Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
ihm und Baroni. Tilda würde ihn hassen, wenn sie wüsste, dass er für diese Grausamkeit verantwortlich ist, für diese Inszenierung, sie würde ihn verachten dafür, sie und alle anderen im Dorf, vor den Fernsehern würden sie ihre Köpfe schütteln und ausspucken. Max Broll und Johann Baroni, sie würden kein normales Leben mehr führen können, wenn die Wahrheit die Runde machen würde. Dass sie eine Leiche vergraben und zwei andere in den Supermarkt gelegt hatten, das würde man ihnen nicht verzeihen.
Max steigt in sein Auto. Lange bleibt er einfach sitzen. Aus der Ferne schaut er zu, wie sich die Kamerateams um die besten Bilder raufen, wie der Leichenwagen das Gelände verlässt, wie immer noch mehr Polizeiwagen kommen. Es herrscht Ausnahmezustand. Dass das Video mit den Bildern von den Leichen in die Öffentlichkeit gelangt war, machte alles nur noch schlimmer. Der Fall ist öffentlich geworden, bevor er überhaupt erst begonnen hat. Das ganze Land schaut auf das kleine Dorf, auf den Supermarkt, auf den Parkplatz, den Max nicht aus den Augen lässt. Er weiß nicht, was er tun soll, er kann nicht untätig herumsitzen, er muss wissen, was man den zwei Toten angetan hat, was mit ihnen passiert ist, bevor sie in die Kartons gesteckt wurden. Max muss es einfach wissen, er muss wieder in Ordnung bringen, was sie angerichtet haben. Er muss es wieder gutmachen.
Max verachtet sich selbst. So gerne würde er die Uhr einfach zurückdrehen, wie schon so oft in seinem Leben wünscht er sich, er hätte anders gehandelt. So gerne würde er immer noch in seinem grünen Plastiksessel sitzen, in Thailand am Strand. Weit weg von diesem Supermarkt, vom Dorf, von dem, was jetzt auf ihn zukommt. Niedergeschlagen dreht er den Schlüssel um. Er kann nichts tun als warten. Es wird noch ein paar Stunden dauern, bis die Leichen obduziert sind, bis die Körper geöffnet werden. Bis klar ist, was wirklich passiert ist, warum sie jemand aufgeschnitten hat. Es wird dauern, bis die Spuren ausgewertet sind, bis Tilda wieder im Landeskriminalamt ist, bis er wieder zu ihr kann. Er muss warten. Im Schritttempo fährt Max zurück ins Dorf, er parkt vor dem Würstelstand. Baroni hält ihm die Tür auf.
– Wo warst du so lange?
– Sie haben sie eben weggebracht.
– Scheiße, Max.
– Mehr als das, Baroni.
– Das geht diesmal nicht gut für uns aus, Max.
– Abwarten.
– Dafür gehen wir ins Gefängnis.
– Darüber reden wir, wenn es so weit ist.
– Es hat uns bestimmt jemand gesehen.
– Niemand hat uns gesehen.
– Woher willst du das wissen?
– Ich weiß es einfach.
– Bravo, Max.
– Was willst du von mir?
– War eine tolle Idee, das mit dem Supermarkt.
– Du wolltest die Leichen loswerden, oder?
– Aber doch nicht so.
– Mein lieber Baroni, ich darf dich daran erinnern, dass das mit den Marillen und dem Schnittlauch deine Idee war.
– Ich war betrunken.
– Ich auch.
– Und was jetzt?
– Abwarten, sag ich doch.
– Was passiert jetzt, Max?
– Die Leichen kommen in die Gerichtsmedizin und werden obduziert.
– Und dann?
– Sie werden die Körper nach Spuren absuchen.
– Sie sind nackt, Max.
– DNA, Baroni. Die ist auch da, wenn man nackt ist.
– Was willst du damit sagen?
– Dass sie unsere DNA auf den Toten finden werden.
– Was werden sie?
– Sie werden viele verschiedene DNA-Profile finden, unter anderem auch unsere.
– Aber wir hatten die ganze Zeit Handschuhe an.
– Sie werden Speichel von uns finden, Baroni, Schweiß, ich bin mir sicher, dass wir etwas davon verloren haben.
– Ach du Scheiße.
– Sie werden alle DNA-Profile vom Tatort mit denen auf den Toten vergleichen.
– Was heißt das schon wieder?
– Sie haben von allen Menschen, die den Leichen nahe gekommen sind, Speichelproben, von allen Polizisten, um die dann als Täter auszuschließen.
– Das heißt, unsere DNA bleibt übrig.
– Ist zu befürchten, mein Freund.
– Das heißt, sie holen uns jetzt gleich ab, oder was?
– Sie wissen ja nicht, dass die DNA-Profile von uns sind.
– Was heißt denn das schon wieder?
– Sie haben kein Profil von uns im Computer, also nützt ihnen die DNA nichts, die sie finden.
– Wirklich?
– Wenn du nicht schon mal im Gefängnis warst, dann tappen sie im Dunkeln. Sie wissen nur, dass es zwei Männer waren, die mit den Toten im Supermarkt gespielt haben, sonst nichts.
– Das ist alles so peinlich, Max, wir sind echt das Letzte.
– Die Jammerei bringt uns jetzt
Weitere Kostenlose Bücher