Leiche in Sicht
nehmen und sich anziehen
kann. Wenn ihr hierbleibt und ihn weiter unter Druck setzt, dann bekommt er nur
wieder Fieber. Unten ist übrigens der Kaffeetisch gedeckt.» Nachdem sie die
beiden hinausbegleitet hatte, kam sie schnell noch einmal zurück, steckte den
Kopf durch die Tür und zischte ihm leise zu: «Zieh dir das gestreifte Hemd und
die beige Hose an, die andere hat einen Fleck.»
Er nahm sich eine Zeitung mit in die
Badewanne. Behaglich im warmen Wasser liegend, las er den Artikel. Doch dieser
verhalf ihm nicht zu neuen Informationen. Gill war in den Midlands geschnappt
worden, offenbar war die Polizei ihm anhand einer Reihe gefälschter Schecks auf
die Spur gekommen.
Mr. Pringle ließ heißes Wasser
nachlaufen. Die Zeitung zeigte auf der zweiten Seite das Foto eines Mädchens
mit prallen Brüsten, die den Betrachter einluden, die Früchte des Sommers zu
kosten. Da er den Frühling wider Erwarten überlebt hatte, sollte er dieser
Einladung vielleicht doch Folge leisten, dachte Mr. Pringle. Mavis und er waren
schon lange nicht mehr herausgekommen. Ein Wochenende in Bournemouth wäre
wahrscheinlich genau das Richtige, damit er wieder auf den Damm käme. Er
betrachtete noch einmal die Schöne von Seite zwei, phantasierte ein bißchen, wo
sie wohl ihren Urlaub verbringen mochte, und blätterte schließlich um.
«Liebende setzten sich gegenseitig zu
Erben ein!» Unter der Schlagzeile war ein verschwommenes Foto von Elizabeth
eingerückt, ein kleineres daneben zeigte Matthew. Mr. Pringle las den
dazugehörigen Artikel aufmerksam durch. Matthew hatte, im Anschluß an die
Veröffentlichung von Elizabeths Testament, ein Interview gegeben, in dem er
erklärte, daß Elizabeth und ihm vor ihrem Segeltörn zu Ostern geraten worden
sei, Verfügungen für den Todesfall zu treffen, eine Art provisorischer
Testamente, falls ihnen etwas zustieße. Ihr eigentliches und umfassenderes
Testament hätte Elizabeth nach ihrer Rückkehr aus Griechenland machen wollen.
Im folgenden wurde die Höhe des
Treuhänder-Vermögens genannt und darauf hingewiesen, daß Matthew, wenn
Elizabeth erst nach ihrem Geburtstag gestorben wäre, durch ihren Tod zum
vielfachen Millionär geworden wäre. Mr. Pringle war über die Höhe des Vermögens
erstaunt. Im letzten Absatz waren die Wohltätigkeitsvereine aufgezählt, die
Elizabeth nach Antritt der Erbschaft hatte bedenken wollen, und den bedauernden
Stellungnahmen der jeweiligen Vertreter war breiter Raum eingeräumt. Von einem
Cousin in Kanada, der möglicherweise nun als Erbe in Frage käme, war in dem
ganzen Artikel keine Rede.
Weder Emma noch Charlotte schien der
Artikel sonderlich zu überraschen. «Matthew hat uns schon vor einiger Zeit
gesagt, daß er verschiedenes von Liz erbt», sagte Charlotte.
«Es ist nicht besonders viel», betonte
Emma, «wenn man bedenkt, wie hoch ihr Vermögen wäre, wenn sie die Erbschaft
schon angetreten hätte.»
Wie relativ die Dinge doch sind, dachte
Mr. Pringle. Bie Erbschaft, die diese beiden Töchter aus wohlhabendem Hause als
unbedeutend einstuften, hätte für Mr. Clarke Reichtum bedeutet. Er erkundigte
sich bei den beiden, ob sie etwas von einem Cousin wüßten, aber sie hatten noch
nie davon gehört.
«Wir haben Elizabeth doch erst in
Griechenland kennengelernt», erinnerte ihn Charlotte, «und aus verständlichen
Gründen ist sie ja zu uns ziemlich auf Distanz geblieben.» Sie wurde rot. «Ich
weiß, das war auch meine Schuld, aber nun ist es zu spät.» Sie zuckte die
Achseln. Die Lebenden waren ihr wichtiger als die Toten. Sie reichte Mr.
Pringle ein paar Zeitungsausschnitte über Gills Verhaftung. Nachdem er sie
überflogen hatte, schüttelte er bedauernd den Kopf.
«Es ist, wie ich vermutet habe. Er
sitzt in Untersuchungshaft. Dort werde ich ihn kaum sprechen können.»
«Aber...»
«Lassen Sie mich ausreden, Charlotte.
Eines kann ich tun, und zwar - in Anbetracht meiner früheren Tätigkeit - versuchen,
mit einem der ermittelnden Beamten über den Fall zu sprechen. Wenn Gill
zugegeben hat, daß er mit Elizabeths Tod etwas zu tun hatte...» Doch sein
Vorschlag war Charlotte viel zu vage. Sie wollte Taten sehen.
«Unter Umständen sitzen wir dann im
Herbst noch hier und sind immer noch nicht klüger.»
«Schon möglich. In Betrugsfällen muß
immer besonders sorgfältig recherchiert werden...»
«Aber wir können doch nicht ewig
warten!»
«Wieso?» erkundigte sich Mrs. Bignell
überrascht. Mr. Pringle fragte präziser.
«Wer
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