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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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seinem Laden war. »Ich möchte zu deiner Mutter.«
    »Komm rein!«, rief Doreen in einer derart hohenStimme, dass David beinahe vermutete, sie hätte eben Helium inhaliert.
    David machte einen Schritt zur Seite, um den Mann ins Haus zu lassen, bei dem er normalerweise Fish & Chips kaufte. Er war einfach nur ein Nachbar, der wenige Straßen entfernt wohnte, nicht George Clooney, also wieso machte seine Mutter so viel Trara?
    Vernon überreichte seine Blumen einer höchst aufgedrehten Doreen, die sie über die Maßen bewunderte, ehe sie David sagte, er solle eine Vase holen und sie hineinstellen.
    »Und tu ein bisschen Zucker ins Wasser, dann halten sie sich Tage länger«, rief Vernon ihm nach. Brav nahm David eine Vase aus dem Küchenschrank und füllte sie mit Zuckerwasser. Unterdes murmelte er kopfschüttelnd vor sich hin. Vielleicht erklärte ihm mal jemand, was zum Henker hier los war? Aus dem Wohnzimmer war zu hören, dass seine Mutter und Mr. Turbot lachten, und nach wie vor klang seine Mutter zu hoch und zu schrill.
    »Ich habe gerade gesagt, dass es als Witwer ganz schön einsam sein kann«, sagte Vernon zu David, als er mit der Blumenvase zurückkehrte.
    »Oh, tut mir leid, ich hab nicht gewusst, dass Ihre Frau gestorben ist, Mr. Turbot«, sagte David mit einem Anflug von Mitgefühl. »Wann?«
    »Freitag«, antwortete Vernon.
    »Freitag!«, wiederholte David. Heute war erst Montag. Der Mann ließ jedenfalls nichts anbrennen.
    »Ja, mein Junge, aber in unserem Alter darf man keine Zeit mehr vergeuden.«
    »Und deshalb heiraten wir so schnell wie möglich«,ergänzte Doreen und wedelte mit ihrer linken Hand, an der nun ein eindrucksvoller Ring prangte.
    »Ihr macht was?« David bohrte sich mit einem Finger im Ohr, das wohl verstopft sein musste.
    »Na ja, wir warten natürlich bis nach der Beerdigung morgen«, sagte Vernon, der über Doreens Finger strich und ihre Hand küsste.
    »Natürlich«, murmelte David. Er fand die Geschichte mit der Truhe heute schon schräg genug, aber die war nichts gegen das hier!
    »Du musst wissen, mein Junge, dass das zwischen uns keine normale Liebesgeschichte ist«, sagte Vernon.
    »Liebesgeschichte? Seit Freitag?«, rief David. Er wurde noch verrückt. Ja, das war klar wie Kloßbrühe. Oder doch nicht. Vielleicht war die Kloßbrühe gar kein Kloßbrühe, sondern Milchsuppe. So wie seine Welt seit einigen Tagen Kopf stand, war alles möglich.
    »Nein, dummer Junge!« Doreen kicherte. »Unsere Liebesgeschichte fing schon vor einundvierzig Jahren an.«
    David öffnete den Mund und wollte »Was?« sagen, aber es kam kein Laut heraus. Seine Stimme hatte sich irgendwie in seinem Hals verkantet.
    »Da war ich noch mit Mrs. Turbot verheiratet, Gott habe sie selig«, erklärte Vernon. »Ihre Eltern wollten, dass ich sie heirate, und meine Eltern auch, und so haben wir es getan. So machte man das damals. Wir waren beide unschuldig und wussten nichts von Leidenschaft.«
    »Oder Orgasmen«, fügte Doreen hinzu.
    Oh Gott, dachte David und hoffte inständig, dass seine Mutter nicht mit einer ihrer Ansprachen über Sex anfing. Er litt unter Albträumen, seit sie ihm ungefragt eröffnet hatte, dass sein Dad keinen Schimmer von Vorspiel gehabt hatte. Das waren Bilder, die man nie mehr aus dem Kopf bekam.
    »Eines Tages dann stolziert diese schlanke, dunkelhaarige Schönheit mit den Filmstarbeinen in meinen Laden«, fuhr Vernon verträumt fort.
    »Wer war das denn?«, fragte David.
    »Na, ich«, sagte Doreen mit einem klirrenden Lachen wie Glas, gegen das man mit einem Löffel schlägt.
    »Ich werde nie vergessen, was du bestellt hast«, sagte Vernon. »Zweimal Fish & Chips, Krustenreste und ein Solei.«
    »Und jetzt sag nochmal einer, die Romantik ist tot«, raunte David.
    »Ich dachte, ›Wenn sie zwei Portionen bestellt, ist sie bestimmt verheiratet‹, was für ein Jammer«, sagte Vernon.
    David fragte sich, ob er es aufschreiben sollte und an diesen Schmachtfetzenverlag schicken.
    »Ich war auch verheiratet, aber ich konnte ihm nicht widerstehen«, sagte Doreen. »Unsere Leidenschaft war größer als alles andere. Und dann kam der Sommer in Pogley Top Woods, in der freien Natur, wo wir   …«
    »Nein, nein!«, rief David. Er wollte sich das Bild von den grünen Hügeln nicht von der Vorstellung ruinieren lassen, wie seine Mum es mit dem örtlichen Fish&Chips-König trieb.
    »… unsere Liebe vollzogen haben«, beendete Doreen den Satz, denn sie war nicht mehr aufzuhalten.
    »Wir waren

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