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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Glas goss er einen helleren Wein, der eindeutig leichter war.
    »Sagen Sie mir bitte   …« Er bedeutete ihr mit einer Handbewegung, dass er ihren Namen wissen wollte.
    »Rosalind«, flüsterte sie rauchig. Ihr war bewusst, dass sie das »R« rollte, um den Namen sexy klingen zu lassen. Zum Glück waren die anderen nicht hier, denn sie hätten garantiert gebrüllt, weil Roz ihren vollen Namen benutzte.
    »Rosalind«, wiederholte Raul, und aus seinem Mund klang es richtig exotisch. »Welcher ist besser zu diesem Essen?« er nahm ein Stück mariniertes Fleisch von der Platte, rollte es zwischen Daumen und Zeigefinger auf und hob es an Roz’ Lippen. Dann beobachtete er aufmerksam, wie sie so zaghaft wie möglich kaute. Im Fernsehen war Raul Cruz ein Traummann; aus der Nähe nun sah Roz den Bartschatten und die winzige Lücke zwischen seinen Brauen und fand ihn zum Umfallen göttlich.
    »Jetzt trinken Sie«, sagte er, als er Roz schlucken sah. Sie hob das erste Glas zum Mund und schmiegte an ihre Lippen, als wollte sie es küssen. Ihre Nerven standen in Flammen. Das hier fühlte sich mehr nach Sex an als echter Sex. Roz trank. Natürlich hatte sie keinen Schimmer, ob dieser Wein der richtige zu dem Essen war oder nicht. Sie hatte noch nie über fünf Pfund für eine Flasche Wein ausgegeben, und ehrlich gesagt mochte sie auch lieberLager. Aber »Rosalind« würde diesen Moment ganz sicher nicht ruinieren, indem sie es laut aussprach.
    Als Nächstes schaufelte Cruz mit einer winzigen Waffel etwas Kaviar auf. Er hatte schöne lange Finger, bemerkte Roz. Kein Ehering. Sie öffnete den Mund, so dass er ihr die Waffel auf die Zunge legen konnte. Wie ein Priester in einer erotischen Fantasie. Nun probierte Roz den zweiten Wein. Sie waren beide okay, aber Roz tat, als müsste sie überlegen.
    Nun hielt er ihr einen großen Knoblauch-Shrimp hin, von dem sie abbiss. Dabei streiften ihre Lippen seine Finger. Sie nippte wieder am Wein. Es folgte ein kleines Teigviereck mit aromatischer Tomatenfüllung, die Roz ein leises Schnurren entlockte. Der Teig war so leicht, dass sie fürchtete, ihre Stimme würde klingen wie nach einem kräftigen Zug Helium.
    »Gut?«, fragte er.
    »Oh ja«, sagte sie. Leider flog ihr ein Teigkrümel aus dem Mund auf die Lippe. Ehe sie ihn ablecken konnte, tupfte Raul Cruz ihn mit dem Finger weg. Das war surreal, nein, mehr wie eine Szene aus einem Hollywood-film. Genau genommen war es besser, denn sie hatte sich diese bestimmte Szene in 9 ½ Wochen angeguckt und nicht verstanden, warum um die solch ein Tamtam gemacht wurde. Im echten Leben hingegen war von einem Mann gefüttert zu werden   – und nicht von irgendeinem, sondern von Raul Cruz   – ein Erlebnis, bei dem ihr Verstand auszusetzen drohte. Dieser Mann kochte für die größten Stars, hatte mit Supermodels geschlafen. Obwohl schlafen wohl nicht der richtige Ausdruck war, denn keine Frau konnte mit ihm ins Bett gehen und auch bloß an Schlaf denken.
    Roz trank nur kleine Schlucke von dem Wein, doch so wie ihr Herz raste, verteilte sich der Alkohol blitzschnell in ihrem Körper. Sie stellte fest, dass sie seit Gott-weiß-wie-langer Zeit zum ersten Mal wieder in Flirtlaune kam. Ihr Rücken wurde gerader, so dass sie die Brüste nach vorn schob; sie benetzte die Lippen und hielt den Augenkontakt recht lange.
    Ein weicher Brotwürfel mit Austern-Pâté folgte, danach eine Flocke sautierter Fisch, eine schwarze Olive mit Walnusscreme-Füllung, eine Chorizo-Rolle umhüllt von Manchego-Käse in leichtem Backteig. Es war orgiastisch. Dann, nach einem knusprigen Stück dünnen Toasts mit Curry-Butter, kehrte Rauls Hand nicht wieder zur Platte zurück. Roz kaute langsam, weil sie nicht wollte, dass diese äußerst seltsame Episode endete. Raul hielt ihr das Glas an die Lippen, beobachtete, wie sie trank, und hob es an seinen Mund, mit dem er exakt die Stelle berührte, an der zuvor ihr Mund gewesen war. Dieser Mann brauchte wahrlich keinen gelungenen Anmachspruch. Er konnte jede Frau kriegen, indem er ihr eine Schmelzkäseecke mit einer Grinsekuh drauf anbot und sie mit diesen großen, traumhaften Schokoladenaugen ansah. Roz schnaufte wie ein Rennpferd nach einem Derby.
    »Und?«, fragte er. »Was sagen Sie?«
    »Fantastisch!«, seufzte Roz. Sie meinte allerdings eher ihn als das Essen.
    Raul lächelte. Es war ein blendend weißes Latin-Lover-Lächeln.
    Im Geiste gab Roz sich einen Tritt, bevor sie komplett hypnotisiert war wie Mowgli im Dschungelbuch

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