Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
betrunkene Schreckschrauben.«
»Ich wollte mir eigentlich noch die Läden angucken, aber ich kippe gleich um vor Müdigkeit. Ich verstehe gar nicht, wieso ich plötzlich so erledigt bin.«
Frankie bemerkte den großen haarigen Biker-Typen, als sie zur Treppe gingen. Er wirkte eher nicht wie ein Mann, der Lounge-Musik hörte und dazu Gin-Tonic trank. Unwillkürlich musste sie schmunzeln, als er auf eine heitere Gruppe zuschritt und alle ihn jubelnd begrüßten.
Auf dem Schiff war noch jede Menge los, als sie zurück zum neunten Deck hinuntergingen. In einer Bar hing ein riesiger Fernseher, davor saßen zahlreiche Männer und sahen sich ein Fußballspiel an. In einer anderen schummrig beleuchteten Bar spielte eine Harfenistin (oder Harpunistin, wie Ven sie nannte) seichte Melodien. In den Läden dahinter guckten sich Passagiere die Sachen an und sprühten Parfums aus Testflakons, und in einer weiteren Bar neben der Bibliothek fand ein Team-Quiz statt. Die zweite Vorstellung der Mermaidia-Theater-Kompanie war gerade vorbei, und die Leute strömten aus dem Saal.
»Es war ein langer Tag«, sagte Ven, während sie ihre Karte aus der Handtasche angelte. »Treffen wir uns morgen zum Mittag im Café Parisienne einen Stock tiefer? Einverstanden? Wir können wohl alle mal etwas länger schlafen.«
Das Café Parisienne hatte sehr schön ausgesehen, elegant, aber nicht steif.
»Ja, hört sich gut an.«
»Ach, und vergiss nicht, was Eric wegen dem Kartendings in deinem Türschlitz gesagt hat. Jetzt zeigt es ›Bitte nicht stören‹, aber wenn du morgen früh aus der Kabine gehst, drehst du es um, damit der Steward weiß, dass er aufräumen kann.«
»Mann, ist das herrlich!«, gähnte Frankie, umarmteVen und ging in ihre Kabine, wo sie genau wie die anderen vor Freude seufzte, als sie die dezente Beleuchtung, das aufgeschlagene Bett und die Schokolade auf dem Kopfkissen erblickte.
Ven kuschelte sich genüsslich in die schneeweißen Laken und genoss es, wie sie sich auf ihrer Haut anfühlten. Sie schloss die Augen und wünschte sich inständig, dass es für sie vier ein wundervoller Urlaub würde, denn zu Hause erwartete sie wieder das reale Leben. Und jede von ihnen konnte eine Pause von der Wirklichkeit sehr gut gebrauchen.
Tag 2
Auf See
Dress-Code: Gala
21. Kapitel
»Olive? Olive, wach auf! Ich muss zur Toilette. Wenn du dich nicht beeilst, mach ich ins Bett!«
Olive sprang aus dem Bett und kollidierte mit einem Couchtisch, der dort nicht hätte stehen dürfen. Dann wurde ihr klar, dass sie nicht in ihrem Schlafzimmer war und Doreens Stimme lediglich geträumt hatte. Sie zitterte. Für einen Moment hatte sie sich in die Land Lane zurückversetzt gefühlt, im Bett mit David, der sie wechselweise mit seinem Schnarchen oder seinem Gefurze weckte. Sie blickte auf die Uhr. Fünf nach zehn! Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt länger als bis acht geschlafen hatte. Genau genommen galt bei ihr schon halb sieben als Ausschlafen.
Sie zog die Vorhänge auf und erblickte ein graues Meer unter grauem Himmel. Manche Leute mochten das langweilig finden, aber Olive gefiel es. Jedenfalls war es allemal schöner als der Blick auf ungepflegte Reihenhäuser und die halb zerfledderten Müllsäcke des Kebab-Ladens, die sie von ihrem Schlafzimmer aus sah. Sofort befahl sie sich, nicht mehr an zu Hause zu denken und ging »I Am Sailing« summend unter die Dusche.
Zwanzig Minuten später trat sie zögerlich aus ihrer Kabine und drehte die Karte in ihrer Tür um, damit Jesus wusste, dass ihr Zimmer frei war. In dem Augenblick ging Vens Tür auf.
»Guten Morgen«, begrüßte ihre Freundin sie fröhlich. »Gut geschlafen?«
»Wie ein Stein«, antwortete Olive.
»Möchten Sie mit mir frühstücken gehen, Lady Olive, und anschließend ein wenig shoppen?«
»Das ist total unwirklich. Eigentlich müsste ich jetzt gerade bei Mr. Tidy fertig und unterwegs zu Mrs. Crowther sein.«
Ven hakte sich bei ihr unter. »Nein, diesen Montagmorgen, Olive Hardcastle, schlemmst du mit mir in der Buttery.«
Roz kam etwa eine halbe Stunde später aus ihrer Kabine und drehte ebenfalls das Türschild um, damit Jesus tun konnte, was immer er normalerweise tat. Sie ging direkt hinunter ins Foyer, um sich Broschüren über die Ausflugsangebote zu besorgen. Der Zufall wollte es, dass die erste Person, der sie bei den Fahrstühlen über den Weg lief, Frankie war.
»Mist«, raunte sie.
»Morgen«, sagte Frankie. »Willst du nach oben zum
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