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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Himmel und eine ruhige See. Gott sei Dank. Aus den Kabinen ihrer Freundinnen war noch kein Laut zu hören, deshalb ging sie allein hinunter zum Samowar, dem Coffee Shop auf Deck fünf, und nahm sich die Tageszeitung des Schiffes   – Mermaidia Today   – mit, um sie bei ihrem Espresso zu lesen. Die Zeitung berichtete über alle wesentlichen Ereignisse in der Welt und in England, hatte einen internationalen Wetterbericht, und informierte über Sportergebnisse und Aktienkurse. Die Nachrichten waren deprimierend: wieder ein Soldat in Afghanistan getötet, ein Teenager erstochen, ein berühmter Schauspieler gestorben   … Frankie legte die Zeitung beiseite. Sie wollte nicht wissen, was außerhalb des Schiffes geschah, wollte überhaupt keine schlechten Nachrichten hören.
    Was sie hingegen brennend interessierte, war die mysteriöse »Dorothy«. In der dritten Ausgabe von Mermaidia Today gab es schon wieder eine Einladung für die »Freunde von Dorothy« um halb elf in den Planet Room. Frankie würde einfach hingehen, ihre Neugier stillen und ein spätes Frühstück einlegen   – oder einen Brunch oder nach dem Frühstück zum Lunch bleiben.
    Sie stieg die Treppe hinauf zum sechzehnten Deck und schwor sich, wenigstens etwas Sport zu treiben, solange sie im Urlaub war. Im Planet Room wimmelte es vonLeuten. Frankie schlenderte lässig vorbei und tat beiläufig interessiert, konnte jedoch nicht viel erkennen außer »Freunden« mit Teetassen. Ein oder zwei aßen Gebäck. Sie gab vor, nach jemandem in der Vista Lounge Ausschau zu halten, machte einen großen Schlenker durch die Bar und endete wieder vorm Planet Room, als sie eine bekannte Gestalt in Jeans und Jeansjacke die Treppe heraufkommen sah.
    »Guten Morgen«, sagte Frankie lächelnd. »Wie geht es Ihnen heute?«
    »Ah, guten Morgen«, sagte Vaughan, ebenfalls lächelnd. »Mir geht es sehr gut, danke. Diese Spritze gegen Seekrankheit war ein Wundermittel, was? Das einzig Negative war, dass ich hinterher eine regelrechte Fressattacke hatte. Und Sie?«
    »Mir geht es prima, danke.« Jemand im Planet Room lachte laut, und Vaughan reckte den Hals, um hineinzusehen.
    »Sind Sie ein Freund von Dorothy?«, fragte Frankie.
    »Ich?« Vaughans Augen blitzten. »Sehe ich aus wie ein Freund von Dorothy?«
    Was für eine komische Frage, dachte Frankie. Wie sahen Freunde von Dorothy denn aus? Hatten die irgendwelche Erkennungsmerkmale, Kostüme oder so?
    »Ich weiß nicht.«
    »Sind Sie eine Freundin von Dorothy?«, fragte Vaughan.
    »Ich? Nein.« Frankie winkte ihn näher zu sich und flüsterte: »Wer ist sie?«
    Jetzt schien Vaughan ein Licht aufzugehen. »Ah«, sagte er in einem tiefen, verschwörerischen Ton. »Wussten Sie das nicht? Sie ist ein Mädchen mit einem Hund.«
    Frankie sah ihn verwundert an. »Ich habe gar nicht gewusst, dass Hunde an Bord erlaubt sind. Und wie kommt es, dass sie zwei Tage hintereinander hier oben einlädt?«
    Vaughan blickte sie an, als wäre er unsicher, ob sie ihn vielleicht auf den Arm nahm.
    »Sie ist ein sehr beliebtes Mädchen.«
    »Ist sie reich? Oder berühmt?« Frankie neigte den Kopf zur Seite, um durch die Tür zu gucken, konnte aber nur eine größere Gruppe von Männern und zwei ältere Frauen ausmachen.
    Vaughan öffnete den Mund, schloss ihn jedoch gleich wieder. »Nein, das kann ich Ihnen nicht antun«, sagte er. »Es ist wahnsinnig verlockend, aber das tue ich nicht.«
    Frankie hatte keine Ahnung, wovon er redete. Behutsam schob er sie in die Vista Lounge, weg vom Eingang zum Planet Room.
    »Freunde von Dorothy, der Dorothy aus Der Zauberer von Oz , Judy Garland.«
    »Ist Judy Garland nicht tot?«, fragte Frankie verwirrt. Sie war keinen Deut schlauer als vorher. Was meinte er nur? Judy Garland konnte keine Party geben, es sei denn bei einer Séance.
    Vaughan schüttelte lachend den Kopf.
    »Judy Garland, Schwulenikone ?«, fuhr er fort.
    »Ja, ich weiß, dass sie   …« Jetzt fiel der Groschen. »Ah, es gibt gar keine Dorothy!«
    Vaughan klatschte in die Hände. »Es ist ein Treffen für Schwule.«
    »Gott, bin ich blöd!«, sagte Frankie. »Und ziemlich enttäuscht, muss ich gestehen. Ich hatte auf eine Hollywood-Schauspielerin oder jemand richtig Reiches gehofft, diamantenbehängt und mit einer dieser langen Zigarettenspitzen.«
    »Bedaure, nein.«
    »Tja, das habe ich mir ja wohl selbst zuzuschreiben«, seufzte Frankie. »Ich hätte in herrlicher Ahnungslosigkeit verharren sollen, im festen Glauben, dass sich eine

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