Leicht und locker kommunizieren
auf die Komplimente – so weit das mit vollem Mund möglich war. Irgendwie ließen mich diese turmhohen Häppchen nicht gut aussehen. Also schnappte ich mir die gefüllte Blätterteigtasche. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellte. Während ich oben in die Blätterteigtasche biss, tropfte unten die Füllung heraus, direkt auf das Revers meines dunkelblauen Businessblazers. Und ausgerechnet in diesem Moment stand er vor mir: Herr Dr. Wichtig. Er war bereit, mit mir über weitere Aufträge zu reden und ich war bekleckert – nicht mit Ruhm, sondern mit Frischkäse.
Ich griff reflexartig zur Serviette und wischte an dem Fleck herum. Das führte dazu, dass ich jetzt obenrum ganz und gar eingefettet war. Dabei bekam mein voll gepackter Teller, den ich in der linken Hand hielt, eine leichte Schräglage. Beinahe wären alle Fingerfood-Teile auf dem Fußboden gelandet, direkt neben der Olive. Herr Dr. Wichtig griff geistesgegenwärtig zu und hielt meinen Teller fest. In den Gesichtern der Umstehenden sah ich kaum Mitgefühl. Die meisten grinsten mich an, einige sogar mit einem leichten Anflug von Schadenfreude. Während meines Vortrags hatte ich einen guten Eindruck gemacht. Jetzt wurde ich von hinterhältigen Fingerfood-Teilen angegriffen.
Herr Dr. Wichtig war charmant und höflich. »Ist mir auch schon passiert«, sagte er lächelnd. Und dann fiel mir auf, warum er so souverän wirkte: Er hatte keinen Teller in den Händen, er stopfte sich nichts in den Mund. Er versuchte nicht gleichzeitig zu essen, zu reden und einen guten Eindruck zu
machen. Er setzte sich klare Prioritäten. Hätte ich das bloß auch getan.
Übrigens – die Geschichte ging gut aus. Ich bekam den Auftrag und leitete in der Firma mehrere Fortbildungsseminare für Führungskräfte. Einige der späteren Teilnehmer waren dabei, als ich mich mithilfe einer Blätterteigtasche eingefettet habe. Sie waren sich alle einig, dass das Ganze sehr lustig war. Einer sagte später zu mir: »Ach, Frau Berckhan, dieses kleine Malheur hat Ihnen einen menschlichen Anstrich verliehen.«
Dieser Satz ging mir lange Zeit nicht aus dem Kopf: Muss mir erst etwas Peinliches passieren, damit ich einen menschlichen Anstrich bekomme? Wirke ich im Normalzustand wie ein Roboter oder wie eine außerirdische Lebensform? Was macht einen Menschen eigentlich sympathisch?
Vergiss den guten Eindruck
Kennen Sie den Spruch »Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance«?
Ehrlich gesagt, für mich klingt das hart und erpresserisch, so nach dem Motto: Streng dich an, sonst bist du bei den anderen unten durch – für immer. Das ist natürlich Quatsch.
Der erste Eindruck ist wichtig, aber damit hört der Kontakt ja nicht auf. Es gibt einen zweiten, einen dritten, einen vierten Eindruck und die zählen auch. Das Blatt kann sich während des Kontakts noch wenden. Sie können, wie ich,
einen guten ersten bis vierten Eindruck abliefern und sich dann beim fünften bis zehnten Eindruck total blamieren.
Ich selbst habe es aufgegeben, absichtlich einen guten Eindruck zu machen. Bei mir klappt das nicht. Je mehr Mühe ich mir gebe, erfolgreich und attraktiv rüberzukommen, umso eher geht der Schuss nach hinten los.
Ich ziehe mich gut an, frisiere und schminke mich perfekt, betrete erhobenen Hauptes den Raum und dann stolpere ich wie Dick und Doof über Teppichkanten und Türschwellen. Ich präsentiere mich absichtlich sehr ruhig und gelassen und im nächsten Moment fallen mir alle Papiere aus der Hand. Während ich selbstbewusst, mit überzeugender Stimme meine Erfolge aufzähle, klemmt zwischen meinen Vorderzähnen ein großes Stück Petersilie.
Ehrlich, wenn Sie wissen wollen, wie man einen guten Eindruck macht, lesen Sie bitte ein anderes Buch. Ich kann Ihnen erklären, wie Sie es problemlos schaffen, bei einem eleganten Geschäftsdinner die weiße Tischdecke mit Salatdressing zu verzieren.
Lass die Leute denken, was sie wollen
Ich möchte Ihnen hier eine lebenslange große Erleichterung verschaffen. Und die lautet:
Der Eindruck, den Sie auf andere Leute machen, geht Sie nichts an. Was andere Leute wirklich über Sie denken, ist allein deren Sache. Es ist nicht Ihre Angelegenheit, in welche Schublade Ihre Mitmenschen Sie stecken. Stellen Sie darüber keine Vermutungen an, hegen Sie keine Erwartungen. Was sich in den Köpfen Ihrer Mitmenschen abspielt, können und müssen Sie nicht kontrollieren.
Aber keine Angst, so ganz ohne Einfluss bleiben Sie nicht. Ich weiß, Sie
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