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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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zuhört.«
    Meine Worte schwebten in der Luft, und Gary starrte mich wütend an. Oh ja, ich konnte seine Wut spüren.
    »Also gut. Ich hab sie eine Schlampe genannt. Und sie hat mir eine runtergehauen. Vor allen Leuten. Dann hab ich sie da weggeschafft.«
    »Meinen Sie, Sie haben Sie gezwungen zu gehen?«
    Er wiegte sich hin und her und wich meinem Blick geflissentlich aus. »Gary?«
    »Hab ich. Und ich bin wahrhaftig nicht stolz drauf. So was hab ich vorher noch nie gemacht. Zumindest nicht mit ’ner Frau.«
    »Was geschah dann?«
    »Sie hat mir in die Eier getreten.« Sein schiefes Grinsen war ansteckend. »Hat höllisch wehgetan, aber genau das hat mir an ihr gefallen. Sie hatte Pep. Hat sich von keinem Kerl was vormachen lassen, nie und nimmer.«
    »Und …?«
    Er zuckte die Achseln. »Hab ihr gesagt, sie soll sich doch selber ficken, hab sie stehen gelassen und bin über Nacht zu Will und Joy gefahren.«
    Er log, aber ich wusste nicht, worüber genau. »Sind Sie sicher? Ich meine, nach so vielen Tagen ist Ihr Gedächtnis vielleicht ein bisschen durcheinandergeraten. Verstehen Sie? Warum kehren wir nicht noch mal zu dieser Nacht zurück und stellen sicher, ob wirklich alles genau so geschehen ist.«
    Pinkham lächelte, und wieder konnte ich den verteufelt gut aussehenden Mann erahnen, der sich hinter einer Schicht aus Dreck verbarg.
    »Jetzt haben Sie mich ertappt«, sagte er. »Laura und ich haben …«
    Draußen vor dem offenen Fenster knirschte der Kies.
    Pinkham sprang auf. Ein fünfundzwanzig Zentimeter langes Jagdmesser blitzte in seiner rechten Hand auf. »Scheiße. Wem ham Sie’s erzählt?«
    »Erzählt? Sie waren doch die ganze Zeit bei mir.«
    Er blinzelte und stieß dann ein Jaulen aus wie ein verletzter Hund. Er wedelte mit dem Messer hin und her. Die gezackte Klinge blitzte im Schein der Lampe.
    »Stecken Sie das weg«, sagte ich und stand auf. »Ich sehe nach, wer da ist. Ich lasse niemanden rein.«
    Garys linke Hand schoss vor und umklammerte mein Handgelenk. Er zog die Klinge über zwei Zentimeter Haut. Fasziniert beobachtete ich, wie kleine Blutstropfen auf der Haut erschienen.
    »Ich mein’s ernst«, sagte er.
    »Das sehe ich.«
    Er schleifte mich in den Vorraum, warf einen Blick durchs Fenster und stieß mich dann zu Boden. Ich landete hart auf dem Po. »Au! Warten Sie, Gary!«
    Vor der Terrassentür zögerte er kurz. »Ich kann nicht. Er sperrt mich doch nur ein. Ich melde mich wieder.«
    Er schlüpfte zur Terrassentür hinaus, rannte über die Veranda und verschwand in dem Moment, als die Tür zum Vorraum aufflog.
    Herein stürzte Hank, die Neunmillimeter in der Hand.
    »Pinkham«, sagte ich. »Er ist Richtung Strand davon.«
    Hank rannte ihm nach.
    Ich setzte mich aufs Sofa und saugte an meinem Schnitt. Einige Minuten später kam Hank mit Penny zur Terrassentür herein. Beide waren außer Atem, und ich hatte den Verdacht, dass Penny sich an der offensichtlich erfolglosen Jagd nach Pinkham beteiligt hatte. Hank steckte seine Pistole weg und zog die Terrassentür hinter sich zu.
    »Ich hab den dämlichen Blödmann nicht mal gesehen«, sagte er und wühlte in meinem Kühlschrank. Er holte zwei Gemüsesäfte heraus und stellte einen davon vor mich hin. »Penny ist dem Kerl hinterher, aber der ist verschwunden. In Luft aufgelöst. Alles klar mit Ihnen?«
    »Ich hatte schon bessere Abende«, sagte ich.
    »Haben wir die nicht alle?«
    »Wem oder was habe ich Ihre rettende Ankunft zu verdanken?«
    Er ließ sich aufs Sofa plumpsen und hielt seine verletzte Hand. »Rettung? Von wegen. Sie haben mir heute Nachmittag eine Nachricht hinterlassen, schon vergessen?«
    Das hatte ich. »Perfektes Timing. Einfach perfekt.« Ich erzählte ihm von dem Treffen mit Pinkham.
    »Gottverdammt.« Hank stürzte seinen Saft hinunter. »Ich hätte dem Bürschchen schon zugehört. War ihm das nicht klar?«
    »Offensichtlich nicht«, sagte ich und drückte Penny an mich.
    »Das war eine rhetorische Frage, Tally.«
    »Huch. Bin gerade ein bisschen neben der Spur.«
    »Wie viel von dem, was Sie zu hören bekommen haben, entspricht der Wahrheit?«
    »Tja …« Ich dachte eine Minute lang nach. »Ich bin sicher, dass er teilweise gelogen hat, insbesondere, als er behauptete, das Giddyup verlassen und zu Joy Sacco nach Hause gefahren zu sein. Er wollte noch mehr sagen, doch dann kamen Sie.«
    »Und das war auch gut so.«
    »Möglich.« Der Schnitt blutete nicht mehr. »Dass er mich geschnitten hat, war irgendwie komisch. Er

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