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Leichenraub

Leichenraub

Titel: Leichenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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kann.«
    »Wen?«
    Statt einer Antwort packte er ihren Arm und zog sie die Straße entlang. Rose stolperte hilflos hinterdrein, während er in Richtung Hafen stürmte. »Hör auf, dich zu sträuben. Ich werde dir nichts tun!«
    »Wohin gehen wir?«
    »Zu einem Mann, der dein Leben verändern könnte. Wenn du nett zu ihm bist.« Er führte sie zu einem Haus, das sie noch nie gesehen hatte, und klopfte an die Tür.
    Ein Herr in mittleren Jahren öffnete ihnen. Er hielt eine flackernde Lampe in der Hand und musterte sie durch eine
Brille mit Goldrand. »Ich wollte die Hoffnung schon aufgeben und gehen, Mr. Tate«, sagte er.
    Eben gab Rose einen Stoß und schob sie vor sich her über die Schwelle. Sie hörte, wie hinter ihr der Riegel vorgeschoben wurde.
    »Wo ist das Kind?«, fragte der Mann.
    »Sie will es mir nicht sagen. Ich dachte, Sie könnten sie überreden.«
    »Das ist also Rose Connolly«, sagte der Mann, und sie hörte den Londoner Akzent in seiner Stimme. Ein Engländer. Er stellte die Lampe hin und musterte sie mit einer Gründlichkeit, die sie ängstigte, wenngleich er selbst kein besonders Furcht einflößender Mann war. Er war kleiner als Eben, und sein dichter Backenbart war fast völlig ergraut. Sein Rock war modisch und passgenau geschnitten und aus feinem Tuch gefertigt. Obwohl er keine einschüchternde Erscheinung war, nötigte sein kühler, durchdringender Blick ihr gehörigen Respekt ab.
    »So viel Aufhebens um dieses simple Mädchen.«
    »Sie ist schlauer, als sie aussieht«, meinte Eben.
    »Das wollen wir hoffen.« Der Mann ging durch einen Korridor voran. »Hier entlang, Mr. Tate. Wir werden sehen, was sie uns erzählen kann.«
    Eben packte Roses Arm, und sein fester Griff ließ keinen Zweifel daran, dass sie dorthin gehen würde, wohin er sie führte. Sie folgten dem Mann in einen Raum mit grob gezimmerten Möbeln und zerschrammtem Fußboden. An den Wänden erblickte sie Regale mit zerfledderten Rechnungsbüchern, deren Seiten vom Alter vergilbt waren. Im Kamin lag nur kalte Asche. Das Zimmer schien dem Mann nicht angemessen, dessen maßgeschneiderter Rock und wohlhabende Erscheinung besser zu einem der feinen Häuser am Beacon Hill gepasst hätten.
    Eben stieß sie auf einen Stuhl. Ein finsterer Blick von ihm machte die Botschaft unmissverständlich klar: Du bleibst hier sitzen und rührst dich nicht von der Stelle.

    Der ältere Mann stellte die Lampe auf einen Schreibtisch, wobei er eine kleine Staubwolke aufwirbelte. »Sie sind untergetaucht, Miss Connolly«, sagte er. »Warum?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich untergetaucht wäre?«
    »Warum sollten Sie sich sonst Rose Morrison nennen? Das ist, wenn ich mich nicht irre, der falsche Name, den Sie Mr. Smibart nannten, als er Sie als Näherin einstellte.«
    Sie starrte Eben finster an. »Ich wollte meinem Schwager nicht mehr begegnen.«
    »Deswegen haben Sie Ihren Namen geändert? Es hatte nichts mit dem hier zu tun?« Der Engländer griff in seine Westentasche und zog einen Gegenstand hervor, der im Schein der Lampe glänzte. Es war Aurnias Halskette. »Ich glaube, dass Sie das hier vor einigen Wochen versetzt haben. Etwas, das Ihnen nicht gehörte.«
    Sie starrte ihn stumm an.
    »Sie haben es also gestohlen.«
    Diesen Vorwurf konnte sie nicht unwidersprochen lassen. »Aurnia hat es mir gegeben!«
    »Und Sie haben es gleich ungeniert zu Geld gemacht?«
    »Sie hatte ein anständiges Begräbnis verdient. Ich wusste nicht, wie ich sonst dafür hätte bezahlen sollen.«
    Der Engländer wandte sich an Eben. »Das haben Sie mir nicht gesagt. Sie hatte einen guten Grund, es zu versetzen.«
    »Trotzdem gehörte es nicht ihr«, beharrte Eben.
    »Und ebenso wenig Ihnen, wie es scheint, Mr. Tate.« Der Mann sah Rose an. »Hat Ihre Schwester Ihnen je erzählt, woher sie diese Halskette hatte?«
    »Ich dachte immer, Eben hätte sie ihr geschenkt. Aber dafür ist er ja viel zu geizig.«
    Der Engländer ignorierte Ebens finsteren Blick und fixierte weiter Rose. »Sie hat Ihnen also nie gesagt, woher sie es hatte?«, fragte er.
    »Wieso spielt das eine Rolle?«, gab sie zurück.
    »Dies ist ein wertvolles Schmuckstück, Miss Connolly. Nur eine vermögende Person kann sich so etwas leisten.«

    »Jetzt wollen Sie auch noch behaupten, Aurnia hätte es gestohlen. Sie sind von der Nachtwache, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Wer sind Sie?«
    Eben versetzte ihr einen harten Schlag auf die Schulter. »Zeig ein wenig Respekt!«
    »Vor einem Mann, der mir nicht

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