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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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dass Sterling fragte: »Was ist?«
    »Ich weiß nicht, ob du jemals heiraten solltest, mein lieber Sterling. Ich glaube, lieber nicht. Du bist nicht der Typ dafür.«
    »Und warum nicht?«
    Sie sahen sich mit starrem, unverwandtem Blick an, beide vollkommen unberührt von der Musterung des anderen, und Livia fiel plötzlich auf, wie ähnlich sie sich waren. »Du bist ein intelligenter Junge«, sagte sie. »Aber nicht besonders nett.«
    Sterling nahm das Urteil seiner Großmutter mit Gleichmut auf, und in der darauf folgenden Stille war irgendwo in der Nähe ein merkwürdiges Geräusch zu hören. »Was ist das?«, fragte Francis.
    »Was denn?«, fragte Piper.
    »Psst«, sagte Dominique. »Ich höre es auch.«
    Das Geräusch, ein rhythmisches Schnaufen wie von einer Dampflokomotive, wurde lauter, und plötzlich schoss ein Hund, ein riesiger schwarzer Labrador, wie eine Kanonenkugel aus der Dunkelheit am Ende des Rasens, sprang auf die Terrasse und lief keuchend und schwanzwedelnd von Sessel zu Sessel, als wolle er sich für sein Zuspätkommen entschuldigen. Seine Krallen trommelten einen Flamenco auf das Holz. Livia stieß seine Schnauze aus ihrem Schoß, und er lief direkt weiter zu Sterling, der die intimen Forschungen der neugierigen Nase ohne Interesse verfolgte. Das Licht der Laternen brachte das Fell des Hundes zum Glänzen und ließ das Weiße in seinen Augen aufleuchten. Er war so groß und so rund wie ein Ölfass. »He, geh weg da«, sagte Francis, als der Hund auf den Teller neben seinem Stuhl zusteuerte.
    »Komm her«, rief Agatha. »Komm, mein Junge! Hierher!«
    »Wonach sucht er?«, fragte Dominique, als der Hund an ihrvorbeitrabte, die schwarze Schnauze erst in die Luft gereckt, dann einer unsichtbaren Spur über die Terrasse folgend, dann wieder in die Luft gereckt.
    »Nach dem Schatz der Sierra Madre«, verkündete Oatsie mit ihrer vollen, sonoren Stimme.
    »Wahrscheinlich ist er von der Steuerfahndung«, sagte Sterling.
    Agatha klopfte sich auf die Oberschenkel. »Hierher, Hündchen. Warum mag er mich nicht? Komm her?«
    Livias Vater, der mit den anderen Eltern näher am Haus saß, sprang auf. »Wem gehört der Hund?«, fragte er energisch. »Wer hat den Hund mitgebracht?«
    »Niemand«, rief sie ihm über das Durcheinander hinweg zu. »Er ist einfach aufgetaucht.«
    »Ich dachte, es käme eine Stripperin«, sagte Charlie.
    »Hierher!«, rief Agatha.
    »Passt auf, dass er nicht an die Hummerpanzer geht«, sagte Dicky senior, ohne sich von seinem Platz zu rühren.
    Greyson, der gerade aus dem Haus kam, betrachtete die Szene und bekam den Hund am Halsband zu fassen, woraufhin dieser sich gutmütig hinsetzte, die schwarz-rosa Zunge aus dem Maul hängen ließ und mit dem Schwanz wedelte. »Darf ich vorstellen«, sagte Greyson und warf einen Blick auf das Halsband. »Das ist Morty.«
    »Morty?«, kreischte Piper. »Nie im Leben.«
    »Wo ist er hergekommen?«, fragte Winn immer wieder. »Was will er hier?«
    Grinsend schaute der Hund von rechts nach links, als wolle er sich alle Gesichter merken. Ein zäher Speichelfaden löste sich von seinen Lefzen und landete auf Greysons Hand.
    »Igitt!«, sagte Greyson und ließ das Halsband los. »Er hat mich vollgeschleimt!«
    Der Hund, nun wieder frei, rannte noch wilder umher als zuvor und wich in schlitterndem Slalom jedem aus, der die Hand nach ihm ausstreckte. Alle waren aufgesprungen und riefen den Hund, lockten den Hund oder verfolgten den Hund. Schließlich erblickte Morty seine Chance, sprang mit einem Satz von der Terrasse und verschwand in der Dunkelheit. Agatha, die nur das Objekt ihrer Begierde im Blick hatte und nicht den Boden unter ihren Füßen, folgte ihm blindlings und landete der Länge nach auf dem Rasen. Einen kurzen Moment lang hing verdutztes Schweigen über der Szene, dann brachen alle in schallendes Gelächter aus, krümmten sich gackernd und keuchend auf ihren Sesseln. Livia hielt sich den Bauch vor Lachen, und als sie den tränenverschleierten Blick hob, wurde ihr klar, dass der Höhepunkt der Party nun überschritten war.
    Ihr Vater kniete am Rand der Holzterrasse. »Agatha?«, sagte er. »Ist alles in Ordnung?«
    Ihr Gesicht mit der wirren blonden Mähne erschien, gefolgt von ihrer Hand, mit der sie sich, wimmernd vor Lachen, hochzuziehen versuchte. Winn griff nach der Hand und bemühte sich, sie auf die Beine zu hieven. Sie schwankte hin und her wie ein zerzauster, barfüßiger Kobold und versuchte, sich die Tränen aus den Augen und die

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