Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
Eltern drehen sich wahrscheinlich im Grab um.«
»Ich versuche, möglichst nicht darüber nachzudenken«, sagte Ven. Es war schlimm genug, dass ihr Ehemann Ian zwei Jahre lang fremdgegangen war; dass er sich unmittelbar nach dem Tod ihres Vaters von ihr scheiden ließ und die Hälfte von ihrem Erbe forderte, war schlichtweg grausam. Ihre Eltern hatten ihr Leben lang schwer geschuftet, um ihr etwas zu hinterlassen, obwohl Ven ihnen immer wieder sagte, sie sollten sich selbst von dem Geld etwas gönnen. Und nun lebten Ian und seine Schnepfe Shannon in Vens früherem Haus vom Geld ihrer Eltern. Im Nachhinein verletzte sie am meisten, dass Ian die Zeit bis zum Tod ihres Vaters nur ausgesessen hatte, weil er an das Erbteil wollte. Sie hätte ihm nie zugetraut, so eiskalt zu sein. Aber Menschen änderten sich über die Jahre, wie auch Roz bewies.
»Ich hoffe, er erstickt an dem Geld«, sagte Frankie.
»Oh bitte«, seufzte Ven, die stumm signalisierte, dass sie nicht mehr über ihren Ex reden wollte. »Er lebt sein Leben, ich meines. Und die Sache mit dem Geld lässt sich nun mal nicht ändern.« Ven hatte inzwischen wieder ihren Mädchennamen angenommen, Miss Smith. Sie ertrug es nicht »Venice Walsh« auf ihren Papieren zu lesen.
»Ich wünschte, Olive, diese Idiotin, würde sich auch vom Acker machen«, sagte Frankie und schloss schnell den Mund, ehe ihr ein gewaltiger Rülpser entfuhr. »Entschuldige, die Kohlensäure. Übrigens habe ich sie neulich mal gefragt, ob sie David liebt, und da hat sie geantwortet: ›Ich hab gar keine Zeit, irgendwen zu lieben, verdammt.‹«
»Ich weiß.« Ven war froh, dass sie nicht mehr über sie selbst sprachen.
»Wieso bleibt sie bei ihm?«, fragte Frankie, die noch nie viel von David gehalten hatte. Und sie konnte auchDoreen und diesen stinkfaulen Cousin Kevin mit seinen anzüglichen Blicken nicht ausstehen. Wie jemand, der sich wie ein Hippie anzog, auf einer Müllkippe wohnte und teakbraune Zähne hatte, sich als Gottes Geschenk an die Frauenwelt sehen konnte, war ihr unbegreiflich. Zu einer derartigen Selbsttäuschung wäre sie hin und wieder auch gerne fähig.
»Weil sie nicht weiß, wie man geht, schätze ich«, antwortete Ven.
»Ich hätte gedacht, dass sie Kinder bekommt«, sagte Frankie. Von ihnen allen wäre Olive zweifellos die beste Mutter geworden.
»Tja, ist eben nicht passiert. Und ich glaube nicht, dass sie … es noch oft machen.«
»Das mag ich mir nicht mal vorstellen!« Frankie schauderte, als vor ihrem geistigen Auge ein Bild des schwitzenden David erschien, der sich schnaufend auf ihr abmühte … das trieb ihr fast den Fisch wieder nach oben. Sie trank einen kräftigen Schluck, um ihren Magen zu beruhigen.
»Ich war im Grunde nie verrückt nach Kindern, wie manch andere …« Ven verstummte erschrocken. »Entschuldige.«
»Ach, Unsinn, ich bin längst drüber weg.«
»Manchmal denke ich, in meinem Leben gab es nie irgendwas, das ich leidenschaftlich gerne wollte«, gestand Ven reumütig.
»Und das von der Frau, die mal Barbara Taylor Bradford werden wollte?«, fragte Frankie. »Wie kommt’s?«
»Ich wollte schreiben, nur fiel mir nichts ein. Außerdem fand Ian es schrecklich unhöflich von mir, dass ich am Laptop sitze und tippe, wenn er von der Arbeit nachHause kommt und mich den ganzen Tag nicht gesehen hat.«
»So ein Schwein! Na ja, noch schweinischer war natürlich, dass er rumgevögelt hat«, schnaubte Frankie. »Entschuldige, Ven. Du weißt, was ich meine.«
Ven lachte. »Ja, keine Bange, ich weiß genau, was du meinst.«
»Aber es ist nie zu spät. Catherine Cookson war in den Vierzigern, als sie ihr erstes Buch rausbrachte.«
»Nein, ernsthaft?«
»Ja, ernsthaft. Kannst du googeln. Und überhaupt darfst du jetzt so viel an deinem Laptop sitzen wie du magst.«
»Wenn ich doch nur ein bisschen mehr wie du sein könnte, Frankie! Du hast dich immer in Neues hineingestürzt: Salsa, Malkurse, Gesangsunterricht, Bauchtanz, Tauchen …«
»An Bord gibt es auch einen Bauchtanzkurs. Ich habe ein Plakat im Foyer gesehen.«
»Und willst du hin?«
»Eher nicht.« Frankie lachte. »Es macht richtig Spaß, aber ich will chillen – in der Sonne, was im Grunde ein Widerspruch ist.«
Sie tranken ihren Champagner-Cocktail und waren auf einmal beide zu müde, um noch viel zu reden. Dann gähnte Ven, und Frankie hakte sie unter, um sie mit sich vom Sofa hochzuziehen.
»Komm mit, bevor wir hier noch beide einschlafen wie zwei alte
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