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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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daß er
und die Hansons oder Clarkes sich kennen?»
    «Keine Ahnung. Ich habe aber in
Griechenland nichts davon bemerkt. Außerdem, wenn sie sich kennen würden,
hätten sie, denke ich, dafür gesorgt, ihren Urlaub möglichst weit entfernt von
ihm zu verbringen, nicht mit ihm zusammen.» Mr. Pringles Stimmung war auf dem
Nullpunkt. Er hatte versucht, bei den Harpers anzurufen, aber es war niemand
ans Telefon gegangen. «Vielleicht ist es ja die Geschäftsadresse», sagte er
mißgelaunt. «Ich glaube, ich verschiebe den Besuch auf morgen.»
    «Nein, du hast es dir für heute
vorgenommen, und was du heute kannst besorgen... Außerdem wird es dir guttun,
einmal herauszukommen.» Mavis’ Zureden war nicht ganz frei von egoistischen
Motiven. Sie wollte sich etwas hinlegen, nach einem so reichlichen Mittagessen
brauchte sie immer ein Verdauungsschläfchen. Doch wenn sie Mr. Pringle sagte,
daß sie zu Bett ging, kam er immer auf die gleichen Ideen. Mitunter war das
wirklich lästig. «Wir könnten heute abend im Nag’s Head vorbeischauen,
ich hätte Lust, mich mal wieder zu amüsieren.» Nach Amüsieren war ihm nun gar
nicht zumute, aber dann besann er sich gerade noch rechtzeitig darauf, daß er
sie liebte.
    «Ja, gut.»
     
    Er hatte richtig vermutet, es war
tatsächlich die Geschäftsadresse. Mr. Pringle betrachtete den Laden eine Weile
vom Wagen aus, bevor er ausstieg und die Straße überquerte. Das Nachbargeschäft
war aufgegeben worden. Es war allem Anschein nach ein Gemischtwarenladen
gewesen. Zusammen mit der Eisenwarenhandlung hatten die beiden Geschäfte die
Leute in der Nachbarschaft mit allem zum Leben Notwendigen versorgt. Doch
inzwischen war ein Supermarkt an ihre Stelle getreten.
    An einem englischen Sonntagnachmittag
einen Geschäftsmann in seinem Laden anzutreffen war aussichtslos. Doch zwischen
den beiden Läden befand sich die Eingangstür zu der darüberliegenden Wohnung.
Vielleicht, daß die Leute dort wußten, wo die Harpers wohnten. Er klingelte.
    «Roge!» Doch die Freude in Maureen
Harpers Augen erlosch, als sie ihren Besucher erkannte. «Oh, Sie sind es. Wie
schön, Sie wiederzusehen.» Es war nur eine leere Floskel. Mr. Pringle zauderte.
    «Es tut mir leid... Ich wollte Sie
nicht so einfach überfallen.»
    «Ach, das macht nichts. Ich habe nicht
wirklich geglaubt, daß...» Unwillkürlich blickte sie ihm über die Schulter und
die Straße hinunter. Dort war niemand zu sehen. Ihre Gesichtszüge wurden
undurchdringlich. «Kommen Sie doch mit nach oben.»
    Sie wartete, bis sie die steile, enge
Treppe hinaufgestiegen waren, bevor sie es ihm sagte. «Roge ist seit über vier
Wochen verschwunden. Vier Wochen und zwei Tage, um genau zu sein.» Sie begann
zu weinen.
    «Das tut mir wirklich furchtbar leid.
Ich hatte ja keine Ahnung...» *
    «Wie sollten Sie auch. Möchten Sie
einen Tee?»
    «Wenn es Ihnen nicht zuviel Mühe macht.
Kann ich Ihnen helfen?»
    «Nein, vielen Dank. Bitte kommen Sie
hier herein.» Die Wohnung bestand aus einem großen Raum direkt über dem Laden
und einer kleinen Einbauküche, die in dem dahinterliegenden Alkoven
untergebracht war. In einem Erker, der zur Straße hinausging, stand ein Stuhl.
Offenbar verbrachte Mrs. Harper hier ihre Zeit, während sie auf seine Rückkehr
wartete. Sie verschwand durch einen Bogen, dessen Holzperlenvorhang die Küche
von dem großen Raum trennte. Mr. Pringle hörte, wie sie Geschirr aus dem
Schrank nahm und Wasser aufsetzte.
    Während sie von der Küche aus mit ihm
sprach, sah er sich im Zimmer um. Die Wände waren mit Rauhfasertapete beklebt,
die dick mit Dispersionsfarbe bestrichen war, um die sich überlappenden
Tapetenkanten zu überdecken. Mr. Pringle hatte bei sich zu Hause denselben
Trick versucht — mit sehr unbefriedigendem Ergebnis. Auch Roges Bemühungen waren
gescheitert.
    «Ich kann mir überhaupt keinen Grund
vorstellen, warum Roge verschwunden ist», sagte Maureen. Ihre Stimme klang
traurig. «Wirklich nicht. Wir haben uns nicht gestritten, obwohl alle das
denken, auch die Polizei. Sie hatten sich bei uns angesagt, um mit uns unsere
Aussagen in bezug auf Liz’ Tod durchzugehen, aber als sie kamen, war Roge schon
nicht mehr da.»
    «Sie sind bei allen Mitgliedern der
Reisegruppe gewesen», sagte Mr. Pringle. An dreien der vier Wände hingen
Sperrholzborde, auf denen Modellboote und holzgeschnitzte Tiere standen. Noch
immer war der Raum von Roge geprägt, auch wenn er selbst nicht mehr da war. Wo
mochte er jetzt stecken? dachte

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