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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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Schluckkandidaten für Kokainkapseln.
    Sulamita hatte mir erzählt, dass die Leute Schlange standen für diese Art von Job und dass sie auf der Wache schon Frauen mit tennisballgroßen Drogenpäckchen in der Vagina gesehen hatte.
    Du machst ein schlechtes Geschäft, wenn du mich umbringst, Over. Du wirst fünfzigtausend Dollar verlieren. Wirst einen Partner verlieren. Ich war dort, um ihm das zu sagen,ich war ziemlich früh gekommen, ohne vorher anzurufen, was sie nicht gerne sahen. Ich gebe dir einen Tipp, Porco: Wir hier mögen keine Überraschungen, hatte Juan gesagt. Aber ich musste die Sache in Ordnung bringen. Einen Pakt mit Ramírez schließen. Einen Schwur leisten. Ich schwöre, wollte ich sagen. Mir schlotterten die Beine, ich schnaufte wie ein Hund und sagte keinen einzigen Satz von dem, was ich mir unterwegs nach Puerto Suárez im Wagen zurechtgelegt hatte. Ich erzählte nur lauter Mist, log, während ich mein inneres Funkgerät vernahm, Over, das mir sagte, ich würde es vergeigen. Ich erzählte von Moacir und wie die Polizei ihn in der Zelle gefunden hatte. Und wie er gerülpst hatte, als sie ihn von dem Laken losbanden, mit dem er sich umgebracht hatte. Der letzte Seufzer der Erhängten, sagte ich. Wenn man erwürgt wird, sagte ich und wusste selbst nicht, warum ich diesen krummen Weg einschlug, wenn man erwürgt wird, rülpst man nicht. Und man hat auch keinen Samenerguss, das ist doch interessant. Sie haben mir mitgeteilt, Moacir hätte eine Latte gehabt, als er gefunden wurde, sagte ich. Voller Sperma. Und ich lachte, als ob daran irgendetwas komisch gewesen wäre.
    Porco erzählt ja tolle Geschichten, sagte Ramírez. Ist irgendwas?
    Wie?
    Willst du mir etwas Bestimmtes sagen?
    Nein, antwortete ich, es ist nur so, dass Moacir, sprach ich weiter. Ich scheiße auf Moacir, unterbrach mich Ramírez.
    Ich werde zahlen, sagte ich. Du musst dir wegen mir keine Sorgen machen.
    Ramírez lachte auf. Ich bin sicher, dass du zahlen wirst, erwiderte er.
    Und dann rief er nach Juan. Bring mir meinen Kalender, verlangte er.
    Wenig später kam Juan mit einem großen, schwarz eingebundenen Buch, wie sie früher von den Buchhaltern benutzt wurden, aus dem Haus.
    Das ist der Grund, weshalb diese Typen hopsgehen, dachte ich, sie legen Tabellen an, als wären sie Direktoren von multinationalen Konzernen. Und nun stand mein Name darin, zwischen dem von lauter anderen Dealern.
    Hier steht es, sagte Ramírez. Porco: sechzigtausend Dollar. Du bist doch Porco?
    Ja, sagte ich.
    Dann weißt du ja Bescheid.
    Du hattest von fünfzigtausend gesprochen.
    Hatte ich? Und trotzdem kommst du wieder, um mir auf den Sack zu gehen? Dann lass dir gesagt sein, dass es jetzt sechzigtausend sind, erklärte er und korrigierte sein Buch.
    Er legte eine Pause ein, ehe er zu Ende sprach.
    Jedes Mal, wenn du mit leerem Gewäsch zu mir kommst, schlage ich zehntausend Dollar auf deine Rechnung drauf.
    Er fügte noch hinzu, dass ich vierundzwanzig Tage Zeit hätte, um die Schulden zu begleichen. Und dass ich die Frist als eine Geste seines guten Willens betrachten dürfe. Ich bin sonst nicht so. So großzügig.
    Auf dem Rückweg ins Stadtzentrum von Puerto Suárez überkam mich so etwas wie Erleichterung. Ich hatte also vierundzwanzig Tage, Over. Besser als vierundzwanzig Stunden. Wenn Ramírez vierundzwanzig Tage gesagt hatte, dachte ich, dann waren es auch vierundzwanzig Tage. Davor waren esdreißig gewesen. Und nun vierundzwanzig. Was fair war, wenn man den Betrag berücksichtigte, den ich ihm schuldete. Sechzigtausend Dollar. Und zehn Kilo Koks.
    Ich musste unweigerlich daran denken, dass es so ähnlich bei einem Todesurteil sein musste. Vierundzwanzig Tage Zeit. Die Galgenfrist, die man hatte, und dann der elektrische Stuhl. Oder bei Nierenkrebs. Der Arzt warnt: Sechs Monate. Ein Aufschub und Schluss. Mein Vorteil waren die Begnadigung und das Gegenmittel, und sie befanden sich in meiner Tasche. Sulamita hatte in der Frühe alles vorbereitet: eine kleine Holzschachtel mit Júniors Uhr, die direkt von Puerto Suárez aus per Post an die Familie Beraba gehen würde.
    Sulamita hatte die Uhr sorgfältig gereinigt, um unsere Fingerabdrücke zu entfernen, und in Kohlepapier eingewickelt, eine Methode, um die Röntgenstrahlen auszutricksen.
    Wir hatten vorsichtshalber mit Sulamitas Computer den Namen des Empfängers auf einen Aufkleber gedruckt und beim Absender eine falsche Adresse angegeben, sodass bei einer Überprüfung rasch festgestellt werden

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