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Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Titel: Leichtmatrosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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unfreundlich, aber ziemlich autoritär. Wir sahen uns an. Henner, der immer noch nur die Badehose trug, ging einen Schritt auf den Mann zu.
    »Ich«, sagte er. »Und ich bin auch schuld daran, dass wir zur Badestelle gefahren sind. Ich kann nicht schwimmen und wollte auch mal ins Wasser, wissen Sie.« Als er das gesagt hatte, verriet seine Mimik, dass er den Fehler darin selbst bemerkt hatte. Er biss sich auf die fleischige Unterlippe.
    Der braunhäutige Mann musterte ihn. »Sie können also nicht schwimmen?«, fragte er langsam und sah Jan-Hendrik von oben bis unten an. »Welches Kleidungsstück fehlt deshalb bei dem Ensemble, das Sie tragen?«
    »Eine Fliege?«, schlug Mark vor. Der Polizist ignorierte ihn, und ich warf Mark einen bittenden Blick zu.
    »Eine Schwimmweste«, murmelte Jan-Hendrik.
    »Ganz richtig, eine Schwimmweste. Wenn sich das Boot bewegt, müssen alle Menschen an Bord, die nicht schwimmen können, eine Rettungsweste tragen. Was hat das Boot eben getan?«
    »Sich bewegt«, nuschelte Henner.
    »Wissen Sie überhaupt, wo die Schwimmwesten verstaut sind?«
    »Selbstverständlich«, sagte Simon, verschwand im Gang und kehrte kurz darauf mit einem der leuchtend roten Dinger zurück. Stimmt, er hatte ja am Morgen die Schränke nach Sicherungskästen durchsucht. Henner nahm das Schaumstoffding und machte Anstalten, es überzustreifen.
    »Jetzt bewegt sich das Boot nicht «, erklärte der Polizist, der das irgendwie zu genießen schien, aber offenbar auch ein Lächeln unterdrückte. »Und es steht noch offen, ob es das mitdieser Besatzung je wieder tun wird. Sie haben vermutlich keinen Sportbootführerschein? Sondern mit Einweisung gechartert?«
    Wir nickten im Ballett.
    »Dann hätte ich gerne die Charterbescheinigung, das Einweisungsprotokoll und die technische Abnahmebescheinigung für das Sportboot.«
    Ich öffnete verblüfft den Mund. Gab es solche Unterlagen überhaupt? Und wenn ja – wo? Aber Henner nickte nur kurz, verschwand in seiner Kabine und kehrte mit dem Bordbuch zurück, aus dem, wie ich erkennen konnte, kleine Markierungszettelchen herausragten, die sich gestern noch nicht darin befunden hatten. Er klappte das Ding auf und reichte dem Polizisten nacheinander mehrere Bogen.
    »Feuerlöscher«, sagte der Mann danach im Befehlston. Henner wies auf den Boden seitlich vom Herd, wo tatsächlich ein kleiner Feuerlöscher montiert war, den ich bisher übersehen hatte. So ging es weiter: rotes Signalmittel, Ersatzleinen, Rettungsring, Verbandskasten. Jeder Aufforderung folgte ein zielsicherer Griff des Pfarrers, der das geforderte zutage brachte, nur bei der Aufforderung nach dem Rettungsring zeigte er zur Decke, denn das Ding war oben aufs Dach geschnallt.
    »Okay«, sagte der Polizist schließlich und zog eine Augenbraue hoch. »Sie tragen eine Rettungsweste, wenn sich das Schiff bewegt.« Henner nickte. »Und wenn ich Sie noch einmal dabei erwische, Markierungen zu ignorieren, widerrufe ich Ihre Charterbescheinigung. Dann können Sie an Land Urlaub machen.« Kleine Schweißbäche liefen am Hals des Mannes entlang, und ich war versucht, ihm ein kaltes Bier anzubieten. »Immerhin haben Sie keine Badenden gefährdet. Wenn das der Fall gewesen wäre, säßen Sie jetzt schon auf einem anderen Boot.« Er nickte in Richtung des Einsatzfahrzeuges. »Oder wenn wir uns aus ähnlichem Anlass nocheinmal begegnen sollten. Ich merke mir den Bootsnamen. Dahme , richtig?« Auf unser synchrones Nicken wiederholte er das Wort mehrfach, dann tippte er sich grüßend an die Schläfe und kletterte zurück auf sein eigenes Schiff, das kurz darauf abdrehte und Kurs auf die Seemitte nahm.
    Wir schwiegen kurz, und dann geschah etwas Seltsames. Henner nahm die Schwimmweste vom Tisch, schleuderte sie zu Boden und sagte ziemlich laut, dicht am Geschrei: »Ich werde in meinem verdammten Urlaub keine verdammte Schwimmweste tragen. Wir haben niemanden gefährdet.« Er sah zum Fenster und hob eine Faust. »Und von dir, lieber Wasserschutzpolizist, lasse ich mich nicht noch einmal wie einen kleinen Jungen behandeln!«
    »Äh. Er kann dich nicht mehr hören«, sagte Mark.
    »Darauf kommt es nicht an«, wandte ich ein. »Henner hat recht.«
    »Und wie recht«, sagte Henner laut, ging unter Deck, wobei er sich den Kopf nur leicht anschlug, legte anschließend sein Tablet auf den Tisch, wischte und tippte darauf herum, das Gesicht immer noch zornesrot. »Wir müssen Rettungswesten tragen, wenn wir die Müritz und den Plauer See

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