Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
»Lügner« über ihm aufleuchten ließ.
»Es ist nun mal nicht jedermanns Sache, sich eine Horde Kinder zuzulegen, Tim«, schalt Jonie ihn. »Sieh mich an. Ich bin ohne ein Haus voller müffelnder Windeln rundum zufrieden.«
»Du bist auch mit keinem Mann lange genug zusammen, um schwanger zu werden«, erwiderte Tim lachend. »Ich schätze, du warst im früheren Leben eine schwarze Witwe, Jonie. Irgendwo in diesem Haus gibt es garantiert einen Wandschrank voller Kerle, die ihren Zweck erfüllt haben und denen anschließend der Kopf abgebissen wurde.
Spinne. Jetzt fiel Manus wieder ein, das jemand auf dem College Jonie Spencer mit einer Spinne verglichen hatte. Wer war das noch? Eine Erinnerung zog die nächste nach sich, wie Kleenex-Tücher aus einer Schachtel. Ja, es war Michael gewesen … Michael Shea. Und als hätteTim seine Gedanken gelesen, sagte er: »Hey, Jonie, erinnerst du dich an Michael Shea? Mann, der war übel in dich verschossen.«
»Oh Gott, Michael Shea!«, kreischte Jonie und schüttelte sich. »Der war furchtbar!«
»Was dich aber nicht abgehalten hat, ihm ein Date zu gönnen, stimmt’s?« Tim stupste sie an.
»Oh bitte, erinner mich nicht daran.« Jonie schlug die Hände vors Gesicht.
Layla holte hörbar Luft. »War das nicht der Kerl, der dich dauernd belämmert hat? Der, der dir immer Blumen und Geschenke und diese unterirdischen Gedichte geschickt hat?«
Jonie hatte immer noch die Hände vorm Gesicht und nickte.
Layla wurde beinahe hysterisch vor Lachen, als ihr die Einzelheiten wieder einfielen.
»Und einen Ring! Er hat dir auch einen Ring gekauft, richtig? Und er hat gesagt, du darfst bestimmen, an welchen Finger du ihn steckst. Ein kompletter Schwachkopf!«
Manus’ Erinnerungen wurden derweil ebenfalls klarer. Michael war kein Schwachkopf gewesen. Jonie hatte vorübergehend ein Auge auf ihn geworfen, ihn sich dann gekrallt und wieder fallengelassen wie eine heiße Kartoffel – weil sie es konnte. Sie spannte ihn mühelos dem netten Mädchen aus, mit dem Michael zusammen gewesen war, weil er lieber sie anhimmeln sollte. Sie war sich ihrer Macht über das andere Geschlecht stets bewusst gewesen. Michael Shea war wegen der ganzen Geschichte so verzweifelt gewesen, dass er durch seine Kurse rauschte und das College vorzeitig verließ. Erhatte geweint, als er Manus sagte, dass Jonie Spencer eine Spinne war.
»Das reicht«, sagte Jonie, der nicht entging, dass Manus bei dem Spott über Michael Shea nicht mitmachte. »Ich hole das Dessert. Hilfst du mir, Manus?«
Manus folgte ihr in die Küche. Er hatte nur zwei Gläser Wein getrunken, merkte aber schon die Wirkung. Da er normalerweise Bier vorzog, war er nicht an Wein gewöhnt.
»Das kommt einem alles ewig lange her vor, nicht?«, seufzte Jonie und öffnete den Kühlschrank. »Ich wette mit dir, dass Michael Shea inzwischen ein tierisch gutaussehender Typ ist, und ich, würde ich ihn heute sehen, mir wünschen würde, ich hätte ihn nie abblitzen lassen. Oh Mist.«
»Was ist?«
»Ich wollte Kaffee aufsetzen, aber ich habe keine Milch mehr.«
»Wo ist der nächste Laden?«, fragte Manus, der nichts gegen ein wenig frische Luft hatte. »Ich gehe und hole welche.«
Jonie lächelte. »Ach, wärst du so nett? Danke, Manus. Der Laden ist gleich um die Ecke, ein kleiner Tesco, die erste Straße links. Warte, wo ist mein Portemonnaie?«
»Ich schätze, ein Liter Milch kann ich auslegen, nach dem Essen, das du hier aufgetischt hast«, entgegnete Manus und war schon auf dem Weg nach draußen.
»Danke. Du bist ein Schatz!«
Er war keine Minute weg, da klingelte sein Handy. Layla hatte es auf die Küchenarbeitsplatte gelegt. Neugierig schaute Jonie drauf. Eine SMS von Roz. Sie öffnete die Nachricht.
Manus, gegen die Regeln, ich weiß, aber ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mir fehlst. Ich war so bescheuert. Ich liebe dich, und ich kann es nicht erwarten, dich wiederzusehen. Alles wird anders, versprochen. Roz xxxx
Das Handy vibrierte in Jonies Hand. Noch eine SMS von Roz – dieselbe wie vorher. Falls Roz im Ausland war, schickte sie die Nachricht vielleicht dreimal, um sicher zu sein, dass sie ankam. Jonie hätte das jedenfalls an ihrer Stelle getan. Und sie hatte recht. Eine dritte Nachricht erschien auf dem Display.
Rasch löschte Jonie alle drei. »Ups«, sagte sie leise.
66. Kapitel
»Hör auf, dir Sorgen zu machen. Es kann alle möglichen Gründe geben, warum Manus dir nicht geantwortet hat«, sagte Frankie
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