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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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vor der lispelnden Schlange Kaa.
    »Ich denke, der leichtere Wein ist besser«, sagte sie und bemühte sich, kühl und professionell zu klingen, als wüsste sie, wovon sie redete.
    »Ja, das denke ich auch.« Es war halb geflüstert, halb geraunt. »Ich danke Ihnen. Genau das wollte ich wissen.«
    Hiermit hatte dieses kleine Intermezzo sein natürliches Ende erreicht. Raul nahm Roz’ Hand und half ihr auf   – was sehr nett war, denn ihre Beine waren nicht annähernd so verlässlich wie noch vor fünfzehn Minuten.
    »Sie müssen in eines meiner Restaurants in London zum Essen kommen«, sagte Raul Cruz an der Tür. »Fragen Sie nach mir und sagen Sie, ›Rosalind mit den eisblauen Augen‹, dann weiß ich, dass Sie es sind.«
    »Mach ich.« Roz schluckte. In diesem Augenblick war sie fest entschlossen, gleich zu reservieren, sobald ihr Handy Empfang hatte.
    Er trat etwas näher und lächelte. »Sie haben den schönsten Mund, den ich je gesehen habe. Wäre ich doch ein freier Mann   …«, seufzte er.
    Roz konnte nichts sagen, weil ihr Herz in ihrem Hals klopfte.
    »Nochmals danke, Rosalind .« Er lud ihren Namen mit solcher Erotik auf, als wäre sie mindestens Brigitte Bardot und Sophia Loren ebenbürtig   – beide in flüssige Schokolade gehüllt.
    »Es war mir ein Vergnügen«, hauchte sie. Federleicht streiften seine Lippen ihre Wange, berührten allerdings auch ihren Mundwinkel, woraufhin Roz lauter denn je schluckte.
    Raul Cruz schloss die Tür hinter der Frau mit den Schneeköniginnenaugen. In Wahrheit war er ein freierMann. Am Ende der Kreuzfahrt würde er die Klatschblätter voll mit Geschichten von seiner jungen, vierten baldigen Ex-Frau vorfinden, die ihm vorwarf, ein Workaholic zu sein und sie in die Arme eines noch jüngeren Liebhabers getrieben zu haben, der es sieben Nächte die Woche mit ihr treiben konnte. Sie wollte Raul dort treffen, wo es wehtat, seinen Ruf zerstören. Sie würde aller Welt enthüllen, dass er trotz seines heißblütigen Äußeren im Schlafzimmer erbärmlich versagte.
    Raul Cruz wusste, dass Männer wie er mit dem Alter attraktiver wurden   – bis zu einem gewissen Punkt. Danach kehrte sich der Prozess leider um, und Raul hatte sich über die Jahre darauf vorbereitet. Er war eitel, ein Künstler, ein Genie, das bewundert werden musste und andere brauchte, die sein Ego streichelten. Aber er besaß auch ein gutes Herz, und er verstand es, glänzend dazustehen, ohne die Frauen reihenweise zu verführen. Vielmehr tat er genau das Gegenteil. Gegenwärtig gab es ein ganzes Heer von Frauen da draußen, mit denen er für eine kurze Weile eine einzigartige Intimität erlebte. Es waren Frauen, die er bei gesellschaftlichen Anlässen kennenlernte, Journalistinnen, Fans und solche, die er in seine Restaurants holte und um Rat bat, welchen Wein er zu welchem Essen reichen sollte   – um ihnen enthusiastisch zuzustimmen.
    Er liebte es, sie vor seinen Augen dahinschmelzen zu sehen. Es bestätigte ihn in seiner maskulinen Macht. Er wusste, dass sie für den Rest des Tages lächelten, weil der große Raul Cruz ihnen seine volle Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ihm gehörte die Zuneigung der Massen   – ein Netzwerk von wogenden Brüsten, die sicher waren, dass keiner eine Frau so ansehen konnte wie erund eine Niete im Bett sein. Es war also für beide Seiten eine Win-Win-Situation.
    Eisköniginnen waren seine liebste Herausforderung: Frauen wie Rosalind, deren frostige Schönheit ihm schon häufiger aufgefallen war, seit er auf dem Schiff war. Er hatte sie aufgetaut wie eine Profi-Mikrowelle. Ja, er hatte es nach wie vor drauf! Und nun gab es eine weitere Frau, die lesen würde, was seine Ex in den Schmutzblättern über ihn verbreitete und wusste , dass es mierda war.
    Auf dem Weg zurück zu ihrer Kabine flatterte Roz’ Herz wie ein erschrockener Wellensittich. Was war eben passiert? Sie hatte nie geglaubt, dass es solch emotional aufgeladene Momente im wahren Leben geben konnte. Vielmehr hatte Roz sie für Ausreden von Leuten gehalten, die sich schlicht daneben benahmen und nach einer höheren Gewalt suchten, der sie die Schuld geben konnten. Nun hatte sie erfahren, dass sie irrte. Was jedoch nicht bedeutete, dass sie über Raul herfallen wollte. Es war ein köstliches, einmaliges Erlebnis gewesen, dem nichts mehr folgen würde.
    Sie stellte sich vor, wie sie die Geschichte wahrnehmen würde, wäre sie umgekehrt abgelaufen. Wie würde sie reagieren, wenn Manus ihr erzählte, dass er

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