Leichtmatrosen: Roman (German Edition)
vorbeifuhren, grüßte man uns, während die Dahme das Wasser durchschnitt, dass es eine Freude war. Bald erreichten wir das östliche Ende. Mark hantierte mit dem lächerlichen Fernglas herum, Henner steuerte das Boot. Simon saß auf der Heckterrasse und klickerte massenweise Kurznachrichten in seine diversen Handys. Nach dem Mittagessen hatte er verkündet, die Geräte – bis auf die zwei, drei,allerhöchstens vier wichtigsten – nunmehr abzuschalten, nachdem er alle Leute darüber informiert hätte, für die kommenden acht Tage im Urlaub und also nicht mehr erreichbar zu sein, was eigentlich ohnehin galt, denn er ging nie ran, sondern kontrollierte nur, wer ihn zu erreichen versuchte. Ich glaubte ihm das nicht ganz, fand den Versuch aber ehrenvoll.
Mark entdeckte rechts von uns die Ausfahrtmarkierung, aber auf der anderen Seeseite, fast gegenüber, außerdem einen vielleicht zehn Meter breiten Strand. Weil es wirklich sehr heiß war und wir alle Mitleid mit dem Mann im Segleroutfit hatten, steuerten wir das nördliche Seeufer an, obwohl es entgegen unserer Fahrtrichtung lag. Der Strand war menschenleer und nicht sehr breit, gelbe Bojen markierten in einiger Entfernung vom Ufer den Punkt, den Boote wie das unsrige auf keinen Fall passieren durften. Leider war es dort zu tief für Henner; Mark sprang ins Wasser, tauchte unter und kurz darauf wieder auf, kopfschüttelnd. Er wiederholte das ein paarmal, bis er – ziemlich dicht am Strand, keine fünf Meter vom Ufer entfernt – schließlich stehen konnte, wobei gerade sein Kopf aus dem Wasser ragte. Bei Henner wäre noch die Brust zu sehen.
»Das dürfen wir nicht«, sagte der Pfarrer, als Simon den Motor anwarf und äußerst langsam auf die Stelle zusteuerte, an der sich Mark eben noch befunden hatte. Er mahnte widerwillig, wie ich bemerkte, wollte nicht mehr andauernd den Besserwisser spielen, aber wir waren tatsächlich im Begriff, etwas zu tun, das uns schlimmstenfalls den restlichen Urlaub kosten könnte. Ich bemerkte verblüfft, dass ich diesen Gedanken, der mich am Morgen noch so gereizt hatte, mit einem Mal unschön fand.
Wir warfen trotz der Ermahnung beide Anker, Henner verschwand unter Deck und kehrte in einer blau-weiß gestreiften, eckig geschnittenen Badehose zurück, die sogar sehr cool ausgesehen hätte, wäre seine Haut nicht so milchweiß gewesen,von ziemlich vielen Leberflecken, den teilweise inzwischen eiternden Mückenstichwunden und einigen seltsam geformten flächigen Muttermalen auf Brust und Rücken abgesehen. Jetzt verstand ich, warum er ein solches Bohei darum machte, nach dem Badminton nicht gemeinsam mit uns zu duschen. Sein Oberkörper sah aus wie eine ausgeblichene, halbverblasste Landkarte, zudem hatten einige Male auch noch etwas Erhabenes. Ich fand den Gedanken daran, eine Frau zu sein, die ihn streichelte, recht abstoßend, weshalb ich ihn auch gleich wieder verdrängte.
Ziemlich würdevoll kletterte er an der Badeleiter hinab und ließ sich langsam ins Wasser gleiten. Als er mit den Füßen den Boden berührte, wie vorhergesehen mit dem Brustkorb über der Wasserlinie, erschien ein fröhliches, fast kindliches Lächeln in seinem Gesicht. Er tauchte kurz unter und wieder auf, prustete geräuschvoll, spritzte mit dem Wasser in Marks Richtung – und freute sich. Ich freute mich mit, auch Simon lächelte an seiner Zigarette vorbei. Dann hörten wir ein Megaphon.
»Verlassen Sie SOFORT den Badebereich!«, wiederholte eine schnarrende, verzerrte, aber trotzdem gut verständliche Stimme mehrfach. Ein größeres Motorboot, blau-weiß angestrichen, mit unverkennbarem Schriftzug und Blaulicht auf dem Dach, kam seitlich auf uns zu, aus einer Richtung, in der gefühlt eigentlich nichts lag – ich warf einen Blick auf die Karte und entdeckte, dass sich dort tatsächlich eine weitere Ausfahrt befand. Henner kletterte an Bord, dicht gefolgt von Mark, der nur ein paar kräftige Schwimmzüge brauchte, um uns zu erreichen. Simon startete den Motor und gab betont vorsichtig Gas. Erstaunlicherweise fuhr die Dahme sogar präzise rückwärts – Simon war ein Zauberer am Lenkrad. Als wir die gelben Bojen passiert hatten, befahl man uns anzuhalten, dann ging das Boot der Wasserschutzpolizei längsseits. Ein braungebrannter Enddreißiger mit Bürstenschnitt – aberohne Schnauzbart – kletterte zu uns herüber, der zwar nur Uniformhose und Hemd trug, aber trotzdem sichtlich stark schwitzte.
»Wer ist der Schiffsführer?«, fragte er, nicht
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