Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
putzte gern, und sie war stolz, wenn sie alles tipptopp saubergemacht hatte. Doch hin und wieder wäre es einfach schön gewesen, sich in einem der von ihr frischgeputzten Zimmer hinzusetzen und auszuruhen. Sie hüstelte die Tränen weg, die ihr kamen. Letzte Nacht hatte sie einen Albtraum davon gehabt, wie sie ihr Zuhause bei der Rückkehr vorfinden würde: überall offene Dosen, Päckchen mit Exkrementen und Flaschen voller Urin, wie sie es einmal in einem schrecklichen Dokumentarfilm gesehen hatte. In dem Traum räumte Olive alles auf und brachte es hinaus zum Müll, doch als sie wieder ins Haus kam, war es so verdreckt wie vorher. Sie konnte nur mit einer Hand arbeiten, weil sie in der anderen ein goldenes Willy-Wonka-artiges Ticket für einen Flug nach Kefalonia hielt, und jedes Mal, wenn sie es ansah, wurde die Schrift ein bisschen blasser.
Das war der Nachteil von Ferien; irgendwann endeten sie, und man musste in seinen Alltag zurückkehren. Je schöner die Ferien waren, umso härter wurde es. Olivenahm ihr Glas, trank von dem Rosé-Champagner und verbot sich, an die Land Lane zu denken. Dort war sie früh genug, also sollte sie den letzten Rest ihres Urlaubs auskosten, so gut sie konnte.
»Wann will uns dieser Andrew treffen, Ven?«, fragte Roz.
»Ich weiß nicht, ob er sich überhaupt mit uns allen treffen will. Ich frage ihn morgen«, antwortete sie rasch. »Habt ihr die Dessert-Karte gesehen? Was gibt es heute Abend?«
Komisch, dachte Roz. Ihre Frage war ein Test gewesen. Jedes Mal, wenn eine von ihnen das Preisausschreiben erwähnte, wechselte Ven sofort das Thema. Jetzt schon wieder. Hmmm …
»Ich kann nicht glauben, dass wir nur noch zwei Abende haben«, sagte Irene, nachdem sie bei Buzz Karamelleis zum Nachtisch bestellt hatte. »Es ist so wundervoll.«
»Ich nehme Limonen-Käsekuchen«, sagte Ven. »Und bitte ein kleines Stück, Buzz.« Buzz schien sich für Vens Beistand bedanken zu wollen, indem er ihr von allem extragroße Portionen brachte. Heute Abend hatte er ihr eine Patatas-Bravas -Portion serviert, mit der man problemlos einen aufstrebenden Kleinstaat durch eine dreiwöchige Belagerung bekommen hätte.
Nigel entschuldigte sich vor dem Dessert, und als er vom Tisch aufstand, streifte er kurz Vens Schulter. Wie St. John Hite es bei einem Wein formulieren würde: Mit diesem hier möchte ich auf einer einsamen Insel stranden. Sie wusste, dass es lächerlich war, so viel in winzigste Gesten hineinzudeuteln. Und ihr graute vor dem Gedanken, dass sie in drei Tagen um diese Zeit in ihrer alten Küchesitzen und ein Bacon-Sandwich essen würde, wobei ihr einzig ihre Katze Ethel Gesellschaft leistete.
Durchs Fenster blickte Roz auf den verblassenden Felsen von Gibraltar. Sie war auf dem Heimweg, und das nicht bloß in dem Sinne, wohin das Schiff Kurs nahm. Nigel und Eric waren in ein Gespräch über die militärische Geschichte des Felsens vertieft.
»Ach, verdammt, ich breche heute mal meine eigene Regel und rufe Manus nachher an«, flüsterte Roz Ven zu.
»Gott sei Dank«, sagte Frankie mit einem breiten Grinsen. »Es geschehen also doch noch Zeichen und Wunder.«
65. Kapitel
»Erzähl, Manus, wie kommt’s, dass du nicht verheiratet bist?«, fragte Layla nach ihrem vierten Glas Sauvignon Blanc. »Wir dachten immer, dass Jonie und du irgendwann zusammenkommt. Jeder hat gesehen, dass du in sie verknallt warst und sie in dich.«
»Layla, hör auf!« Jonie lachte. »Du bist ja jetzt schon angeschickert.«
Manus stand der Mund offen vor Staunen. Jonie war an ihm interessiert gewesen? Das hatte er nicht gewusst. Was hätte sich am Lauf der Geschichte geändert, wäre es ihm damals klar gewesen? Er hatte sich überhaupt nicht vorstellen können, dass sich jemand wie die hübsche Jonie Spencer in einen Rocker wie ihn vergucken würde.
»Ich lebe mit einer Frau zusammen«, sagte Manus. »Sie macht gerade Urlaub mit ihren Freundinnen.«
»Ach ja? Ich dachte eigentlich …« Layla verstummte, aber es war ziemlich offensichtlich, was sie dachte, nämlich dass das hier eine Art Date war. Hatte Jonie ihr so was angedeutet?
»Hast du Kinder, Manus?«, fragte Tim.
»Nein.«
»Absichtlich nicht?« Layla schenkte sich nach.
Manus zuckte mit den Schultern. »Wir sind bisher nicht dazu gekommen.«
»Wozu? Zum Sex?«, Tim lachte.
Manus grinste. »Wir sind eben zu zweit glücklich.« Glücklich? Kaum hatte er es ausgesprochen, fürchtete er, dass von irgendwo ein riesiges Zeichen erschien und
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