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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zu ihrem Arm, umfing ihren Ellbogen und führte sie um die Ecke an einen stilleren Flecken. Fraglos war es ihm peinlich, mit einer flennenden Frau auf der Straße zu stehen.
    »Entschuldigung«, sagte Ven wieder. »Gott, sieh mich einer an! Was bin ich für eine bescheuerte Kuh.«
    »Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen?«, fragte Nigel sanft. »Ich weiß, dass Sie für sich sein möchten und Pläne haben, aber ich kann Sie leider nicht allein lassen, ehe Sie sich wieder besser fühlen.«
    »Keine Sorge, mir geht es gut, ehrlich«, sagte Ven tapfer, obwohl für jeden offensichtlich sein dürfte, dass es gelogen war.
    »Sie haben noch über drei Stunden in Venedig«, entgegnete Nigel mit einem kurzen Blick auf seine Uhr. »Ich stehle Ihnen fünfzehn Minuten davon und führe Sie in mein Lieblingscafé aus, das Caffè Angelo, wenn Sie erlauben. Es ist nur zwei Minuten von hier, und ich denke, Sie sollten sich eine Weile hinsetzen und ausruhen.«
    Ven wollte widersprechen, aber er hatte recht. Genau das brauchte sie jetzt. Also hielt sie den Mund und ließ sich von ihm eine enge Straße hinunter und über eine winzige Eisenbrücke führen.
    »Es ist ein bisschen versteckt«, erklärte Nigel. »Und da wären wir schon.« Sie standen vor einem hübschenkleinen Café. Innen sah es wie eine Miniaturversion des Gran Caffè Polo aus: wunderschöne Spiegel an Pastellwänden. Nur hatte dieses Café außerdem die riesigste Eistheke, die Ven jemals gesehen hatte.
    »Das Eis ist hausgemacht, und, glauben Sie mir, es ist das beste Gelato der Welt«, flüsterte Nigel.
    Ein lächelnder Mann mit strahlenden Augen und dichtem grauen Haar begrüßte Nigel mit einer Umarmung und in lautem Italienisch.
    »Venice, darf ich Ihnen meinen Freund Angelo vorstellen?« Angelo schüttelte Ven derart eifrig die Hand, dass sie abzubrechen drohte.
    »Tisch für zwei für den Capitano«, rief Angelo einem jungen Kellner zu, der eilig einen Tisch für sie freiräumte. »Möchten Sie Mittagessen, Signorina?«
    »Nein, ich denke nur Kaffee und vielleicht ein Eis«, antwortete Nigel und blickte Ven fragend an. Sie nickte. Nun sagte Nigel in sehr schnellem und fließendem Italienisch etwas zu Angelo, worauf der ältere Mann lachte.
    »Wow!« Ven war beeindruckt. »War das Kauderwelsch oder echt?«
    »Mir sind Fremdsprachen immer schon leicht gefallen«, sagte Nigel frei von jedweder Überheblichkeit. »Ich komme recht gut auf Italienisch, Spanisch und Französisch klar. Mein Deutsch und Portugiesisch sind nicht so berauschend, aber daran arbeite ich. Und mein Englisch geht gerade so«, ergänzte er grinsend.
    Der Kellner brachte ihnen zwei ellenlange Speisekarten und fragte Nigel, was für einen Kaffee sie wollten.
    »Für mich einen Latte grande. Venice, welchen Kaffee möchten Sie?«
    »Ich nehme dasselbe, danke«, sagte Venice. Sie sah auf die Speisekarte, die ausschließlich Eissorten und verschiedene Eisbecher aufführte   – und das seitenweise.
    »Sie müssen einen Eisbecher kosten, vor allem an Ihrem Geburtstag«, sagte Nigel, »aber natürlich nur, wenn Sie Zeit haben.«
    »Ich habe Zeit.« Ven genoss es, in dieser schönsten aller Städte für eine Weile nicht allein zu sein. Und als sie den Kellner mit zwei großen Gläsern voller Eiskugeln mit Sahne, Sauce und Kirschen vorbeigehen sah, wollte sie nicht einmal mehr versuchen, sich zu zieren. Sie studierte die Karte und konnte ihre Wahl auf immerhin fünfzehn Eisbecher eingrenzen, dann auf fünf, und schließlich entschied sie sich für »Cappuccino Fantastico«. Nigel nahm »Midnight Mint Magnifico«. Ven überließ es ihm, ihre Bestellung aufzugeben.
    Durchs Fenster sah sie ihre drei Freundinnen die Eistheke bewundern. Kaum entdeckten sie Ven, tuschelten sie hektisch und verschwanden kichernd. Wie überaus subtil, dachte Ven, denn selbstverständlich hatte Nigel sie ebenfalls bemerkt und war sichtlich verwirrt.
    »Die drei waren schon in der Schule total peinlich«, entschuldigte Ven sich lächelnd. »Ich weiß selbst nicht, wieso ich mich noch mit ihnen abgebe.«
    »Ah, dann sind Sie alte Freundinnen.« Offenbar hatte Nigel schon überlegt, in welcher Beziehung die vier Frauen zueinander standen. Oh Gott, er hatte hoffentlich nicht gedacht, sie wären zwei lesbische Paare, oder?
    »Ja, alte Freundinnen. Zwei von uns sind in einer festen Beziehung   – mit Männern   – und zwei solo.« Nein! Das war definitiv eine übertriebene Betonung ihres Single-Status. »Glückliche Singles«,

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