er seine
übliche Zurückhaltung und erwähnte, daß er schon früher Gelegenheit gehabt
habe, der Polizei behilflich zu sein. Das hätte er nicht tun sollen. Leider war
Mr. Pringle viel zu sehr mit seinen Erinnerungen beschäftigt, sonst hätte er
bemerkt, wie der Blick des Beamten plötzlich starr wurde. Er enthielt sich
jedoch jeglichen Kommentars, und erst als er wieder draußen bei seinen Kollegen
im Polizeiwagen saß, brach es aus ihm heraus. Für Mr. Pringle, der von dem
Ärger des Beamten nichts mitbekommen hatte, war es hingegen ein rundum
freundlicher Besuch gewesen.
Die Sonne schien, und so beschloß er,
einkaufen zu gehen. Als er zurückkam, stand Mavis im Korridor. Was für eine
großartige Überraschung! Er wunderte sich zwar etwas, daß sie noch im Mantel
war, ging aber nichtsdestoweniger erfreut auf sie zu, um sie zu küssen. «Hallo,
hallo.» Doch sie hielt ihm nur die Wange hin. «Bist du schon lange hier?»
«Zu lange. Ich habe einen Anruf für dich
entgegengenommen, von deiner Schwester Enid.»
«Oh.» Er glaubte zu verstehen. Mavis
schien plötzlich vor seinen Augen zu wachsen.
«Ich will dir nicht wiederholen, was
diese Person zu mir gesagt hat — ich werde mich doch nicht dadurch erniedrigen,
daß ich dieselben schmutzigen Wörter benutze wie sie... Sie ist übrigens auf
dem Weg hierher.»
«Oh, du liebe Güte!» Hatte Mavis etwa
vor zu bleiben? Er stellte sich das Zusammentreffen der beiden Frauen vor, und
er schauderte. Der Kampf der Walküren — und er in der Mitte. Das würde er nicht
überstehen!
«Du hättest hören müssen, mit welchen
Ausdrücken sie mich belegt hat!»
«Mavis, es tut mir leid...»
«Und frag mich nicht, was ich ihr
geantwortet habe — es war reine Notwehr. Das ist das erste Mal in meinem Leben,
daß ich mich der Gossensprache bedient habe!» Mavis war so großartig, so voller
Würde und gerechtem Zorn, daß er am liebsten die Arme um sie gelegt hätte, aber
er traute sich nicht.
«Enid war früher Krankenschwester»,
stammelte er, «das hat vermutlich auf ihre Sprache abgefärbt. Sie ist übrigens
sehr viel jünger als ich, und wir haben uns noch nie sehr nahegestanden.»
«Das alles interessiert mich nicht!»
«Renée hat sie gehaßt», nahm er einen
neuen Anlauf.
«Ich bin sicher, deine verstorbene Frau
und ich wären glänzend miteinander ausgekommen. Aber jetzt geht es um deine
Schwester. Wenn du fertig bist mit deinen Ermittlungen und deinem Neffen
geholfen hast und deine Schwester los bist — endgültig los bist —, dann kannst
du dich wieder bei mir melden. Aber du mußt vorher sicherstellen, daß sie nicht
mehr hier auftaucht. Okay?» Er wußte, daß das ihr letztes Wort war.
«Ich werde versuchen, den Fall so
schnell wie möglich abzuschließen.» Er sah ihr vom Vorgarten aus nach, bis sie
um die Ecke verschwunden war, dann ging er zurück ins Haus. Wütend gab er der
Tür einen Tritt, daß sie ins Schloß fiel. Das war jetzt das zweite Mal
innerhalb einer Woche, daß Enid eine solche Reaktion in ihm hervorrief, und nun
kam sie auch noch selbst hierher. «Verdammt, verdammt, verdammt! Der Teufel
soll sie holen!» Doch als sie ein paar Minuten später vor ihm stand, war ein
Großteil seiner Entschlossenheit, sich ihr zu widersetzen, schon wieder
verflogen. Es gelang ihr eben immer noch, ihn einzuschüchtern.
«Ist diese Metze noch da?»
«Was soll das dumme Gerede, Enid?» Wo
hatte sie bloß
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