Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
dass niemand in den beschissenen Brunnen schaut.
– Geduld, Baroni, Geduld.
– Sollen wir ihnen einen anonymen Tipp geben, oder was? Wir können nicht den ganzen Tag hier sitzen.
– Warum nicht, hast du noch was vor?
– Ich will, dass die Leiche gefunden wird, und dass das ganze Drama ein Ende hat, ich will zurück in meinen Würstelstand.
– Echt?
– Ja, echt.
– Und deine neue Bekanntschaft?
– Was soll mit ihr sein?
– Warst du noch bei ihr gestern?
– Ich war noch bei Vadim.
– Und?
– Er sagt, er hat den ganzen Tag geschlafen.
– Gut so.
– Er hat sich dauernd bedankt, er hat nicht damit aufgehört.
– Armer Kerl.
– Was machen wir mit ihm?
– Im Zimmer ist er sicher.
– Ich meine, wenn das hier vorbei ist.
– Ich weiß es nicht.
– Du hast gesagt, wir kommen heil aus dieser Sache heraus.
– Ja, das habe ich.
– Wie soll das gehen, Max? Die blinden Vollidioten hier sind nicht einmal in der Lage, die Leiche zu finden.
– Wie gesagt, Baroni, Geduld, die Polizei wird hier bald aufräumen.
– Tilda?
– Ja.
– Sie wird sich wundern, Max.
– Dann wundert sie sich halt.
Gelassen nippt Max an seinem Tee. Die Sonne scheint in sein Gesicht, eine Mitarbeiterin spannt Sonnenschirme auf. Alles ist ruhig, das Leben ist still am Rosenhof, nichts stört die teuer bezahlte Ordnung, ein Millionär nach dem anderen kommt in den Garten. Sie legen sich unter den Alpenhimmel, sie lassen ihre Wunden verheilen, die Silikonkissen in ihren Körpern ankommen, sie baden ihre gestrafften Häute, wärmen ihre fettentleerten Bäuche und Schenkel. Baroni und Max mitten unter ihnen. Wie ihre Augen nach etwas Besonderem suchen, nach jemandem, der mehr will als künstliche Brüste oder ein Lifting. Irgendjemand hier will Vadims Organe, sein Herz vielleicht, seine Leber, seine Nieren, irgendetwas von ihm, das sein Weiterleben garantiert. Ein neues Leben auf Bestellung, unkompliziert, komfortabel, Wilma Rose macht es möglich. Max weiß es. Sie ist verantwortlich für die Leiche im Brunnen, für die Nähte, für den Gestank, für alles, was passiert ist, Wilma Rose. Wilma Fickinger.
Wie arrogant sie zu ihnen herüberschaut. Wie sie den Kopf schüttelt, weil Max ihr zuwinkt. Sie versteht es nicht, warum Max und Baroni immer noch da sind, warum sie nicht gegangen sind, warum sie die Warnung nicht ernst genommen haben. Baroni wendet seinen Blick irritiert von ihr ab, er kann sie nicht ansehen, er hat Angst vor ihr, er hat Angst vor dem, was sie getan haben könnte, vor dem, was sie noch tun wird. Er flüstert.
– Du denkst wirklich, dass sie für alles verantwortlich ist?
– Hundert Prozent.
– Dann ist ihr aber auch zuzutrauen, dass sie euch wirklich aufschneidet, Max.
– Das wird nicht passieren.
– Warum nicht?
– Weil die nigerianische Küchenhilfe da drüben eben unsere Brunnenleiche entdeckt hat.
Die Küchenhilfe schreit und rennt mit erhobenen Händen zurück ins Haus. Alles nimmt seinen Lauf. Neugierige Gäste in Bademänteln verfolgen, was passiert. Wilma Rose traut ihren Augen nicht. Niemand tut das. Was sie sehen, übersteigt alles, was sie sich vorzustellen bereit sind. Dass da im Wasser eine Leiche liegt, dass durch den Plastiksack Haut schimmert, dass sich ein Körper abzeichnet, ein Kopf, es ist unfassbar, sie flüstern, sie tuscheln, sie halten sich die Hände vor die Münder, Angestellte und Gäste, alle. Auch Max und Baroni stehen auf, sie folgen den anderen, sie stellen sich in die Reihe, sie stellen dieselben Fragen wie alle anderen, sie sind erstaunt wie sie, schockiert und entsetzt wie sie. Kurz nur, dann gehen sie wieder zurück zum Pool und bestellen Tee. Von ihren Liegen aus verfolgen sie das Drama, beobachten das Chaos, das ausbricht, das Entsetzen, das sich breitmacht. Seelenruhig verfolgen sie das Treiben, sie schauen zu, wie der Bereich um den Brunnen von Hotelmitarbeitern abgesperrt wird, sie schauen zu, wie sie aufgeregt durcheinanderrennen, telefonieren, wie sie nicht begreifen, was passiert, welches Unglück über den Rosenhof hereingebrochen ist.
– Jetzt geht die Post ab, Baroni.
– Schau, da kommen die Bullen.
– Das volle Programm, nehme ich an. Tilda, die Spurensicherung, der Gerichtsmediziner und Leftera.
– Schon wieder die Bumsmaus.
– Die nehmen den Laden jetzt auseinander, schon wieder eine abgelegte Leiche, ein halbverwester Körper in einer Schönheitsklinik, das kommt richtig gut.
– Es ist so schön, dass du mein Freund bist,
Weitere Kostenlose Bücher