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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Zimmer und kam einige Minuten später wieder. »Mein Kleiner ist über seinen Büchern eingeschlafen. Ich hab ihn wieder ins Bett gebracht.«
    »Ist Drew krank, Joy? Alle Leute hier tun so, als wäre das ein großes Geheimnis.«
    Sie rieb sich mit den Händen über die Arme, als wäre ihr kalt. »Ich habe so einiges gehört. Dass Drew ein Trinker ist oder medikamentenabhängig. Dass er Krebs oder Aids hat. Aber ich würde nie fragen. Das ist etwas Privates, obwohl ich natürlich bemerkt habe, was mit seinem Gedächtnis passiert und dass er undeutlich redet. Das macht den Leuten Angst.«
    »Was sagt Will dazu?«
    »Nichts. Und ich frage ihn auch nicht. Seit Tish Aids hatte, reagiert er eigenartig auf die Krankheiten anderer. Er hat Drew seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, abgesehen von der Beerdigung, und da ist er ihm aus dem Weg gegangen.«
    »Was ist mit Ihnen? Haben Sie mal mit Drew gesprochen?«
    »Nein. Er lebt ja inzwischen wie ein Einsiedler. Und Will würde Anfälle kriegen, wenn er mich mit ihm sprechen sieht. Lauras Tod muss Drew hart getroffen haben. Jemand sagte mir, Laura wäre wie eine kleine Schwester für ihn gewesen.«
    »Wirklich? Wer hat das gesagt?«
    »Entweder Annie oder Hank. Ich kann mich nicht erinnern.«
    Viele Leute stritten mit ihren kleinen Schwestern. »Können Sie sich vorstellen, dass Drew Gary für Satanismus begeistert hat?«
    »Gary stand nicht auf solches Zeug!«
    Ich schwieg und wartete.
    »Tut mir leid, dass ich Sie so angefahren habe«, sagte Joy. »Aber verstehen Sie, das war wirklich nicht Garys Ding.
    Das war eines von Lauras … Sie wissen schon. Hobbys. Sie hat sich immer für Religionen, Tänze, Kunst und Medizin interessiert. Deshalb mochte ich sie so. Sie war eine Forscherin.« Sie rieb über den Kragen des Hemdes – Lauras Hemd.
    »Mama!«, drang es brüllend aus einem anderen Zimmer.
    Joy holte Scooter, der zu mir gelaufen kam.
    »Hallo, Scooter.« Ich strich mit dem Finger über seine butterweiche Wange. Als ich ihm meinen Schlüsselbund hinhielt, lachte er, wobei sich seine Augen verengten – genau wie bei einem anderen Kind, das ich gekannt hatte. Dann schlossen sich seine Finger um die Schlüssel, und er begann, den Couchtisch »aufzuschließen«.
    »Das ist ein Kerlchen, was?« Joy grinste.
    »Ein entzückendes Kerlchen.«
    Ihr Gesicht wurde ernst. »Sie haben so freundliche Augen. Hat Ihnen das schon einmal jemand gesagt, Tally?«
    »Nicht mit so vielen Worten.«
    »Doch, die haben sie. Auch Will meinte das.«
    »Er wirkte gestern sehr betroffen«, sagte ich. »Glauben Sie wirklich, dass er klarkommt?«
    »Will ist etwas Besonderes. Wenn ihn ein schwerer Schlag trifft, geht er in seinen Gemüsegarten schuften. Da ist er auch jetzt.«
    »Ich habe ihn draußen nicht gesehen.«
    »Das können Sie auch nicht. Der Garten ist ein ganzes Stück vom Haus entfernt, hinter dem Hügelkamm.«
    »Gartenarbeit ist Balsam für die Seele«, sagte ich. »Ich habe auch einen kleinen zu Hause in Boston.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber keinen wie diesen, bestimmt nicht. Will zieht Monsterkürbisse für die Jahrmärkte. Ich schwöre Ihnen, je größer sie werden, desto besser fühlt er sich. In meinen Augen hat das keinen Sinn, aber so ist nun mal mein Will.«
    »Ich würde ihn trotzdem gern sehen.«
    »Ich rechne nicht so schnell wieder mit ihm. Aber manchmal überrascht er mich auch.«
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Ich war seit mehr als zwei Stunden bei Joy. Sie sah erschöpft aus. Ich hätte draußen auf die Suche nach Will gehen können, hatte aber den Verdacht, er fände allein in seinem Garten mehr Trost. »Ich gehe jetzt besser.«
    Scooter heulte, als Joy mir meine Schlüssel wiedergab. Ich wühlte in meiner Tasche herum und nahm ihn dann auf den Schoß. »Ich habe ein Geschenk für dich, Scooter.«
    »Geschenk?«
    Die Tür ging auf, und Will kam herein.
    »Hi, Miss Whyte«, sagte er und lächelte.
    »Hallo, Will«, sagte ich. »Das ist ein wirklich süßer Junge. Hier ist dein Geschenk.« Ich wackelte mit einem Plastik-Bibo, den ich mir auf den Finger gesteckt hatte. Beim Anblick der Figur aus der Sesamstraße riss Scooter die Augen auf. Wieder wackelte ich mit dem Finger. Er kicherte. Ich ebenfalls.
    Will war so klein wie ein Jockey. Er gab Joy ein Küsschen auf die Wange und schüttelte dann meine Hand. »Nett von Ihnen, hier rauszukommen, Ma’am. Nett von Ihnen.«
    »Ich freue mich auch. Und nennen Sie mich bitte Tally.« Ich steckte die Puppe auf Scooters

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