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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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finden. Er kennt die Antworten.«
    Annie riss die Augen auf. »Drew? Der lebt doch draußen in seiner Hütte. Am Emerald Lake. Es geht ihm nicht gut. In letzter Zeit hat er sich sehr zurückgezogen. Bitte tu ihm nicht weh.«
    Es schmerzte, dass sie mir so etwas überhaupt zutraute. »Nein. Das werde ich nicht.«
    Sie reichte mir die Adresse samt Telefonnummer. »Er ist ein paar Tage verreist. Ich weiß nicht genau, wann er wiederkommt.«
    »Danke, Annie. Laura war ja noch ein kleines Kind, als ich fortgegangen bin. Sie scheint zu einer interessanten Frau herangewachsen zu sein.«
    Annie ließ den Kopf hängen. »Einzigartig«, flüsterte sie – mehr zu sich selbst als zu mir. »Laura war einzigartig.« Als sie mich wieder ansah, war ihr Blick hart und brennend, Tränen standen in ihren Augen. »Ich werde es erfahren, Tally. Ich kann nicht aufhören, darüber nachzudenken. Immer wieder stelle ich mir vor, wie … Ich werde erfahren, wer meine Schwester umgebracht hat, und warum.«
    »Wir finden es heraus, Annie. Versprochen.«

15
Gesellschaft!!!
    Nachdem ich mich von Annie verabschiedet hatte, bog ich gegen sechs Uhr am Freitagabend in meine Auffahrt ein. Ich nahm die Biegung viel zu schnell und bremste abrupt auf dem Kies und dem Dreck. Der Wind kühlte meine heißen Wangen. Ich rieb sie an Pennys kühler Schnauze. Sie leckte mich am Ohr, und ich musste lachen. Wie immer.
    Ich strich über das Handschuhfach. Dieser verfluchte Finger. So gruselig. Mein Körper fing reflexartig an zu zittern. Unecht, aber …
    Ich öffnete das Fach und zog Dads Geldbörse heraus, die, die er bis zum Schluss benutzt hatte. Ich drückte meine Nase dagegen, roch das moschusartige Leder, spürte, wie weich es war, wie in meiner Erinnerung. Ich tat so, als könne ich noch immer ihn spüren.
    Insgeheim hatte ich mich immer gefragt, ob er vielleicht das Feuer in unserem Haus gelegt hatte. Wir hatten kein Geld. Seine Investitionen in Bauland hatten sich gut entwickelt, dann aber kam der Rückschlag. Schuldner klopften an die Tür und ließen das Telefon klingeln. Und doch schien er so optimistisch zu sein – bis zu der Nacht, in der wir abgetaucht waren. Danach hatte er die Sache mit dem Haus nie mehr erwähnt, und ich brachte nicht den Mut auf, ihn zu fragen.
    Ich legte die Börse in das Fach zurück und schlug die Klappe zu.
    Dad hatte diese Leute nicht betrogen. Nie im Leben. Aber etwas war über diese Geschichte mit dem Bauland aufgetaucht. Darum musste es bei dem mysteriösen Telefonanruf gegangen sein.
    Penny rannte hinunter zum Strand, während ich zu meinem Häuschen ging. Ich stellte die Schale mit den Erdbeeren auf der Kochinsel ab und griff dann nach der Fernbedienung, um mich über das Neueste aus aller Welt zu informieren.
    Ein Schatten huschte vorbei. Oben. Ein zweibeiniger. Auf der Galerie, wo ich schlief.
    Penny tollte draußen herum. Verdammt. Ausgerechnet jetzt. Ich musste zu meiner Tasche auf der Küchenablage kommen. Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ich musste zu meinem Pfefferspray.
    Der Schatten bewegte sich, dann polterte ein Mann mit einer Pistole die Treppe herunter. Mist.
    Ich fuhr herum, wollte nach dem Türknauf greifen.
    »Finger weg!«, bellte er, als er sich übers Treppengeländer ins Licht schwang. Overall, Baseball-Kappe, unrasiert, schmutzig, wild.
    Ich tauchte hinter der Kochinsel ab und robbte dorthin, wo ich zwar gespenstische Schatten, aber keinen Mann sehen konnte. Meine Hand tastete nach meiner Tasche.
    »Ich sagte, Finger weg!«, donnerte er.
    Ich nahm die Finger weg, hauptsächlich deshalb, weil er direkt vor mir wedelte, aber nicht mit einer 45er Magnum, sondern mit einem lila Fruchteis am Stiel, das er aus meinem Vorrat hatte, wie ich vermutete.
    »Was wollen Sie?« Ich stand auf und griff nach der Tür, um Penny zu rufen.
    Er wedelte mit dem Eis. »Wagen Sie es bloß nicht, Ihren Monsterhund zu rufen.« Seine blutunterlaufenen Augen zogen sich zusammen. Er stank nach Körperausdünstungen und etwas, über das ich nicht einmal nachdenken wollte.
    Ruhig. Es war wichtig, dass ich ruhig blieb. »Wer sind Sie?«
    Seine Stirn legte sich in Falten wie bei einem Shar-Pei.
    »Will verflucht sein, wenn ich das noch weiß. Heiße auf jeden Fall Gary Pinkham, hab höllische Angst und brauche Ihre Hilfe.«
    Gary Pinkham und ich saßen einander gegenüber. Sein Blick war fest auf mich geheftet, und gleichzeitig schleckte er weiter sein Eis. Er hatte sich einen lila Fleck auf seinem dreckigen

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