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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Sie hatte das T-Shirt am Abend zuvor in der Market Avenue auf dem Schiff gekauft, weil sie fand, dass ihre Garderobe in letzter Zeit viel zu trist aussah. Zum ersten Mal seit Jahrenhatte sie wieder den Mut, etwas Auffälligeres zu tragen. Früher war Rot ihre Lieblingsfarbe gewesen.
    »Ist das nicht fantastisch?« Roz drehte sich im Kreis, um ganz Venedig in sich aufzunehmen, wobei sie die Augen mit einer Hand gegen die Sonne abschirmte. »Es ist wirklich wie eine Filmkulisse.«
    »Und es hat die Form von einem Fisch, guckt mal«, sagte Olive, die einen Stadtplan ausgeklappt hielt. Den hatten sie auf dem Schiff bekommen. »Habt ihr gewusst, dass die Stadt nach Venus benannt ist, der Göttin der Liebe?«
    »Da sieht man mal wieder, wer bei Mr. Metaxas besonders gut aufgepasst hat«, spöttelte Roz. »Ich frage mich, was er dir sonst noch gerne beigebracht hätte.«
    »Allein mit dir in der Papierkammer«, fügte Ven hinzu und kassierte einen freundschaftlichen Klaps von Olive.
    »Da drüben irgendwo ist die Insel Guidecca«, sagte Frankie und zeigte nach vorn. »Auf der ist das Hotel Cipriani. Seht euch diese Holzboote mit dem Hotelnamen auf der Seite an. Hat jemand Lust auf ein sündhaft teures Mittagessen?«
    »Schön wär’s«, antwortete Roz.
    »Und das ist San Servolo«, fuhr Frankie fort. »Viel eher unsere Liga.«
    »Billigere Restaurants?«, fragte Roz.
    »Nein, Klapsmühle. Jedenfalls war die früher da.«
    »Frechheit!« Roz lachte und ging ein bisschen weiter in der Schlange. Nun waren sie die nächsten. Zwei Gondoliere kamen auf sie zu: ein großer, gut aussehender, dem die Muskeln fast aus dem blau-weißen Ringelhemd quollen, und ein kleiner, fetter und behaarter, der in sein Handy brabbelte.
    »Wetten, ich weiß, welchen wir erwischen?«, flüsterte Ven. Aber die Götter waren ihnen heute wohlgesonnen. Der Gutaussehende war als Erster bei ihnen und streckte Ven eine Hand hin, weil das Wasser recht unruhig war und das Boot auf und ab wippte.
    Er bedeutete Roz und Olive, sich an die Seiten zu setzen, und Frankie, neben Ven auf der Bank mit Blick nach vorn Platz zu nehmen.
    »Ihr seid der Ballast«, sagte Roz.
    »Und ich verrate dir, was ›auf den Arsch fallen‹ auf Italienisch heißt   – ma vai a quel paese! «, konterte Frankie mit einem typisch italienischen, übertriebenen Schulterzucken. Wie ihr dieses Wortgeplänkel mit Roz gefehlt hatte!
    Der Gondoliere fuhr sie geschickt die Kanäle entlang. Das Wasser stand ziemlich hoch, so dass sich bei einigen Brücken alle zur Seite ducken mussten, um nicht oben anzustoßen. Es war eine herrlich ruhige Fahrt, obwohl von manchen der Gondeln um sie herum »Just One Cornetto« in voller Lautstärke zu hören war.
    »Ich wette, das haben die noch nie vorher gehört«, sagte Roz. »Mann, wir Engländer sind ein wandelndes Klischee!«
    »Wir Italiener haben viel mehr Klasse«, entgegnete Frankie. »›O Sole Mio‹ ist ja so gar nicht kitschig.«
    »Ich hätte gedacht, dass das Wasser stinkt«, sagte Ven, die angenehm überrascht war, dass lediglich eine Hauch von abgestandenem Wasser in der Luft lag. Weit intensiver hingegen roch es aus den umliegenden Restaurants nach Basilikum.
    Der Schatten unter den Brücken war jedes Mal eine angenehme Abkühlung inmitten der schwülen Hitze. Über ihnen wimmelte es von Touristen, die sie wildknipsten, was Frankie zu der Bemerkung veranlasste, sie käme sich wie ein Filmstar vor.
    In der Gondel selbst waren die einzigen Geräusche das Plätschern des Wassers am Bootsrumpf und die gelegentlichen Erklärungen des Gondoliere. »In dem rosa Haus dort hat Mozart eine Zeit lang gelebt   … In Venedig gibt es vierhundertsechsunddreißig Brücken und einhundertsiebzehn kleine Inseln   …«
    Im Hafen lagen reichlich Schiffe, was bedeutete, dass die Stadt voller Touristen war, doch in der Gondel drängelte niemand, trafen einen keine Ellbogen in die Seiten. Es war herrlich. Wäsche hing aus den Fenstern, Wasser schwappte über die untersten Stufen der Hoteleingänge, überall wuchsen Blumen: eine Keksdosenidylle.
    Am Ende der Fahrt hatte keine von ihnen Lust auszusteigen   – auch wenn es ein kleiner Trost war, dass der Gondoliere ihnen half, indem er sie mit einer Hand am Arm und der anderen in der Taille hielt.
    »Das war himmlisch«, schwärmte Ven verträumt. »Ich glaube nicht, dass es noch zu überbieten ist.«
    »Aha? Und ich dachte, die Blumen von Captain Ocean-Sea wären der Höhepunkt deines Tages«, neckte Roz

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