Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
schwarz vor Augen und ich verlor das Bewusstsein. Das Letzte, an das ich mich erinnern konnte, war, dass ich den Becher aus Rebekkas Hand schlug, der in hohem Bogen aus dem Zelt flog.
6 7. Kapitel
Der Rauch, der aus dem Brunnen aufstieg, war erst nur dünn gewesen, von fast weißer Farbe. Nun war er dunkel, fast schwarz und rußig. Der Vampir, der auf dem Wehrgang seine Runden drehte, war angewiesen worden, auf Bewegungen im Tal zu achten und so hatte er dem Rauch erst keine Beachtung geschenkt. Nun stieg er die Treppe hinab in den Burghof und versuchte, einen Blick in den Brunnen zu werfen, aber ihm schlug eine wabernde Hitze entgegen, die ihn zurückzucken ließ. Sein Instinkt sagte ihm, dass er in Gefahr war. Hitze bedeutete Feuer. Dort unten brannte etwas.
Er sollte das melden. Der Vampirsoldat drehte sich um und schlurfte zum Hauptgebäude, dem großen Turm, in dem sein Herr auf seinem Thron saß und vor sich hin brütete. Der Vampir trat vor Vlad, salutierte lahm und starrte den Woiwoden schweigend an. Er wartete stets darauf, zum Sprechen aufgefordert zu werden. Vlad hob seinen Blick und musterte seine Schöpfung mit unverhohlener Verachtung. Ja, er hatte Vampire geschaffen, aber es waren stumpfe, dumme Kreaturen, gerade gut genug, ihm zu dienen. „Was willst du? Hast du etwas zu melden?“, fauchte er den wartenden Vampir an.
„Feuer ...“, sagte das Wesen langsam. Vlad beugte sich vor und knurrte böse. „Was für ein Feuer? Wo? Im Tal?“ Der Vampirsoldat wich vor seinem Herrn zurück. „Nein, Herr“, antwortete er. Mehrere Fragen zu beantworten überstieg seinen Intellekt. „Wo, verdammt nochmal?“, brüllte Vlad und erhob sich drohend von seinem Sessel.
„Im Brunnen.“, sagte der Soldat und wich noch weiter zurück. „Im Brunnen?“, wiederholte Draculea. „Verfluchte Brut!“ Er sprang vor und schleuderte den Vampir zur Seite wie ein Blatt Papier. Mit wenigen Sätzen war er an der Tür und hinaus auf dem Burghof. Der Qualm aus dem Brunnen war nun eine gewaltige Rauchsäule. „Nein!“, brüllte Vlad und fuhr herum. Er schloss kurz die Augen und konzentrierte sich.
Er konnte seine Vampire auch ohne Worte befehligen, sie gehorchten seinen Gedanken. Er rief die Wachen, alle Vampire, die noch auf Poenari waren. Geht! Seht in den Gewölben unter der Burg nach! Es brennt! Löscht das Feuer! Die Vampire kamen, folgten seinem Befehl. Vlad stand im Burghof und beobachtete, wie die Soldaten, die er zu Vampiren gemacht hatte, die schweren Türen öffneten, die in die Gewölbe unter Poenari führten. Dicker Rauch schlug ihnen entgegen und sie wichen vor der Hitze zurück, die von unten hochschlug. Sein Wille trieb sie wieder vorwärts. Sie scheuten das Feuer, aber er ließ sie nicht fliehen vor der Hitze in den brennenden Kellern, unter seinen Füßen. Unter seinen Sohlen?
Vlad beugte sich hinab und legte eine Hand auf den Boden des Burghofs. Der Steinboden war glühend heiß. Nur seine Stiefel, die mit dicken Sohlen versehen waren, schützten ihn vor der sengenden Glut. Dort unten musste ein wahres Höllenfeuer toben. Die Gewölbe standen in Flammen! Das war nicht nur ein Feuer, das war ein verheerender Brand! Wasser! Sie mussten den Brand löschen! Aber Wasser gab es nur im Brunnen und aus dem schlugen nun ebenfalls Flammen! Vlad rannte in den Turm zurück. Nur der vordere Teil der Anlage war unterkellert. Er musste nach hinten, in den hinteren Teil der Festung! Dort würde er vor dem Feuer sicher sein! Dann hielt er inne. Warum sollte er flüchten?
Er war Vlad Draculea, er war ein Vampir! Er konnte einfach durch das Feuer gehen! Die Brandwunden würden heilen, er würde nicht sterben! Er konnte einfach hindurchgehen. Er konnte von der höchsten Zinne springen und unbeschadet unten landen! Er war unsterblich! Er würde überleben! Im Burghof standen die Vampirsoldaten, stumm und tatenlos. Vlad befahl ihnen, den Brand zu bekämpfen. Holt Sand, holt Wasser, löscht das Feuer! Endlich setzten sich die Vampire in Bewegung. Einige zogen das schwere Gatter hoch, das den Zugang zur Festung versperrte, um draußen Sand zu holen. Wasser stand nicht zur Verfügung.
Aber auch Sand konnte ein Feuer löschen, konnte es ersticken! Die Flammen schlugen aus dem Brunnen hoch und aus den geöffneten Türen zu den Gewölben. Vlad rannte in den Turm, griff sich seine Waffen, Schwert und Dolche, Messer und Kettenhemd. Dann wieder hinaus aus dem Turm und über den Burghof. Er holte seinen Hengst aus den Stallungen
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