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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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gut, Over. Bei mir zu Hause bin ich in Sicherheit, hier weht kein Sturm. Es fällt auch kein Regen. Gutes Wetter, alles an seinem Platz, Over. Es wird alles klappen. Das dachte ich, während ich mir im Fernsehen eine Sendung über Tornados anschaute.
    Sulamita kam um sieben Uhr und legte sich neben mich, die Beine auf meinen Schoß. Die Bilder waren beängstigend, Häuser, Schuppen, Autos, Laternenpfähle, alles wurde von einer unsichtbaren Pumpe aufgesaugt. Sieht aus wie Spezialeffekte, sagte Sulamita. Wir lagen noch länger Hand in Handauf dem Bett und fühlten uns beschützt, während wir uns darüber unterhielten, wie übel diese Menschen, die Eigentümer der Häuser und der Autos, die Bewohner dieser Städte doch dran waren. Das Unglück der anderen ist wie eine Art Show, findest du nicht?, fragte Sulamita. Schön anzuschauen, fügte ich hinzu. Wirklich widerwärtig, darin waren wir uns einig. Sie machen das, um zu verkaufen. Und sie verkaufen, stimmten wir überein. Sie verkaufen, weil wir es kaufen.
    Als die Sendung zu Ende war, stellte Sulamita den Fernseher aus und schlug vor, eine Pizza essen zu gehen.
    Ich wollte nicht, fühlte mich verwundbar, schaute pausenlos zur Seite, hinter mich, ständig in der Angst, eine Kugel in den Kopf gejagt zu bekommen.
    Wenn Ramírez dir einen Monat gegeben hat, um die Schulden zu begleichen, sagte Sulamita, als wir in der Pizzeria saßen, dann wird er dich nicht so mir nichts dir nichts umbringen, was Ramírez will, sind die fünfzigtausend Dollar, sagte sie. Es ergibt keinen Sinn, dich vorher zu töten.
    Ich pflichtete Sulamitas Argumenten bei, was aber nicht zur Folge hatte, dass ich seltener zur Seite und hinter mich geschaut hätte. Besser, ich setze mich mit dem Rücken zur Wand, sagte ich, und wir zogen an einen der hinteren Tische um.
    Während des Abendessens zeigte Sulamita mir Júniors Uhr. Schmutzig, zerkratzt und kaputt. Wir hatten in der Nacht zuvor lange über die Beweise gesprochen, die wir vorlegen sollten.
    Wir müssen berücksichtigen, dass die Uhr im Wasser lag, bis der Angler die Leiche gefunden hat. Genauso redeten wir, als ob der Angler jemand anderes wäre, Over, und nicht wir.
    Du denkst auch an alles, sagte ich.
    Wo ist Júniors Handy?, fragte Sulamita.
    Ich hatte es mitgebracht, sagte aber, ich wisse nicht, ob es gut sei, es zu benutzen. Lass uns zusammen überlegen; Júniors Rucksack befand sich bei der Bergung des Flugzeugs nicht dort, also war auch das Telefon nicht da. Aber selbst wenn, es wäre kaputt gewesen, weil es mehrere Stunden im Wasser gelegen hätte.
    Du hast recht, sagte sie, aber wenn sie mit einem Spezialgerät die Nummer ermitteln, wird die von Júnior angezeigt werden.
    Natürlich, sagte ich und gab Sulamita einen Kuss. Verdammte Logik.
    Nach dem Essen fuhren wir über die Ponte do Jacaré und hielten an einem ruhigen Plätzchen, als wenn wir Verliebte wären, die für sich sein wollten.
    Leg den Stoff darüber, sagte Sulamita und reichte mir das Flanelltuch, das sich im Handschuhfach meines Autos befand. Und verstell deine Stimme.
    Wäre es nicht besser, wenn du sprichst?
    Nein, sagte sie. Der Angler muss ein Mann sein.
    Ich wählte, und Dalva nahm ab.
    Ich würde gerne mit Frau Lourdes Beraba sprechen, sagte ich mit tiefer Stimme.
    Wer ist am Apparat?
    Ein Freund, antwortete ich.
    Sekunden später hörte ich Dona Lus Stimme. Sanft, zugänglich.
    Hallo, wer ist da?
    Ich zögerte einen Augenblick. Und dann sprach ich.
    Ich habe den Leichnam Ihres Sohnes. Benachrichtigen Sienicht die Polizei. Sie werden Instruktionen erhalten. Wenn Sie die Polizei einschalten, hören Sie nie wieder etwas, erklärte ich.
    Und legte auf. Oder besser gesagt, der Angler legte auf.
    Ganz einfach.
25
    Ich wollte mich nicht ständig so fühlen. Eine Hetzjagd, ein Hirsch, der über das offene Feld läuft. Ein Kaninchen, das erschrocken flieht. Ramírez durfte nicht noch einen Fehler begehen. Ich habe immer alles bezahlt, wollte ich sagen. Ich bin ein guter Zahler, einer von denen, die nicht ruhig schlafen, sobald sie Schulden haben. Eigentlich ein Erbe meiner Mutter. Das war unser Credo, alles pünktlich zu bezahlen. Bei uns zu Hause waren Schulden gewissermaßen Sünde.
    Im Innenhof seiner Fabrik in Puerto Suárez würdigte Ramírez mich keines Blickes. Er interessierte sich mehr für den nagelneuen schwarzen Mitsubishi, der in der Garage stand. Vermutlich geklaut, Over. Im Wohnzimmer unterhielten sich ein paar Leute mit Juan, vielleicht neue

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