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Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Titel: Leichentücher: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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ihm. Also musste er einwilligen. Er konnte ja jederzeit wieder gehen. Er versprach, gegen sieben Uhr dort zu sein. Autio erklärte, das sei absolut fantastisch.
    Das Telefon noch in der Hand, ging Mikael ins Schlafzimmer, wo Saana auf dem Bett lag und las. Das Licht, das durch die Ritzen in der Jalousie fiel, baute Staubbrücken in die stickige Luft.
    »Autio hat mich in den ›Alten Meister‹ eingeladen.«
    Saana nickte schläfrig und sagte: »Grüß ihn von mir.«
    Mikael hatte mit dem Gedanken gespielt, Saana mitzunehmen, merkte aber, dass er sie auf keinen Fall dort sehen wollte. Seinen Sympathiesammelpokal, die permanent traurige Schwerkranke, die einfach nicht bereit war, zu sterben.
    Seine Gedanken erschreckten ihn, und er versprach, die Grüße auszurichten.

36
    Der »Alte Meister« war eine beliebte Karaoke-Kneipe am Kauppapuistikko. Mikael war schon einmal dort gewesen, nach der Betriebsfeier im Advent. Die jüngeren Pfleger hatten in einen Nachtclub gehen wollen, die älteren ins Waild, wo Tanzmusik gespielt wurde; da war der »Alte Meister« ein guter Kompromiss gewesen. Die Kundschaft dort war bunt gemischt, an den Tischen und auf der Tanzfläche schwoften Gewohnheitstrinker, Studenten und Bankangestellte in fröhlichem Durcheinander, dem der DJ mit einer vielseitigen Musikauswahl gerecht zu werden versuchte. Auf Irwin folgte Rihanna, als wäre das völlig normal.
    »Ehrnrooth, der war ein anständiger Mann«, verkündete Stefu und hob seinen Bierkrug. Er trug ein violett glänzendes Hemd, das er vermutlich für elegant hielt. Bei der ersten Quizfrage ging es um die Frau des verstorbenen Infanteriegenerals. Welchem Königshaus gehörte sie an? Die Tischrunde hatte die Antwort einstimmig herausgebrüllt, doch die Befriedigung war mittelmäßig, denn das wussten alle.
    »Ach, Quatsch«, sagte Autio. Er redete am lautesten, obwohl er der Nüchternste zu sein schien. »Ehrnrooth hat seine eigenen Männer umbringen lassen, er hat in Äyräpää befohlen, das Artilleriefeuer auf die eigenen Leute zu richten. Seiner Meinung nach waren sie alle Feiglinge.«
    Autio ahmte Ehrnrooths Sprechweise nach, was Stefu auf die Palme brachte. »Entschuldige mal, Autio, was redest du wieder für eine linke Scheiße?«
    Die anderen wussten nicht, ob sie es wagen sollten zu lachen.
    »Wenn Ehrnrooth nicht gewesen wäre, hätten unsere Stalinistenschweine in den Siebzigern keine Chance gehabt, ihre Agitproplieder zu singen.«
    »Na, Tatsache ist jedenfalls, dass er unsere eigenen Leute auf dem Gewissen hat.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Stefu und betonte seine Worte, indem er den Bierkrug auf den Tisch knallte. »Leg Beweise auf den Tisch, verdammt!«
    »Schau im Internet nach, wenn du mir nicht glaubst. Das ist Fakt. Sorry, wenn deine Seifenblase platzt, aber so war es nun mal.«
    »Im Internet?«, schnaubte Stefu. »Du bist mir ein schöner Kriegshistoriker.«
    Autio genoss die Situation sichtlich.
    »Findest du es nicht seltsam, Stefu, dass die finnische Armee der einzige Okkupationstrupp der Weltgeschichte gewesen sein soll, der die Zivilbevölkerung in den eroberten Gebieten wie die eigenen Landsleute behandelt hat?«
    »Nein«, knurrte Stefu. Sein Hemd hatte plötzlich nichts Elegantes mehr an sich.
    »Glaubst du etwa, dass unsere Kerle sich nicht an den Frauen in Petrozawodsk vergriffen haben? Dass nur Serben und Russen …«
    »Willst du behaupten, mein Opa hätte …«, fuhr Stefu auf.
    »Na, na, Kinder«, unterbrach Maila den Streit und klopfte auf den Tisch. »Die nächste Frage kommt.«
    Der Wirt sprach die Frage in ein knisterndes Mikrofon. Wie viele selbstständige Staaten gibt es in Südamerika? Die Tischrunde beruhigte sich. Einige versuchten, die südamerikanischen Staaten aufzuzählen, andere hatten das Interesse verloren.
    Mikael hatte schneller getrunken als beabsichtigt. Als er sichdas sechste Bier holte, musste er einen Ausfallschritt machen, um nicht zu stolpern. Als die neunte Frage gestellt wurde, war seine Konzentrationsfähigkeit längst verloren.
    »Tut es nicht gut, mal wieder unter Menschen zu kommen?«, fragte Autio, als die anderen über die Arbeit redeten.
    »Doch«, sagte Mikael. »Saana lässt übrigens grüßen.«
    Autio beugte sich vor und legte eine Hand ans Ohr.
    »Grüße. Von Saana«, wiederholte Mikael, senkte aber beim letzten Wort die Stimme. Er warf einen Blick auf Maila, die glücklicherweise gerade nicht zuhörte, sondern mit großer Geste irgendetwas erklärte. In

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