Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
Vom Netzwerk:
immer wieder erklärt, war besonders dämlich, weil er schon lange auf der Warteliste gestanden hatte, bevor Teddys unglückseliges Sperma den Weg zu Livias Ei gefunden hatte. Biddys Ansicht nach hatte Winn alles getan, was er konnte, um im Pequod Aufnahme zu finden, und alles Weitere war Schicksal. Es gab keinen Anlass zu Angst, keine Notwendigkeit für Verschwörungstheorien. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte die Verzögerung nichts mit den Fenns zu tun, sondern nur mit den inneren Angelegenheiten des Clubs und seinen Quoten. Und selbst wenn die Fenns das Problem waren, dann lag das höchstwahrscheinlich viel eher an Winn als an Livia. Biddy war sich ziemlich sicher, dass die Fenns ihre Tochter ehrlich gemocht hatten und nicht glaubten, sie hätte versucht, ihren Sohn in die Ehe zu zwingen. Und überhaupt, warum sollte man um die Mitgliedschaft in einem Club buhlen, in dem man nicht willkommen war? Doch Winn sah überall die Folgen von Livias Fehltritt, als wäre ihr Uterus der Quell allen Unglücks auf der Welt.
    »Ich sage dir«, sagte Winn, »ich habe gute Lust, Jack anzurufen und die Sache ein für alle Mal zu klären.«
    »Nein«, sagte Biddy. »Nicht an diesem Wochenende, Winn, bitte.«
    Vom Dach ertönte Celestes Stimme: »Winnifred!« Winn verzog das Gesicht. »Huhu, Winnifred! Die Hummer sind da!«
    Um die Hausecke kam ein Mann in Weiß. Er schob einen Sackkarren mit zwei großen Pappkartons über den Kies und war vor Anstrengung hochrot im Gesicht. Auf beiden Kartons prangte das Bild eines großen roten Hummers.
    »Van Meter?«, fragte er mit einem Blick zum schwarzen Schriftzug auf dem oberen Karton. »Zwanzig Hummer?«
    »Da sind Sie hier richtig«, sagte Winn. Er trat vor und hob den ersten Karton von der Sackkarre, stellte ihn auf den Boden und nahm den Deckel ab.
    Der Lieferant sah skeptisch zu. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Das weiß ich noch nicht«, sagte Winn. »Deswegen schau ich nach.« Er hob einen Hummer nach dem anderen aus dem Karton und hielt ihn in die Luft, um zu sehen, ob er die Fühler und die zusammengebundenen Scheren bewegte, und legte dann alle wahllos auf einen Haufen auf dem Kies.
    »Ich bin sicher, dass sie alle lebendig sind, Winn«, sagte Biddy und versperrte mit ihrem Sportschuh einem Hummer den Weg in die Freiheit. Es hieß, Hummer seien im Grunde bloß gigantische Käfer, und genauso sahen sie aus, wie sie da am Boden krochen und mit den langen Fühlern umhertasteten.
    »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, Schatz«, sagteWinn. Zu dem Lieferanten, der zögernd begonnen hatte, Hummer aus dem zweiten Karton auszupacken, sagte er: »Hier, die mache ich, wenn Sie mir den Gefallen tun wollen, diese wieder einzupacken.«
    »Nein«, sagte Biddy. Sie bückte sich und packte einen Hummer um die Mitte und legte ihn wieder in den Karton. Unten drin war ein Bett aus Seetang. »Das mache ich.«
    »Ihm macht das nichts aus.« Winn sah den Lieferanten an. »Oder?«
    »Nein?«, sagte der Mann verwirrt.
    Biddy packte zwei weitere Hummer auf den ersten, und Winn fischte zwei aus dem zweiten Karton. »Langsam«, sagte sie, »wir kriegen sie durcheinander.«
    »Es ist egal, in welchen Karton sie kommen, Schatz, solange sie lebendig sind.«
    »Sie können gehen«, sagte Biddy dem Lieferanten. »Sie sind doch schon bezahlt, oder?«
    »Augenblick noch«, sagte Winn. »Lass mich hier erst fertig machen.« Biddy hörte auf, Hummer einzusammeln, und schaute mit dem Lieferant schweigend zu, bis Winn den letzten aus dem Karton holte und ihnen vor die Nase hielt. »Nun«, sagte er, »ist doch besser, dass ich nachgeguckt habe. Dieser ist tot.« Die Scheren des Hummers hingen schlaff nach unten wie übergroße Boxhandschuhe und schaukelten mit Winns Bewegungen hin und her. Winn setzte ihn zu seinen lebenden Genossen, richtete sich auf und stemmte die Hände in die Hüften, ganz der Sieger. Alle drei sahen auf den Hummer hinunter.
    »Das ist doch verrückt«, sagte der Lieferant. »Ich habe noch nie gehört, dass jemand einen toten bekommen hat. Die Dinger könnten auf dem Mond leben.«
    »Er hat sich eben bewegt«, sagte Biddy. »Er hat einen Fühler bewegt.«
    »Nein«, sagte Winn. »Das stimmt nicht.«
    Doch Biddy war sich sicher. Der Hummer hatte seinen Fehler zur Seite gestreckt. Während sie zusahen, zuckten die langen dünnen Fortsätze erneut. »Siehst du?«, sagte sie.
    Winn stupste den Hummer mit der Fußspitze an. Er rührte sich nicht. »Er ist auf jeden Fall nicht gesund«,

Weitere Kostenlose Bücher