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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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dass Dona Lu wieder gesund würde, das hatte ich auch Dalva gesagt, aber überleg doch mal, hatte sie geantwortet, wie soll man den Tod eines Sohnes verkraften?
    Wir tranken etwas, der Inhaber der Kneipe hatte einen brasilianischen Radiosender eingestellt und lauschte den brasilianischen Nachrichten und der Werbung für brasilianische Produkte; ich hörte zu und dachte, dass es auf der Welt wohl kaum eine schlimmere Strafe gebe, als in Puerto Suárez geboren zu werden.
    Zehn Minuten später kam Juan in die Kneipe, er trug einen Hut und ein altes Hemd. Wir nehmen deinen Wagen, sagte er.
    Wir stiegen in meinen Pick-up, so weit, so gut, sagte ich im Stillen zu mir, Over. Juan war ein netter Typ, er sprach gern Portugiesisch. Bieg links ab und fahr geradeaus, erklärte er. Tatsächlich war sein Portugiesisch genauso mies wie mein Spanisch, aber wenn er meinte, dass er Portugiesisch sprach, dann musste das, womit ich mich verständigte, wohl Spanisch sein. Wieder links, sagte er. Und dann fragte er mich, ob ich gern Puerco essen würde. Ich sagte ja, mucho. Hier haben sie einen großartigen Schweinebraten, sagte er und zeigte auf eine Kneipe, die nichts Großartiges an sich hatte. Rechts und dann links, sagte er.
    Und schließlich erzählte Juan, wie er Portugiesisch gelernt hatte, durch die Telenovelas, sagte er, wieder links, so habe ich es gelernt, und jetzt links, aber ich traue mich auch, zum Beispiel das mit dem Schwein, ich wusste nicht, wie Schwein aufPortugiesisch heißt, sagte er, aber ich habe es aus dem Spanischen abgeleitet: Puerco.
    Es heißt auf Portugiesisch nicht Puerco sondern Porco, sagte ich.
    Ach ja?, fragte er und lachte. Spreche ich so verkehrt? Von da an nannte er mich Porco. Porco hier, Porco da, was konnte ich dagegen machen?
    Moacir beteiligte sich nicht an unserer Unterhaltung sondern schaute gedankenverloren aus dem Fenster wie ein Kind, das von den Eltern mitgenommen wird.
    Wir befanden uns auf dem Weg aus der Stadt hinaus, als Juan auf ein unverputztes Haus deutete und mir befahl zu parken. Das Viertel war noch armseliger und trostloser als das Zentrum, aber man hatte von da aus einen guten Überblick über die Gegend. Zwei bewaffnete Jungs mit nacktem Oberkörper sorgten für die Sicherheit.
    Wir wurden ins Innere des Hauses geführt, durchquerten ein Wohnzimmer, in dem steif und förmlich ein von unserem Auftauchen verschüchtertes Pärchen auf einem altersschwachen Sofa saß. Durch die Küche gelangten wir in den hinteren Teil des Hauses und in einen weitläufigen, betonierten, teilweise überdachten Innenhof. Neben einer Handpresse saß Ramírez und war damit beschäftigt, Kokapaste zu komprimieren. Ich wurde als Porco, der Freund von Moacir, vorgestellt. Nun war es offiziell, dachte ich. Porco. Ihr werdet ein bisschen warten müssen, sagte Juan. Ich brauche bloß den Schlüssel von deinem Wagen.
    Das gefiel mir nicht, aber Moacir war schneller, nahm mir den Schlüssel aus der Hand und übergab ihn einem Kerl, der gerade hereingekommen war und nun neben Juan stand.
    Wir schauten zu, wie Ramírez routiniert die Drogen verpackte. Streifen aus durchsichtiger Plastikfolie wurden in die Löcher der Presse gelegt. Mit einem Löffel drückte er die Paste hinein und verschweißte die fertigen Kapseln mit einem Nylonfaden.
    Während wir zusahen, ging das Seitentor auf, und mein Wagen wurde herein gefahren, kutschiert von dem Kerl, der Minuten zuvor den Schlüssel an sich genommen hatte.
    Zwei weitere junge Männer kamen aus dem Haus und fingen an, sich mit dem Fahrer darüber zu unterhalten, an welcher Stelle die Drogen am unauffälligsten versteckt werden konnten. Ich bekam es mit der Angst zu tun. Was geht hier vor?, fragte ich Moacir. Nur die Ruhe, sagte er. Da kann nichts schiefgehen.
    In dem Augenblick gesellte sich das Paar zu uns, das bei unserer Ankunft im Wohnzimmer gesessen hatte, jeder der beiden hatte eine Wasserflasche dabei. Endlich begriff ich, was die beiden bedauernswerten Gestalten, ebenso Neulinge in dem Gewerbe wie wir, dort verloren hatten. Ramírez wies sie ein, und während der folgenden zwanzig Minuten schluckte das Pärchen ein ganzes Paket Kapseln, fast achthundert Gramm Kokain. Die Drogen sollten noch am selben Tag an einen Ort irgendwo in Südbrasilien geschmuggelt werden.
    Das Mädchen sah aus wie ein verschrecktes Nagetier, kurz bevor es erlegt wurde. Einmal dachte ich, sie würde gleich in Ohnmacht fallen.
    Juan ging mit den beiden hinaus, und da erst begann

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