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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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meiner Eltern, nur steckt das voller trauriger Erinnerungen.«
    »Das verstehe ich.«
    Ven setzte ein Lächeln auf, denn sie bekam auf einmal Angst, Nigel könnte sie für eine Problemfrau mitHang zum Drama halten. »Nicht dass Sie jetzt denken, ich wäre eine unglückliche alte Schachtel. Ich glaube fest daran, dass nichts ohne Grund geschieht. Alles ergibt früher oder später einen Sinn. Meine Eltern waren immer sehr zuversichtlich, glaubten an Karma, auch wenn sie es noch nicht so nannten. Und sie hatten recht, denn   …« Fast hätte sie es ausgeplaudert! »… denn jetzt sitze ich in Venedig, Ian ist Vergangenheit, und das Leben ist schön.«
    »Außerdem sind Sie heute vierzig, sehen Jahre jünger aus, und ich zumindest nehme Ihnen kein Geld ab.«
    Ehe sie protestieren konnte, hatte Nigel sich die Rechnung vom Tisch geschnappt und seine Brieftasche aufgeklappt. »Wenn Sie auf mich warten, helfe ich Ihnen, das Hotel zu finden«, sagte er und verschwand im hinteren Teil des Cafés, wo die Toiletten waren. Er kam rechtzeitig zurück, um Ven im Gespräch mit einem amüsierten Angelo vorzufinden.
    »… quarant’anni, mi vuoi   …«
    Nigel hüstelte laut. »Schon gut, ich denke, ich weiß, wo das Hotel ist. Grazie Angelo, arrivederci. «
    » Arrivederci, signorina, Capitano. Ich hoffe, ich sehe Sie bald wieder.«
    Nigel führte Ven rasch aus dem Café.
    »Sie haben mich mitten im Italienisch-Üben unterbrochen«, sagte sie.
    »Nun ja, die Sache ist die   …«, begann Nigel. Wie sage ich das am besten? »Die Venezianer drücken sich oft anders aus als die übrigen Italiener«, log er. »Es ist ungefähr so wie der Unterschied zwischen einem Glasgower Akzent und einem aus Cornwall. Was Frankie Ihnen beigebracht hat   … äh   … lässt sich hier so nicht übersetzen.«
    Zu seiner Erleichterung schien Ven ihm zu glauben. »Ah, verstehe. Tja, dann war es vergebliche Mühe, den Satz zu lernen.«
    »Es ist wohl das Beste, Sie überlassen mir das Reden«, sagte Nigel und begleitete sie aus der schmalen Straße.
    Olive stieg vom Vaporetto, dem Wasserbus, der auf der kleinen Insel Murano angelegt hatte.
    »Hier wollte ich immer schon mal hin«, sagte sie zu den anderen beiden. »Barnsley war übrigens früher mal berühmt für seine Glasbläsereien. Deshalb haben wir einen Glasbläser auf dem Stadtwappen.«
    »Du klingst wie Mrs. Euston.« Roz zog eine Grimasse, denn sie hatten die schreckliche alte Klassenlehrerin gehasst. »Fang jetzt bitte nicht an, deine Augenbrauen zu einer Raupe zusammenwachsen zu lassen.«
    Ein großer, gut aussehender Italiener begrüßte die Touristen und bat sie, ihm zu folgen.
    »O-ho, jetzt wird’s spannend«, murmelte Frankie.
    »Wo bringt er uns hin?«, fragte Roz.
    »In den Himmel und zurück, will ich hoffen.« Frankie lachte.
    Aber sie wusste ebenso gut wie alle anderen, dass sie zu einer Glasbläser-Vorführung gebracht wurden und von dort aus zu einem der Läden, wo sie möglichst ein Murano-Glas als Andenken kaufen sollten   – oder, besser noch, einen gigantischen Spiegel oder Kronleuchter, den sie sich nach Hause schicken ließen. Sie folgten dem hübschen Italiener in eine Werkstatt voller Bänke, brutal aussehender Werkzeuge und Brennöfen. Dort wartete ein rundlicher Mann mit sehr behaarten Armen, einem karierten Hemd und extrem ausgeleierten Jeans, dasssich alle versammelten. Er wirkte eher wie ein Landstreicher und nicht wie ein Künstler, als er sich mit Enrique vorstellte, Glasbläsermeister. Angeblich waren die Glasbläser von Murano so etwas wie die Rockstars der Geschichte und sehr begehrt als Ehemänner. Roz hoffte, dass sie im Mittelalter besser gekleidet gewesen waren als Enrique. Neben ihm wirkten die Rolling Stones wie menschgewordene Bügelfalten.
    So langweilig dies hier auch aussehen mochte, und obwohl sie nur aus lauter Freundschaft zu Olive mitgekommen war, faszinierte Roz nicht minder als alle anderen, wie ein Klumpen Glas erhitzt, gerollt und zu einem fragilen Ferrari-Pferd geformt wurde. Der alte Enrique erntete zu recht reichlich Applaus. Nicht dass es irgendwas an seinem Sex-Appeal änderte. In seinem Job mochte der Mann brillant sein, aber er wurde deshalb nicht gleich mit Schlüpfern beworfen.
    Hinterher gingen die drei Frauen durch den Laden, stießen angesichts der prächtigen Spiegel und Lampen jede Menge »Ohs« und »Ahs« aus und bemühten sich, nichts umzureißen.
    »Ich kaufe das hier für Ven«, sagte Olive, die ein rotes Glasherz an

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