Leiche in Sicht
Ausschau gehalten»,
gab sie verlegen zu. «Aber sie müssen schon wieder weggegangen sein. Als ich
auf der Lichtung ankam, rannte Matthew schon in der Gegend herum auf der Suche
nach Liz. Ich dachte noch, daß er einen ganz schönen Aufstand macht.» Mr.
Pringle blickte sie ernst an. «Ach, verdammt», brach es aus ihr heraus, «ich
weiß, man soll über Tote nichts Schlechtes sagen. Aber diese blöde Ziege mit
ihrem Geld hat mir Matthew weggenommen!»
«Ist die Erklärung wirklich so
einfach?» gab Mr. Pringle zu bedenken. «Und ist Matthew wirklich käuflich?»
«Ach, was weiß ich!» Charlotte zupfte
heftig an der eh schon mürben Ecke eines Kissenbezuges. «Vorher hatte ich
Angst, daß er mich des Geldes wegen verlassen hat, und jetzt habe ich das
Gefühl, daß er Em mir vorzieht — ich blicke überhaupt nicht mehr durch.» Er
füllte ihr Glas nach und wartete, bis sie sich wieder etwas beruhigt hatte.
«Glauben Sie, daß Matthew mir aus dem Weg geht?» wollte sie wissen.
«Aber meine liebe Charlotte, woher soll
ich das wissen?» gab er zurück.
«Er kann ja mein Geld haben,
wenn er nur wartet», sagte sie heftig. «Pa will jeder von uns bei der Heirat
eine gewisse Summe überschreiben... Wer weiß, vielleicht hat er den Schlag mit
Liz auch bald überwunden und bittet mich, seine Frau zu werden. Ewig kann er ja
nicht um sie trauern.»
«Ewig nicht», sagte Mr. Pringle
ungehalten, «aber ich erwarte schon, daß Elizabeth mindestens unter der Erde
ist, bevor Matthew anfängt, sich Gedanken über eine neue Beziehung zu machen.»
Charlotte zuckte zusammen, als habe man sie geschlagen.
«Es tut mir leid», flüsterte sie. «Ich
weiß selbst nicht, was mit mir los ist; vielleicht liegt es daran, wie sie mich
zu Hause behandeln. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, daß sie mir nicht
glauben. Aber ich habe Liz dort oben auf dem Hügel nicht finden können, dabei
habe ich mir wirklich alle Mühe gegeben. Als Em zurückkam und erzählte, daß Liz
meinetwegen außer sich sei, bin ich sofort losgezogen. Sie tat mir in dem
Moment leid, und ich wollte ihr helfen.»
«Sie waren bei John an der Bar, als
Emma zurückkehrte?»
«Ja. Patrick war auch da, und Matthew
kam ein wenig später dazu. Em sagte, daß Liz sich fürchterlich über mich
aufgeregt habe. Sie meinte, es sei besser, wenn jemand zu ihr ginge, um sie zu
beruhigen. Und da habe ich mich bereit erklärt, es zu tun. Wenn ich der Grund
für ihre Wut war, dann fand ich es nur recht und billig, daß ich es war, die
losging. Ich wollte ihr wirklich helfen...» Die Tränen liefen ihr die Wangen
hinunter. «Ich weiß, daß alle denken, ich hätte es darauf angelegt, Matthew
zurückzuerobern — und das stimmte auch, aber nur bis zu diesem Abend. Als ich
erfuhr, wie schwer sie es nahm, da wollte ich mit ihr reden, ihr sagen, daß es
mir leid täte, und sie bitten, zurückzukehren... Bis dahin hatte ich, glaube
ich, noch gar nicht so richtig darüber nachgedacht, wie mein Verhalten auf sie
wirken mußte. Ich liebe ihn eben...» Mr. Pringle nickte. An Charlottes Liebe zu
Matthew hegte er keinen Zweifel. «Glauben Sie, daß er mich noch ein bißchen
mag?» fragte sie kläglich.
«Das kann ich Ihnen wirklich nicht
sagen», erwiderte er bedauernd. Wieder begann sie zu weinen. «Soll ich Ihnen
ein Glas Wasser holen?» Eine schöne Frau, die sich in seinem Wohnzimmer
ausweinte — das war eine neue Erfahrung für ihn, und er war dementsprechend
hilflos. Sie schüttelte den Kopf, sie wollte kein Wasser.
«Könnte ich vielleicht noch einen
Sherry haben? Er ist gar nicht so übel, wenn man sich erst einmal an den
Geschmack gewöhnt hat.»
«Würde es Ihnen etwas ausmachen»,
begann er und stellte die Karaffe aufs Tablett zurück, «mir zu erzählen, was
sich abgespielt hat, als Sie Mr. Gill trafen? Ich möchte Sie ja nicht noch mehr
aufregen.»
«Nein, das geht schon», antwortete sie.
«Er muß sich irgendwo zwischen den Bäumen aufgehalten haben. Es war
stockdunkel, deshalb habe ich ihn erst gesehen, als er direkt vor mir stand.
Und dann hat er nach mir gegrapscht, und ich dachte, mir bliebe das Herz
stehen. Ich habe geschrien und um mich geschlagen. Als ich weglaufen wollte,
bin ich hingefallen. Da hat er mir aufgeholfen. Irgendwie war das Ganze auch
ein bißchen lächerlich.»
«Hat er irgend etwas zu Ihnen gesagt?»
«Ja. Den üblichen Quatsch, daß er sich
vom ersten Augenblick an in mich verliebt habe... was die Männer eben so
sagen.» Ein häßliches Lächeln
Weitere Kostenlose Bücher