Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
konnte, fand ich es nicht gut, Kinder zu kriegen. Ich hatte nie ein glückliches Händchen, was Männer betrifft. Wenn ich genau bedenke, hatten alle meine bisherigen Kerle zusammen nicht mal genug Eier für einen. Was ist mit dir?«
Noch bevor Vaughan antwortete, spürte Frankie, wie sich die Atmosphäre veränderte, als würde ein kalter Wind über sie hinwegfegen.
»Glücklicher Single«, sagte er, biss in seine Pizzakante und riss sie ab. »Ich habe mich zu dieser Kreuzfahrt breitschlagen lassen, weil ich mir sicher war, dass ich hier definitiv keine Frau kennenlerne. Eine Urlaubsaffäre ist exakt das, was ich weder will noch gebrauchen kann.«
Frankie war platt. Was zum Henker habe ich gesagt, dass ihm prompt das Lächeln vergeht? In seinen Augen lag keine Wärme mehr. Sie wirkten eisig, ohne eine Note von tropischem Meer.
»Bist du schon lange Single?«, fragte Frankie sanft und hoffte, wieder ein wenig an Boden zu gewinnen.
»Seit vier Jahren.« Er leerte sein Bierglas.
»Vier Jahre sind’s bei mir auch – ein paar Monate mehr oder weniger.«
Zu ihrem Unglück stand Vaughan auf und griff nach dem Portemonnaie in seiner Gesäßtasche.
»Nein, ich sagte doch, dass ich bezahle«, protestierte Frankie.
»Ich kann keine Frau für mich bezahlen lassen«, widersprach er und zückte ein paar Scheine.
»Nein, ich bestehe darauf …«
Aber Vaughan hatte schon einen vorbeieilenden Kellner gekidnappt und ihm das Geld mit den Worten in die Hand gedrückt, der Rest wäre für ihn.
»Danke für die Gesellschaft«, sagte er kühl-höflich zu Frankie. »Hör zu, ich will mir ein bisschen die Beine vertreten. Genieß den Rest deiner Ferien, ja?«
»Äh, ja.« Mehr brachte Frankie nicht heraus, als Vaughan sich mit einem Winken umdrehte und wegging. Einfach so. Eben noch hatte er verhalten mit ihr geflirtet, im nächsten Moment zog er alle Stecker, es wurde dunkel, und er war weg. Frankie saß da, die Enttäuschung lastete wie Blei auf ihren Schultern, und sie überlegte. Sie analysierte das Gespräch eben. War sie zu männerfeindlich gewesen? Oder hatte sie angedeutet, dass sie eine ganze Reihe von Liebhabern gehabt hätte, und wie eine Schlampe gewirkt? Hatte sie verzweifelt geklungen? Wie eine Kinderhasserin? Wie eine, die nur scharf aufs Geld war? Sie hatte keine Ahnung. Alles, was sie wusste, war, dass sie auf einer bezaubernd schönen Insel hockte und sich so unglücklich, allein und traurig fühlte wie seit Jahren nicht mehr.
Später beobachteten sie das Ablegen vom obersten Deck aus. Das Meer leuchtete in Nuancen von Smaragd und Saphir wie in einer alten Bounty-Reklame. Auf dem weiten Berghang standen Kirchen, scheinbar unmöglich zu erreichen, es sei denn von den besonders Gläubigen mit extrastarken Kletterhaken. Alles sah aus, als wäre es mit einer spärlichen Palette von Creme-, Grün-, Hellblau- und Terracottatönen gemalt. Mehr Farben waren auch überhaupt nicht nötig, um die Aussicht vollkommen zu machen. Frankie konnte sie indes nicht würdigen, weil sie so niedergeschlagen war. Daran konnte auch die warme Sonne Korculas nichts ändern.
»Ich verstehe Männer einfach nicht«, sagte sie zu den anderen, als sie hinunter zu den Läden gingen. Die Geschäfte auf dem Schiff öffneten, sobald sie den Hafen verlassen hatten, und weil heute Fiesta-Abend war, gabes Blumenspangen fürs Haar, sehr schrille Hawaiihemden und quietschbunte Shorts im Angebot – die Sorte, wie Royston sie täglich trug. »Ich meine, wir haben uns glänzend verstanden, und dann kann er auf einmal nicht schnell genug weg kommen?«
»Mich darfst du nicht fragen«, antwortete Ven. »Ich tappe bei Männern auch im Dunkeln.«
»Und ich will nicht mal über Männer nachdenken«, sagte Olive, steckte sich eine große rote Blume hinters Ohr und fragte, wie sie aussah.
»Nimm sie«, befahl Roz. »Das sieht klasse aus. Du solltest häufiger Rot tragen.«
Ihre leichte Bräune brachte Olives grüne Augen besonders zum Leuchten, und die viele Sonne hatte ihr noch hellere Strähnen ins Haar gezaubert. Sie fühlte sich frisch und hübsch, als hätte jemand ein Licht in ihr angeknipst.
Wie es das Schicksal wollte, kam in diesem Moment Vaughan die breite Treppe zu den Geschäften hinunter. Hätte ich ihn gesucht, wäre er nirgends zu finden gewesen , dachte Frankie verärgert. War Murphys Gesetz nicht erstaunlich? Sie wollte sich umdrehen und sehen, ob er ihr zuwinkte oder lächelte, doch sie wusste, dass er nichts von beidem tun
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