Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
Sterbenden mit einer Drehung des Kopfes das Genick. Der ganze Kampf hatte keine drei Minuten gedauert. Halef stand da wie versteinert. Wie konnte man gegen einen solchen Wirbelwind des Todes kämpfen?
Draculea stieß einen kurzen Triumphschrei aus und ließ den Leichnam zu Boden fallen. Dann wandte er sich um und verschwand im Dunkeln. Kurz darauf hörte Halef ein Pferd, das sich schnell entfernte. Der Geruch, der zu ihm herüberwehte, sagte ihm, dass dort Draculea davonritt. Hassan war nicht erschienen. Diese Chance war vertan. Hätte er selbst eingreifen sollen? Halef gestand sich ein, dass er dem Vampir unterlegen gewesen wäre. Vlad war zu schnell, zu stark, selbst für ihn! Er sucht den Weg zurück zu Karl Stabener und berichtete dem Deutschen, was gerade geschehen war. Zusammen gingen sie zu den Toten, die Vlad am Rand der Straße hatte liegen lassen. Stabener besah sich die Männer und deutete erstaunt auf deren Kettenhemden, die sie unter der schwarzen Kleidung trugen. „Seht Ihr das Wappen?“, fragte er Halef. „Die hier sind vom Drachenorden! Der Orden hat Vlad den Krieg erklärt, wie es aussieht.“
„Und sie haben ihn verloren.“, ergänzte Halef. Vor ihm auf dem Boden lag der Kasten, den der eine Angreifer nicht mehr hatte öffnen können. Er hob ihn auf. Der Kasten war schwerer, als er gedacht hatte. „Was ist das?“, wollte Stabener wissen. Halef zuckte mit den Schultern. „Es gehörte einem der Angreifer. Er versuchte, ihn zu öffnen, aber dazu kam er nicht mehr. Vlad Draculea war schneller als er.“ Stabener musterte den Kasten. Auf dem Deckel prangte das gleiche Siegel wie auf den Hemden der Toten.
6 8. Kapitel
Der schwarze Schleier hob sich vor meinen Augen und ich musste ein paarmal blinzeln, bis mein Blick wieder klar wurde. Vor mir standen Nazir in seiner Wolfsgestalt und Rebekka und starrten mich aus aufgerissenen Augen an. „Wie lange war ich weggetreten?“, fragte ich und wunderte mich über meine Stimme, die tief und grollend in meinen Ohren klang.
„Nur wenige Augenblicke“, flüsterte Rebekka. Sie starrte mich an, als habe sie mich noch nie gesehen. Wahrscheinlich hatte sie das auch nicht, fuhr es mir durch den Kopf. Ich hob meine Hände vor die Augen. Was ich sah, erschreckte auch mich. Ich hatte mit Wolfskrallen oder dergleichen gerechnet, aber was ich sah, war etwas ganz anderes. Meine Hände waren Krallen, aber anders, als ich gedacht hatte. Rasiermesserscharfe Krallen, wie Klingen, saßen an den Fingern, die von einem feinen, glänzenden, schwarzen Pelz überzogen waren. Ich sah auf zu Rebekka. „Was … bin ich?“, fragte ich und wieder erklang diese tiefe, grollende Stimme, die meine eigene war. Sie öffnete den Mund zu einer Antwort, aber dann schloss sie ihn wieder. Rebekka drehte sich um und begann in einer Truhe zu kramen, die hinter ihr stand. Sie zog einen polierten Spiegel aus Metall heraus und reichte ihn mir. „Ich weiß es nicht. Sieh selbst!“
Aus dem Spiegel starrte mich ein Gesicht an, das auf eine seltsame Art noch meines war, aber es war mit Fell überzogen, ebenso schwarz wie das auf meinen Händen. Auch meine Arme … der ganze Körper war mit einem feinen, schwarzen Pelz bedeckt. Meine Augen waren gelb und wie die einer Katze, mit senkrechten Schlitzpupillen. In meinem Mund saßen nadelspitze Reißzähne. Die Eckzähne im Oberkiefer waren fingerlang und ragten weit über die anderen hinaus.
„Victor?“ Rebekkas Stimme klang anders, als ich sie in Erinnerung hatte. Das musste an meinem Gehör liegen. Ich konnte ihren Herzschlag hören und auch den von Nazir. Alles klang deutlicher, lauter, intensiver. „Das seid doch immer noch Ihr, oder?“ Ich nickte. „Ja, ich bin noch immer Victor, Freiherr von Steinborn. Es war ja zu erwarten, dass ich mich verändere, aber das hier ist … überraschend!“
„Ja“, sagte Rebekka. „Das ist es! Ihr seht aus … wie der Teufel … es fehlen nur die Hörner.“ Ich lachte leise und es klang wie fernes Donnergrollen. „Und ein Huf“, fügte ich hinzu und deutete auf meine Füße.
„Nein“, hörte ich Nazir sagen und drehte mich zu ihm um. „Nicht der Scheitan, der Teufel. Eine Fledermaus, denke ich. Ihr seid eine Fledermaus. Seht doch Eure Flügel an!“
„Meine … Flügel?“ Ich hob den Spiegel, den Rebekka mir gegeben hatte und drehte mich halb zur Seite. Nazir hatte recht! Aus meinen Schultern ragten zwei Flügel, wie die von Fledermäusen. „Aber müssten denn nicht meine Arme die
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