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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrícia Melo
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können sich nicht richtig um meine Schwester kümmern.
    Lass uns mit Regina ein Eis essen gehen, sagte sie. Hilf mir, sie ins Auto zu bringen.
    Am Ende des Tages fuhren wir, nachdem wir Regina bei ihren Eltern abgesetzt hatten, zu mir, und ich duschte. Zieh dir alte Sachen an, sagte Sulamita, die das zu Hause ebenfalls getan hatte.
    Die Sonne war noch keine halbe Stunde untergegangen. Wir hatten Zeit und beschlossen, eine Pizza essen zu gehen, in einem Lokal, wo man draußen sitzen und die Brise spüren konnte, die vom Fluss herüberwehte.
    Das Restaurant war voller Familien, Kinder, und mir war behaglich zumute, vor allem, nachdem der Wodka zu wirken begonnen hatte. Wir aßen zu Abend, tranken weiter und warteten, dass die Zeit verging.
    Sulamita erzählte mir, dass ihr Anatomieprofessor auf der Universität als Lektüre eine Erzählung über die Ermordung von Menschen und den Verkauf ihrer Leichen empfohlen hatte. Die Erzählung beruhte auf Tatsachen, die sich im 19. Jahrhundert in London zugetragen hatten. Es war eine abstoßende Geschichte von Menschen ohne jede Moral, die Bettler erstickten und deren Leichen anschließend an Universitäten verkauften. Aber hinter all dieser Widerwärtigkeit hatte ein edles Motiv gestanden, nämlich die Wissenschaft und der Fortschritt. Die Geschichte stammt von R. L. Stevenson und heißt Der Leichenräuber , fuhr sie fort.
    Sie schwieg einen Augenblick.
    Aber wir haben noch nicht mal ein edles Motiv, sagte sie und machte ein betretenes Gesicht.
    So war es jetzt immer, ständig spielte einer von uns mitdem Gedanken, den Plan aufzugeben. Erst ich, dann sie. Dann wieder ich, dann nochmals sie. Und dann wir beide gleichzeitig. Oder nur sie. Ich. Tagelang ging das so, ein höllisches Auf und Ab.
    Mir war klar, dass Sulamita nicht mehr weitertrinken durfte. Ich nahm ihr das Glas aus der Hand, verlangte die Rechnung und sagte dem Kellner, dass ich die Flasche Wodka mitnehmen würde.
    Aber ich trinke allein, entschied ich. Dein Magen verträgt das nicht.
    Um elf Uhr abends trafen wir beim Friedhof ein. Gilmar stand mit einer Frau am Eingang, wie ich später erfuhr, war es seine Frau. Viele verdienen sich so ihren Lebensunterhalt, erklärte Sulamita. Sie verkaufen alle möglichen Sachen, Vasen und sogar die Bronzetafeln der Grabmäler.
    Während wir dem Paar durch die Dunkelheit folgten, wehte ein fauliger Geruch zum Wagenfenster hinein.
    Und was, wenn sie nicht den Mund halten?
    Wenn man sich auf so einen Plan einlässt, muss man Abstriche machen, sagte sie. Wir müssen das riskieren.
    Vertraust du ihnen?
    Wir zahlen gut, sagte sie. Darauf vertraue ich. Auf das Geld.
    Als wir in den äußersten Randbereich des Friedhofs gelangten, bedeutete Gilmar uns zu halten.
    Beim Aussteigen erblickte ich einen bescheidenen Sarg, der neben einer schlichten Grabstelle stand.
    Und wie sollen wir ihn mitnehmen?, fragte ich.
    Hol das Segeltuch aus dem Auto, sagte Sulamita.
    Ich stand mit dem Rücken zu ihnen, als das Ehepaar den Sarg öffnete und hörte lediglich Sulamitas Anweisungen, dasssie die Leiche einwickeln und auf die Ladefläche legen sollten.
    Als alles erledigt war, stieg ich in den Wagen und wartete, bis Sulamita das Paar bezahlt hatte.
29
    Wir fuhren schon seit über einer halben Stunde auf der unbefestigten Straße, ohne dass wir einer Menschenseele begegnet wären. Sulamita kannte den Weg gut. Bei der nächsten Einfahrt halt in der Nähe vom Zaun an, sagte sie. Das ist eine alte, verlassene Fazenda. Hier ist nie jemand.
    Mir schwirrte der Kopf vom Alkohol.
    Wir hielten; als ich die Scheinwerfer ausschaltete, war es, als ob die Nacht über uns niederstürzen würde. Man sah die Hand vor Augen nicht.
    Ich schaltete die Scheinwerfer wieder ein, trank noch etwas Wodka, und dann stiegen wir aus. Das Material, das wir auf der Rückbank dabeihatten, nahmen wir mit.
    Nun knipste ich die Taschenlampen an. Sulamita reichte mir Regenmantel, Schutzbrille, Stiefel und Handschuhe, damit ich mich fertig machte. Während sie sich ankleidete, erzählte sie mir von einer Krankheit, die durch Leichenwürmer verursacht wird und zur Erblindung führt. Pass auf, sagte sie.
    Wir holten die Leiche von der Ladefläche und legten sie auf den Boden.
    Vereinbart hatten wir, dass ich die Grube ausheben sollte,während Sulamita den Toten präparierte. Doch wegen der Dunkelheit hielt sie es für besser, dass wir alles gemeinsam machten. Du musst ihn anleuchten, sagte sie.
    Sulamita kniete vor dem Wagen, um das Licht

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