Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
Vom Netzwerk:
besser kannte als so ziemlich jeder andere. Ich möchte von ihr mehr über Gary und Laura erfahren.«
    »Was ist mit Abendessen?«
    »Ähm …« Ich nahm meine Schlüssel von der Ablage. »Mal sehen. Ich hatte eigentlich vor, Drew Jones auch noch zu besuchen.«
    Er verschränkte die Arme. »Mach das nicht.«
    »Was soll ich nicht machen? Er hat mich immerhin eingeladen. Schließlich ist er derjenige, der das Messer in Lauras Bauch erwähnt hat. Ein Messer, das verschwunden ist. Warum gehst du dem nicht nach, Hank? Warum halten die State Cops immer noch ausschließlich Gary für Lauras Mörder? Weil Drew früher Kongressabgeordneter war?«
    Hanks Augen verengten sich. »Dazu sage ich jetzt mal nichts. Ich weiß, dass du gut bist in deinem Job, also sage ich das nur ein Mal. Sei vorsichtig mit ihm oder …«
    »Oder du erschießt mich? Was, Hank? Was ist das große Geheimnis?«
    Die Muskeln in seinem Kiefer und seinem Bizeps spannten sich. »Drew hat Probleme. Es steht mir nicht zu, dir davon zu erzählen. Sei einfach nur vorsichtig.«
    Ich legte eine Hand auf seinen Bauch, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, ohne dass seine Lippen den Kuss erwiderten. »Ich werde ihm schon nicht wehtun.«
    Ich wartete, doch er erwiderte nichts. Ich hängte mir die Tasche über die Schulter und ging.
    Meine Karte von Winsworth sagte mir, dass die Saccos in der Wilumet Road in der Nähe der Penasquam Road und des Emerald Lake wohnten. Das war nicht weit weg von dem Steinbruch und passte nur zu gut zu dem Szenario, demzufolge Gary der Killer war, da er in der Nacht von Lauras Ermordung bei Joy und Will geschlafen hatte.
    Von unterwegs rief ich Joy an, die meinte, ich solle ruhig kommen. Ich entschied mich dagegen, auch Drew anzurufen. Ich zog es vor, den früheren Kongressabgeordneten zu überraschen.
    Ich kam an der Scheune vorbei, die Joy als Wegweiser erwähnt hatte, und bog um Punkt eins auf das Grundstück der Saccos ein. Joy hatte gesagt, ich würde einen alten schwarzen Imperial LeBaron im Hof sehen können. Und da war er auch, umgeben von einer Hecke aus ungemähtem Gras.
    Das ließ mich an die Vergangenheit denken. Wir hatten einen Wagen wie diesen besessen. Traurig, wie vergammelt dieser war – rostiges Metall, platte Reifen, ein kaputtes Fenster.
    Meine Freunde in Boston würden laut lachen, wenn sie gewusst hätten, wie nostalgisch ich hier geworden war. Ich parkte unter einem schattigen Baum und ließ Penny im Wagen, wie immer mit Wasservorrat und bei heruntergelassenen Fenstern. Sollte es ihr drinnen zu heiß werden, konnte sie aus dem Fenster springen und sich ins Gras legen.
    Ein Dreirad lag umgestürzt neben einem Chevy-Pick-up, der in der Einfahrt vor einem großzügigen gelben Einfamilienhaus stand. Als ich den Rasen überquerte und eine große Eiche umrundete, stoben Distelfinken auf, die in den Futterhäuschen hockten. Aus dem Haus war Bluegrass-Musik zu hören. Ich ging die Stufen hinauf; die Musik brach ab, und die Haustür ging auf.
    »Hallo, Tally.« Joy hatte sich ihr weites weißes Hemd in die enge Jeans gesteckt. Ihre Lockenmähne wogte, als sie die Tür hinter mir schloss.
    Die Einrichtung war im Retro-Look der Fünfziger gehalten, lustig und fantasievoll, abgesehen von dem Computer in der einen Ecke und einer überbordenden Spielzeugkiste in der anderen. Aquarelle mit Meeresmotiven hingen an den Wänden, und das penibel gesäuberte Zimmer roch nach Desinfektionsmittel.
    »Ist Will zu Hause?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Wie geht es ihm?«
    »Gut.«
    »Und Ihnen?«, fragte ich.
    Ihre Lippen zitterten, und ihre Augen wurden feucht, doch sie riss sich zusammen. »Mir auch.«
    »Manchmal ist es gut, wenn es einem nicht gut geht.« Ich lächelte. »Sie müssen doch am Boden zerstört sein, nachdem Sie sowohl Gary als auch Laura verloren haben. Sie erinnern mich an sie. Zumindest nach den Bildern, die ich gesehen habe.«
    Ihre Mundwinkel hoben sich. »Wir haben immer Witze darüber gemacht. Vor allem, weil sie ja über zehn Zentimeter größer war als ich. Ich hätte alles dafür gegeben, ihr glattes Haar zu haben statt diesen Krauskopf.«
    Dem konnte ich mich anschließen. »Ich wette, sie wünschte sich Ihre Locken.«
    Ihr Lächeln vertiefte sich. »Stimmt.« Sie rieb mit dem Hemdkragen über ihre Wange. »Dieses Hemd hat ihr gehört.
    Ich vermisse sie. Aber he, setzen Sie sich doch. Und entschuldigen Sie die Unordnung.«
    Ich setzte mich aufs Sofa, während sie Lehrbücher, eine

Weitere Kostenlose Bücher