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Leichenraub

Leichenraub

Titel: Leichenraub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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schon ein roter Striemen zeigte. Von ihm fürchtete sie keinen Schlag; dieser Mann, so vermutete sie, war es weit eher gewohnt, Worte und bares Geld als Instrumente der Überredung einzusetzen und die Gewalt anderen zu überlassen.
    »Versuchen wir es noch einmal«, sagte er zu Rose.
    »Sonst lassen Sie mich wieder von ihm schlagen?«
    »Dafür entschuldige ich mich.« Er sah Eben an. »Verlassen Sie das Zimmer.«
    »Aber ich kenne sie besser als irgendjemand sonst! Ich kann Ihnen sagen, wenn sie...«
    » Verlassen Sie das Zimmer. «
    Eben warf Rose einen giftigen Blick zu, ehe er hinausging und die Tür hinter sich zuschlug.

    Der Mann nahm einen Stuhl und stellte ihn vor Rose hin. »Nun, Miss Connolly«, sagte er, während er gegenüber von ihr Platz nahm, »Sie wissen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir sie finden. Ersparen Sie uns die ganze Mühe, und Sie sollen belohnt werden.«
    »Warum ist sie so wichtig für Sie?«
    »Nicht für mich. Für meinen Klienten.«
    »Wer ist dieser Klient?«
    »Jemand, dem das Wohl des Kindes am Herzen liegt. Der nicht will, dass ihr ein Leid geschieht.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Meggie in Gefahr ist?«
    »Unsere Sorge ist, dass Sie in Gefahr sein könnten. Und wenn Ihnen etwas zustößt, werden wir das Kind nie finden.«
    »Jetzt drohen Sie mir also, wie?« Sie rang sich ein Lachen ab, demonstrierte eine Unbekümmertheit, die sie nicht wirklich empfand. »Sie haben das Zuckerbrot beseitegelegt und packen wieder die Peitsche aus.«
    »Sie missverstehen mich.« Er beugte sich vor, und seine Miene war bitterernst. »Agnes Poole und Mary Robinson sind beide tot. Das wissen Sie doch?«
    Sie schluckte. »Ja.«
    »Sie waren Zeugin in jener Nacht, als Agnes Poole starb. Sie haben den Mörder gesehen. Und das weiß er mit Sicherheit auch.«
    »Jeder weiß, wer der Mörder ist«, erwiderte sie. »Ich habe es gestern auf der Straße gehört. Dr. Berry ist aus der Stadt geflohen.«
    »Ja, das haben die Zeitungen berichtet. Dr. Nathaniel Berry wohnt im West End. Er kannte die beiden Opfer. Er hat versucht, eine dritte Frau zu töten – eine Prostituierte, die behauptet, sie habe um ihr Leben laufen müssen. Jetzt ist Dr. Berry verschwunden, also muss er natürlich der Mörder sein.«
    »Ist er es denn nicht?«
    »Glauben Sie alles, was Sie auf der Straße hören?«
    »Aber wenn er nicht der Mörder ist...«

    »Dann könnte der West End Reaper noch immer in Boston sein, und es ist durchaus möglich, dass er weiß, wer Sie sind. Nach dem, was mit Mary Robinson passiert ist, würde ich mich an Ihrer Stelle in Acht nehmen. Wir haben Sie gefunden, und das könnte auch ein anderer schaffen. Und deshalb bin ich so besorgt um das Wohlergehen Ihrer Nichte. Sie sind der einzige Mensch, der weiß, wo das Baby zu finden ist. Sollte Ihnen irgendetwas zustoßen...« Er hielt inne. »Eintausend Dollar, Miss Connolly. Damit könnten Sie sich aus Boston absetzen und sich ein komfortables neues Zuhause suchen. Geben Sie uns das Kind, und das Geld gehört Ihnen.«
    Sie sagte nichts. Im Geiste hörte sie immer wieder Mary Robinsons letzte Worte: Halten Sie sie versteckt. Passen Sie gut auf sie auf.
    Schließlich war der Mann ihres Schweigens überdrüssig und stand auf. »Sollten Sie es sich noch anders überlegen, dann können Sie mich hier finden.« Er drückte ihr eine Visitenkarte in die Hand, und sie las den Namen, der dort gedruckt stand.
    Mr. Gareth Wilson
Nr. 5 Park Street
Boston
    »Sie tun gut daran, mein Angebot zu bedenken«, sagte er. »Und Sie sollten auch an das Wohl des Kindes denken. Inzwischen geben Sie gut auf sich Acht, Miss Connolly. Sie können nie wissen, welches Ungeheuer vielleicht hinter der nächsten Ecke auf Sie lauert.« Damit ging er hinaus und ließ sie allein in diesem kalten, staubigen Zimmer zurück, den Blick immer noch starr auf die Visitenkarte geheftet.
    »Bist du wahnsinnig, Rose?«
    Sie hob den Kopf, als sie Ebens Stimme hörte, und sah ihn in der Tür stehen.
    »Das ist mehr Geld, als du in deinem Leben je sehen wirst! Wie kannst du so ein Angebot ablehnen?«

    Sie sah ihm fest in die Augen, und plötzlich begriff sie, warum es ihm so wichtig war. Was sein Interesse an der Sache war. »Er hat dir Geld versprochen, nicht wahr?«, sagte sie. »Wie viel?«
    »Es lohnt sich jedenfalls.«
    »Es lohnt sich, dafür dein Kind herzugeben?«
    »Hast du es denn noch immer nicht kapiert? Sie ist nicht mein Kind.«
    »Aurnia hätte nie...«
    »Hat sie aber. Ich

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