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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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starrte nur blöde in ihr Gesicht und sagte mir im Stillen immer wieder, dass wir zumindest niemanden umgebracht hatten. Wir sind keine Mörder, wiederholte ich im Geiste, und als ich mich mit meiner Aufmerksamkeit wieder Dalva zuwandte, bestätigten sich meine Voraussagen: Seu José wollte die Polizei rufen, aber Dona Lu war dagegen. Die beiden streiten sich ununterbrochen, sagte Dalva.
    Sie berichtete noch, dass Dona Lu jetzt Júniors Uhr trug. Weißt du, sagte sie, ich finde, Seu José hat recht. Sie sollten die Polizei benachrichtigen. Ich weiß nicht, wozu ich fähig wäre, wenn ich so einen Mistkerl zu fassen kriegte. Wenn es nach mir ginge, erklärte sie, dann gehört jemand, der so etwas tut, auf den elektrischen Stuhl. Wirklich schade, dass es in Brasilien nicht die Todesstrafe gibt.
    Nach dem Kaffee ging es mir schlechter. Mir war übel, auf der Toilette musste ich mich übergeben. Ich hatte mich schon beim Aufwachen krank gefühlt, aber Sulamita hatte darauf bestanden, dass ich meine Routine beibehielt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist jede Abweichung von der Normalität verdächtig, sagte sie.
    Ich übergab mich noch zweimal, passte aber auf, dass niemand etwas davon mitbekam. Äußerlich war ich ruhig.
    Dalva kam ständig mit seltsamen Fragen zu mir in die Garage. Wie waren die Verbrecher an Júniors Leiche gekommen? Waren sie mit im Flugzeug? Oder hatten sie Júnior nach dem Unfall gefunden, als er schon tot war? Und wo hatten sie die Leiche aufbewahrt? In einem Kühlschrank? Warum hatten sie Júnior nicht entführt, als er noch lebte? Lebendig wäre Júnior bestimmt sehr viel mehr Geld wert gewesen als tot, sagte sie.
    Irgendwann wurden die Fragen brenzliger. Arbeitet deine Freundin nicht im Leichenschauhaus?, wollte sie wissen. Was macht sie da genau? Kann man, wenn man die Leiche sieht, tatsächlich erkennen, ob es Júnior ist? Oder doch jemand anderes? Lässt sich so etwas untersuchen?
    Es lag auf der Hand, dachte ich, natürlich würde man diese Verbindung herstellen. Sie werden dich schnappen, Over. Mehrfach rief ich bei Sulamita an, bleib ganz ruhig, sagte sie zu mir, und verdirb nicht alles. Du musst Ruhe bewahren, mehr nicht. Niemand weiß etwas. Hat Dalva das nicht gesagt?
    Nach dem Mittagessen rief Seu José mich in sein Büro.
    Als ich eintrat, telefonierte er gerade mit einem seiner Angestellten von der Fazenda und bedeutete mir zu warten.
    Ich betrachtete die verwelkten Hibiskussträucher draußen vor dem Fenster. Die Blüten waren kaum aufgeblüht, da starben sie auch schon. So war das Leben in Corumbá.
    Dalva hat mir erzählt, dass Ihre Verlobte bei der Polizei arbeitet, sagte er, nachdem er aufgelegt hatte.
    Ich bejahte. Und fragte in einer plötzlichen Anwandlung, ob wir irgendwie behilflich sein könnten.
    Er schaute mich an und schien nach den passenden Worten für das zu suchen, was er mir zu sagen hatte.
    Doch dann kam Dona Lu ins Arbeitszimmer. Unglaublich, was Schmerz in einem Menschen anrichten kann. Im Gesicht sind die Verwüstungen am größten. Während ich die völlig zerstörte Frau betrachtete, hörte ich im Geist wieder das Splittern der Knochen des Toten, die Sulamita zertrümmert hatte, ein trockenes Geräusch, fast wie ein Knall.
    Lu, sagte der Fazendeiro, seine Verlobte arbeitet bei der Polizei.
    Ich weiß, antwortete sie.
    Sie blickte erst ihren Mann und dann mich an, ängstlich besorgt, so als befürchte sie eine schlimme Nachricht. Dann bat sie mich auf ihre liebenswürdige Art, sie beide alleine zu lassen.
    Sie sprachen so laut, dass ich gar nicht anders konnte. Mitten im Raum blieb ich wie angewurzelt stehen und lauschte. Dalva kam mit dem Kaffeetablett herein und verharrte neben mir. Jetzt hör mir mal zu, sagte Dona Lu, ich will meinen Sohn. Ich habe das Recht, meinen Sohn zu beerdigen, und das werde ich auch, und wenn es das Letzte ist, was ich in diesem Leben tue. Du wirst mich nicht daran hindern. Sie wiederholte es mehrmals unter Schluchzen. Und weinte. Flehte ihren Mann an, auf sie zu hören. Nichts zu unternehmen. Nicht die Polizei zu benachrichtigen. Niemanden um Hilfe zu bitten. Auch nicht mich. Weil nichts, was unternommen würde, und wenn es noch so gut wäre, ihr Júnior zurückbringen würde. Selbst wenn die Polizei den Geisteskranken fände, der imstande war, sie zu erpressen, selbst dann würde Júnior tot sein und bleiben. Lieber würde sie sterben, als darauf zu verzichten, ihren eigenen Sohn zu beerdigen.
    Danach hörten wir nur noch ihr Weinen,

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