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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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er die Absicht, Winns Beziehung zu Ophelia zu sabotieren. Aber warum? Haviland sollte dankbar sein, dass er Interesse zeigte. Winn hatte angenommen, es sei für jedermann offensichtlich, dass er ganz andere Frauen hätte haben können und dass sein Bemühen um Ophelia ein Zeichen von Reife war, ein Loslassen von romantischen Idealen seiner Jugend.
    »Missfällt es Ihnen, dass ich mit Ophelia zusammen bin?«, fragte er.
    Der andere betrachtete ihn neugierig. »Nein. Aber ich dachte, wir sollten miteinander reden, bevor es zu ernst wird. Es wäre am besten, wenn die Sache nicht zu ernst würde.«
    Mit aller Würde, die er aufzubringen vermochte, ging Winn durch den Raum und stellte sein Queue ins Gestell ander Wand. Als er sich wieder umdrehte, sagte er: »Ich denke, Brother Haviland« – das war die Anrede der Mitglieder des Ophidian untereinander –, »Sie haben heute Abend mehrere Fehler gemacht und werden sie eines Tages alle bedauern.«
    Haviland neigte den Kopf zu einer Seite. »Wissen Sie«, sagte er, »ich finde es interessant, dass Ihr Vater Sie nach Cunningham benannt hat. Ich vermute, es war seine Art, sich darum zu bemühen, die Geschichte zu legitimieren. Wie sagt man noch? Angriff ist die beste Verteidigung.«
    »Ich wurde nach dem Onkel meines Großvaters benannt«, sagte Winn steif.
    »Wie Sie meinen.« Haviland begann sich vorzubeugen und zu stoßen, vorzubeugen und zu stoßen, und dabei die Kugeln wahllos, aber mit wohlgeschulten Stößen in die Taschen zu versenken. »Es mag Sie vielleicht trösten, dass der Vespasian in seiner Geschichte eine ganze Reihe ähnlicher Fälle aufweist. Wissen Sie, was man gefunden hat, als man nach dem Tod von Arthur Andrew Depuis zum ersten Mal das Gebäude betrat? Caligulas Lustschlösschen. Nackte Statuen, anstößige Gemälde, außergewöhnliche Stammeskunst. Auf dem Fußboden im Foyer befand sich das Mosaik eines nackten jungen Hirten, der das Horn einer Ziege liebkoste. Ich wünschte, ich wäre eine Fliege an der Wand gewesen, wann immer die Seahorse Society zur Tür hereinkam. Natürlich wusste niemand davon. Er hinterließ ihnen das Haus als eine Art Witz, weil sie ihm die Aufnahme in ihrem Club verweigert hatten. Menschen lassen sich alles Mögliche einfallen, um sich an denen zu rächen, die sie ausgeschlossen haben – ist das nicht interessant? Ich hätte Ihre Aufnahme in den Ophidian verhindern können, wissen Sie, aber ich habe darauf verzichtet. Ich bewundere Sie, Winn. Sie haben Ehrgeiz.Zum Glück für die Seahorse Society hatte Depuis ein Herz für Antiquitäten generell und nicht nur für die männliche Figur, so dass allerlei zu retten war, das Schwimmbad zum Beispiel. Und ich glaube, auch die meisten Gemälde sind noch von Depuis. Es war einfacher, schlicht zu behalten, was akzeptabel war, und dem Ganzen einen neuen Namen zu geben. Auf die Weise musste man das Haus nicht entkernen. Vermutlich war es das Beste so. Hätte man es damals mit Seepferdchen dekoriert, hätte das wohl kaum weniger suspekt gewirkt als zu Depuis’ Zeiten.« Der Tisch war wieder ein leeres grünes Feld. Haviland stellte sein Queue ab und nahm sein Glas.
    »Sie scheinen sich mit derlei sehr gut auszukennen«, sagte Winn. »Ist das eine Art Hobby von Ihnen?«
    Haviland lächelte ohne jede Belustigung. »Ich hoffe, Sie verstehen, dass es nichts Persönliches ist. Sollten Sie je eine Tochter haben, werden Sie es begreifen.«
    Winn hatte so grausam mit Ophelia gebrochen, wie er es über sich brachte. Er rief sie nicht mehr an, hielt die Verabredungen, die sie bereits hatten, nicht ein und erschien mit dem schönsten Mädchen, das er auftreiben konnte, zu einer Party, auf der er sie ganz gewiss treffen würde. Sein schlechtes Gewissen meldete sich kurz, als er Ophelia an Harry Pitton-Whites Tür stehen sah, ihr trauriges Gesicht, die Tränen in den vorstehenden Augen, und dann mitbekam, wie tapfer sie sich zusammenriss. Sie trug ein kurzes Sommerkleid mit rosa und grünen Elefanten – sie hatte wirklich wunderschöne Beine. Er wandte sich ab und tat so, als wäre er ganz in die Geschichte vertieft, die seine Begleiterin ihm erzählte, davon wie sie früher im Foxcroft verbotenerweisegeraucht und die Zigaretten aus dem Fenster gehalten hatte. »Wilde Zeiten!«, sagte sie in einem fort.
    Der Abend begann für ihn als Erfolg. Ophelia sah furchtbar mitgenommen aus. Seine Freundin sah umwerfend aus. Harry Potter-White nahm ihn beiseite und deutete mit dem Daumen in die Richtung der

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