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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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starb, habe ich begriffen, und zwar noch ehe ich wusste, dass es Selbstmord war, dass ich schnell handeln musste. Heute ist es Moacir, dachte ich, und morgen kann es mein Freund sein. Da beschloss ich, Joel um Hilfe zu bitten. Weißt du noch, Joel? Tranqueira, das Bollwerk? Ich rief ihn an und sagte zu ihm, Tranqueira, ich muss dich unbedingt sprechen. Ich wollte verstehen, was los war, die Ermittlungsakte gegen Moacir lesen, mit Joel darüber diskutieren, ihm alles erzählen und je nach Ausmaß der Schwierigkeiten zu dir kommen und dich überreden, dich zu stellen. Joel ist ein sehr guter Ratgeber, und ich dachte, dass ich ihm vertrauen kann. Aber Joel war zu dem Zeitpunkt in einer Besprechung und bat mich, später auf die Wache zu kommen. Und dann passierte das, was nicht hätte passieren sollen. Und was wohl mit Gott zu tun hat, nehme ich an. Und mit dem Telefon. Esist seltsam, was für Tragödien das Telefon heutzutage im Leben der Menschen anrichtet. Ein Teil unseres Lebens spielt sich am Telefon ab, und durch das Telefon verraten sich die Menschen auch. Joel hatte nicht richtig aufgelegt, und ich blieb in der Leitung. Zuerst dachte ich, er könne mich hören. Aber irgendwann begann ich, das Gespräch zu belauschen. Außer Joel war noch jemand anderes dort, ich glaube, es war Dudu, aber ich bin mir nicht sicher. Die beiden bearbeiteten einen Dritten, den Inhaber einer Schrotthandlung. Wie ich verstand, verkaufte der Typ Drogen und war auf frischer Tat ertappt worden, und die beiden wollten kassieren und die Angelegenheit an Ort und Stelle erledigen.
    Zu wissen, dass der Präsident korrupt ist, der Gouverneur, der Staatssekretär, ist eine Sache. Aber der Typ, mit dem du seit sieben Jahren zusammenarbeitest? Seite an Seite. Der mit dir zu Mittag, zu Abend isst. Der in deinem Haus verkehrt. Joel? Der mir alles beigebracht hat? Ich hätte meine Hand für Joel ins Feuer gelegt. Wenn Joel, Tranqueira, das Bollwerk, der mich Süße nennt, korrupt ist, wenn die Dinge so liegen, dann hält vermutlich jeder dort auf der Wache die Hand auf. Heutzutage gibt es keinen Dieb mehr ohne Partner, Korruption ist ein Geschäft, für das man ein Netzwerk braucht. Weshalb soll ich mir also Sorgen machen, weil mein Freund ein Kilo Schnee von einem Toten geklaut hat? Klar, du hättest dich nicht auf die Sache mit Ramírez einlassen dürfen, aber Tatsache ist, dass du niemanden umgebracht hast. Du hast niemandem geschadet. Du bist kein Mörder. Kein Vergewaltiger. Das ist, was zählt. Wenn du jemanden umgebracht hättest, läge der Fall anders, für einen Mörder gibt es keine Gnade. Aber du bist kein Perversling. Nicht, dass ich gutheißen würde, was du getan hast.Aber eine Waffe zu nehmen und jemanden umzubringen ist etwas anderes als das, was du getan hast. Du bist kein Mörder. Deshalb bin ich hier. Natürlich könnte ich auf dich warten, wenn du verhaftet würdest. Aber verdammt noch mal, ich habe schon so lange gewartet. Ich möchte weder unser Leben noch unsere Pläne aufgeben. Und unsere Familie braucht uns.
    Und jetzt, sagte sie und nahm meine Hand, erzähl mir von deinem Plan.
23
    Mein Plan ist eine Geschichte vom Fischen. Stell dir einen einsamen Angler in seinem Boot an einem friedlichen, sonnigen Tag vor. Du weißt ja, in diesen Flüssen im Pantanal gibt es alles nur Erdenkliche. Wahrhaft furchtbare Dinge. Riesenotter und Eidechsen, die so groß sind wie Kaimane. Und Kaimane mit Sägeschwänzen, die an Drachen erinnern. Und Piranhas, winzige Haifische mit ausladenden Unterkiefern und Zähnen so scharf wie Schweizer Taschenmesser. Und sechs Meter lange Anakondas, die einen ganzen Ochsen verschlingen können. Schreckliche Tiere. Giftige Biester. Aber das schlimmste von allen, das bedrohlichste und gefährlichste, das unbarmherzigste und jagdlustigste ist unser einsamer Angler. Der den sonnigen Tag genießt. Ein richtig übler Typ. Er sitzt da, kaut auf seiner strohigen Zigarette herum und sinniert über das Leben, derweil er darauf wartet, dass ein Fisch anbeißt. Und auf einmal erblickt er etwas, das sich in den Zweigen verheddert hat. Was mag das sein? Er fährt näher ans rechte Flussufer heran und sieht dorteine Leiche treiben. Das, was de facto von unserem toten Piloten noch übrig ist.
    All das, fuhr ich fort, geschah vor drei Monaten, als von nichts anderem die Rede war als von dem verschwundenen Piloten aus Corumbá. Der Angler begreift sofort, um wen es sich handelt. Er hat die Reportagen im Fernsehen gesehen,

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