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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Geschäften um, in denen es schönste Lederwaren und Möbel gab, und guckte sich die Schaufenster von einigen berühmten Designerläden an. Ein händchenhaltendes Paar ging an ihr vorbei, und Ven spürte oben links in ihrer Brust einen schmerzlichen Stich. Sie war in der romantischsten Stadt der Welt und allein. Nein, mehr als das: Sie fühlte sich allein, weil um sie herum ausschließlich Paare, Familien und Gruppen waren. Für einen Moment wurde sie panisch und wollte zurücklaufen, um die anderen zu suchen. Auf einmal begriff sie, dass es ein Fehler gewesen war, allein hier herumlaufen zu wollen.
    Tränen brannten in ihren Augen, als sie tat, als würde sie die unzähligen Eissorten bewundern, die in einem Geschäft angeboten worden. Dann fiel ihr Blick auf das Spiegelbild eines großen Mannes hinter ihr. Sie brauchte einige Sekunden, bis sie ihn ohne Uniform erkannte.
    »Hallo, Venice. Alles Gute zum Geburtstag«, sagte der Mann, als sie sich zu ihm umdrehte.
    »Oh, hallo, Captain«, antwortete sie und überlegte fieberhaft, was sie sagen könnte. »In Blau sehen Sie so anders aus.«
    In der abgeschnittenen Jeans und dem kornblumenblauen T-Shirt sah er kein bisschen weniger gut aus, meldete ihr schwärmendes Herz. »Ach ja, und vielen Dank für die reizenden Blumen. Das war eine reizende Überraschung.«
    »War mir ein Vergnügen. Haben Sie die richtigen Trüffel bekommen, mit Mokkageschmack?«
    »Die Trüff… Oh, die waren auch von Ihnen?« Ven merkte, dass sie glühend rot wurde. Trüffel und Rosen konnten unmöglich die übliche Aufmerksamkeit gegenüber Passagieren sein, die an Bord Geburtstag hatten. Flirtete er mit ihr? Oder war er einfach nur nett? Oh Gott, sie war unterirdisch schlecht im Deuten von Signalen!
    »Ja, ja, die habe ich auch bekommen«, murmelte sie. »Vielen Dank. Das war ganz reizend von Ihnen.« Kennst du keine anderen Adjektive außer »reizend«?
    »Ihre Freundinnen haben mir verraten, dass Sie die mit Mokkageschmack am liebsten mögen«, fuhr Nigel fort.
    »Ja.« Ven nickte und hatte keine Ahnung, was sie sagen könnte, in dem nicht das Wort »reizend« vorkam. Ihr wurde schon ein bisschen komisch. Krieg dich ein , warnte ihr Verstand ihr klopfendes Herz.
    »Sind Sie ganz allein unterwegs?«, fragte Nigel.
    Wollen wir vielleicht in das kleine Hotel dort gehen, damit ich Ihnen ein richtiges Geburtstagsgeschenk machen kann   …? Ven versuchte, ihre wildwuchernde Fantasie zu bändigen und vernünftig zu sein.
    »Ähm, ja. Ich habe gerade mit den anderen gegessen und bin auf der Suche nach meinem Hotel.«
    »Vergessen Sie nicht, sich dort fotografieren zu lassen, damit Sie es zu Hause Ihren Eltern zeigen können.«
    Sie war ohnehin schon den Tränen nahe, und seine Worte trafen sie mit voller Wucht. Für einen Sekundenbruchteil war sie drauf und dran zu sagen, ja, das würde sie. Es war, als gäbe es in dem Augenblick die Möglichkeit einer Zeitverschiebung hin in eine andere Realität. Dann hob sich der Nebel, und die Wahrheit ernüchterte sie. Ven bemühte sich nach Kräften, ihre Tränen zurückzuhalten und sich nicht vor diesem umwerfenden Mann lächerlich zu machen, aber sie schaffte es nicht. Schon kullerten sie ihr schneller über die Wangen, als Ven sie wegwischen konnte.
    »Mein Gott, Venice, was habe ich gesagt?«, hauchte Nigel, während sie hektisch abwinkte, weil sie keinen Ton herausbrachte, und in ihren Taschen und ihrer Handtasche nach einem Tempo suchte. Aber natürlich wollte es das Pech, dass sie keines bei sich hatte. Und sie konnte den Kopf gar nicht so weit senken, dass Nigel nicht sah, wie sie heulte. Er legte seine Hand auf ihre Schulter, von der eine wohlige, tröstende Wärme ausging. Nun flossen die Tränen erst recht.
    Dann drückte Nigel ihr sanft sein Taschentuch in die Hand, und Ven blieb nichts anderes übrig, als es zu benutzen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Ven, rang um Fassung und hüstelte. »Meine Eltern sind leider beide schon tot.«
    »Das tut mir entsetzlich leid.« Nigels melodische tiefe Stimme und seine Hand auf ihrer Schulter wirkten wunderbar beruhigend.
    »Sie konnten es ja nicht wissen.« Ven rang sich ein Lächeln ab, von dem sie sicher war, dass es nicht toll aussah. Wieder liefen die Tränen. Sie stampfte wütend mit dem Fuß auf, was eine eher fragwürdige Methode war, einen Heulkrampf zu stoppen.
    »Kaffee, Cappuccino, Latte!«, brach plötzlich eine Art Heißgetränke-Tourette aus Nigel hervor. Seine Hand auf ihrer Schulter glitt hinab

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