Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)
einen Drink reichen möge. Sie trug eine Shorts und ein gestreiftes Matrosenhemd, und das Gras kitzelte sie an den Beinen. Sie streifte die Sandalen ab, drehte sich auf den Bauch und schaute in die Runde. »Na, wer von euch ist die Nächste? Wer kommt nach Daphne?«
»Guck mich nicht an«, sagte Agatha. »Piper ist diejenige mit einem Freund.«
»O mein Gott«, sagte Piper. »Beschrei es lieber nicht.«
»Heiraten ist also immer noch cool, ja?«, fragte Celeste. »Immer noch ein Ziel für Frauen in eurem Alter? Ich hätte gedacht, ihr würdet eher für irgend so ein geiles modernes schwedisches Beziehungsmodell votieren.«
»Heiraten ist offensichtlich cool«, sagte Agatha gedehnt. »Sonst würde Daphne es nicht machen.«
Daphne schnaubte. »Daddy würde sterben, wenn ich ein uneheliches Kind zur Welt brächte. Und zwar wirklich sterben.«
»Du meinst«, sagte Celeste, »du würdest gar nicht heiraten, wenn dein Vater nicht wäre?«
»Na ja, Mom auch. Und die Duffs. Aber nein, wenn es nach mir ginge, würden wir damit noch warten, damit ich auf den Bildern nicht schwanger bin.«
»Ich möchte wahnsinnig gern heiraten«, sagte Piper. »Es ist so romantisch.«
»Ja, das finde ich auch«, sagte Celeste. Sie pflückte einen Grashalm und kitzelte sich mit der wächsernen Kante die Lippen. »Aber romantisch ist nicht gleich klug.«
»Das ist doch eher gut«, sagte Agatha. »Stellt euch vor, alle wären immer nur klug.«
»Hmm«, sagte Celeste. »Dann hätte ich nie geheiratet, und die Welt wäre eine andere.«
»Meine Eltern aber schon«, sagte Daphne. Sie hatte sich wieder auf den Rücken gedreht, und ihre Stimme drang über ihren Bauch zu den anderen.
»Das stimmt«, sagte Celeste.
Agatha schlug die goldenen Beine über und wippte mit ihrem schlanken, schmutzigen Fuß. »Wie war Winn, als er jung war?«, fragte sie scheinbar gleichgültig. »Ich kann ihn mir irgendwie nicht vorstellen. Biddy ja, aber Winn, nein.«
Celeste verspürte ein Prickeln. Die kleine Nymphe war interessiert. Sie quälte sich nicht gern, deswegen unterließ sie es normalerweise, sich näher mit den Vorzügen junger Frauen zu beschäftigen, und hatte das junge Mädchen bisher nicht mehr als flüchtig taxiert und für hübsch befunden (oder auch mehr als hübsch, aber von der Art, die bald ins Ordinäre umschlagen würde). Doch nun wandte sie ihre volle Aufmerksamkeit dem bemerkenswerten Körper in dem verschossenen, beinahe durchsichtig gewordenen Bikini zu. Sie war schlank, aber nicht mager. Langgliedrig und trotzdem klein. Bar erweiterter Poren oder Zellulitis oder Dehnungsstreifen oder Haare an den falschen Stellen. Selbst etwas so Banales wie ihre Kniescheibe war fein geformt, sehenswert, erstklassig.
Doch dieses Mädchen konnte sich vermutlich vor Männern kaum retten. Warum sollte sie den alten Winnifredwollen? Was konnte sie bloß an ihm finden, außer dass er tabu war und alles andere als der übliche Liebhaber und dass seine altväterliche Verliebtheit so abgeschmackt war? Lauter Dinge, die nicht zu unterschätzen waren. Ehemann Nr. 3, Wyeth, war der am wenigsten gut aussehende ihrer Männer gewesen, den sie jedoch am meisten geliebt hatte, und jetzt verbrannte er sein Vermögen auf Sankt Bartholomäus, da sich zwar offenbar nicht die Reize langbeiniger, pferdegesichtiger Jugend, aber bald die Attraktivitäten Boliviens abgenutzt hatten. Doch Wyeth war von Anfang an Diebesgut gewesen, ein Unglückspenny, und Celeste hatte schließlich eingesehen, dass sie selbst am meisten Schuld an dem Kummer trug, der ihr aus dieser Ehe erwachsen war. So etwas sollte Biddy nicht passieren. Biddy war immer ein so gefügiges Geschöpf gewesen, hochkompetent, aber gefügig, als Kind glücklich, ihre Schwestern zu bedienen, danach ein ernster Blaustrumpf und dann eine selbstlose Ehefrau. Sie zu betrügen wäre der Gipfel der Grausamkeit. Das hier war wirklich verrückt. Agatha konnte unmöglich etwas von Winn wollen.
»Oh«, sagte Celeste mit einem künstlichen Seufzer, »da will ich mal in meinem Gedächtnis wühlen. Ich glaube – ich glaube – ja, jetzt weiß ich’s wieder. Winn war genauso wie jetzt. Er war immer so und wird immer so bleiben.«
Piper stieß ein schrilles Quäken aus, das Celeste für Lachen hielt. »Das kann doch nicht alles sein. Erzähl. Wie war er?«
»Nein, wirklich, mir fällt überhaupt nichts ein, das sich geändert hätte.«
Daphne bewegte sich. »Mom hat mal gemeint, er hätte einen schlimmen Ruf gehabt,
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