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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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unterhielten, dachte ich an nichts anderes als an den schwarzen Punkt. Den roten Pfeil. 9 mm. Fruchtblase. Und wenn ich in Rio de Janeiro bei Rita wäre? Ich schloss die Augen und malte mir aus, wie wir beide Hand in Hand am Strand spazieren gingen. Drachensegler am Himmel. Eine erfrischende Brise. Lass uns schwimmen gehen, sagte Rita. Und wir stürzten ins Wasser.
    Durchgeschwitzt verließen wir den Friedhof. Die Sonne war unerbittlich.
28
    Eine halbe Stunde später hielt ich vor dem Geschäft für Baubedarf. Sulamita reichte mir die Einkaufsliste.
    2 Regenmäntel
    2 Paar Handschuhe
    2 Schutzbrillen
    2 Masken
    1 Spaten
    8 Meter dicke schwarze Plastikfolie
    1 Schweißbrenner
    1 Hammer
    2 starke Taschenlampen
    8 Müllsäcke à hundert Liter
    5 Meter schwarzes Segeltuch
    Seile
    Kauf hier nur die ersten vier Sachen, den Rest besorg in den anderen Geschäften, sagte sie und gab mir einige Scheine, die sie tags zuvor von ihrem Sparkonto abgehoben hatte.
    Der Umstand, dass Sulamita die Aktion finanzierte, störte mich ebenfalls.
    Wir bekommen ja wieder, was wir jetzt ausgeben, sagte ich.
    Sie küsste mich.
    Ich stieg aus dem Auto, erledigte die Einkäufe, und um keine Aufmerksamkeit zu erregen, wiederholten wir diesen Vorgang in drei weiteren Geschäften der Stadt. Als ich mit den letztenEinkäufen zum Wagen zurückkehrte, stand Sulamita auf dem Gehweg.
    Was ist los?, fragte ich.
    Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen, dass wir nicht verfolgt werden.
    Erschrocken schaute ich mich um.
    Es war nur zur Kontrolle, sagte sie. Ich dachte, ich hätte Joel gesehen. Aber die Luft ist rein.
    Wir stiegen ins Auto, ich schaute in den Rückspiegel.
    Und jetzt?, fragte ich.
    Jetzt will ich etwas essen. Ich habe einen Mordshunger.
    Weißt du, ich zahle es dir auch zurück, sagte mein Schwiegervater. Er sprach leise, aus Furcht, Sulamita könnte uns hören. Wir hatten gerade das Mittagessen beendet, saßen vor dem Fernseher und schauten uns irgendeinen belanglosen Film an. Ich hätte das Gespräch abkürzen und sagen sollen, sprich mit deiner Tochter, sie kann dein Problem eher lösen. Aber ich ließ den Alten plappern. Die Sache ist nämlich die, erklärte er, ich habe einem Freund Geld geliehen, möchte ihn aber nicht unter Druck setzen, verstehst du? Geld kann eine Freundschaft zerstören, sagte er. Wenn ich ihn unter Druck setze, verliere ich seine Freundschaft, und einen guten Freund findet man nicht so schnell wieder. Wenn man jemandem aus der eigenen Familie etwas schuldet, ist das was anderes. So wie zwischen uns. Ich habe Schulden bei dir, aber ich werde sie zurückzahlen. Und wenn du eines Tages etwas brauchst, kann ich es dir leihen. Später einmal. Und du gibst es mir wieder, wenn du kannst. Von meinem Schwiegersohn werde ich niemals etwas zurückverlangen. Aber ich werde es dir wiedergeben. Du musstmir noch mal tausend leihen. Tausendzweihundert, um genau zu sein. Mein Freund gibt mir das Geld ganz bestimmt wieder, und dann bekommst du es zurück. Du kriegst dann die fünftausend und außerdem die tausend, die du mir jetzt leihst.
    Mir fiel auf, dass Regina ihren Vater aufmerksam beobachtete und mich angrinste. Dann schaute sie wieder zu ihrem Vater und stieß ein seltsam kullerndes Gelächter aus. Der Alte redete weiter, und jedes Mal, wenn er sagte, er werde mir das Geld zurückzahlen, lachte Regina kullernd. Und blickte mich an. Das belustigte mich, und ich fing ebenfalls an zu lachen.
    Hör auf damit, Regina, sagte der Alte. Aber dann begriff er, was los war und lachte mit uns zusammen. Blitzgescheit, das Mädchen, sagte er. Kein bisschen zurückgeblieben. Sie ist nur krumm und schief. Wir lachten herzlich. Man denkt, sie hat sie nicht alle beisammen, sagte er und verschluckte sich fast vor Lachen, und dabei beobachtet sie uns ganz genau, die geistig Zurückgebliebene.
    Während wir drei uns vor Lachen bogen, kam Sulamita dazu und fragte, was denn so lustig sei.
    Die geistig Zurückgebliebene hier ist blitzgescheit, sagte ihr Vater noch immer lachend.
    Sulamita schnaubte, wenn man so über Regina sprach. Hör auf so zu reden, Vater, sagte sie. Du hast überhaupt keine Ahnung. Sie ist nicht geistig zurückgeblieben. Und der Streit begann. Die Tochter schrie den Alten an, der schrie zurück, woraufhin sie Vater und Mutter anschrie, welche sich gegenseitig anschrien, bis Regina zu weinen anfing. Ich hatte das Gleiche schon mehrmals miterlebt. Verstehst du jetzt, warum ich hier nicht weg kann?, fragte Sulamita mich dann. Sie

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