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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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geachtet, dass Marie im Bad schon fertig war, bevor er sich aus dem Bett auf seinen Chopper schwang, sich wusch und anzog, oder vor ihr im Bad war. Seine Morgentoilette war zu einer langwierigen Prozedur geworden, dabei hatte er nicht beobachtet werden wollen. An diesem Tag machte es ihm überraschenderweise nichts aus.
    Als sie sich ihren Kaschmirpullover, in dem Daniel sich wund gekratzt hätte, überstreifte, streckte sie ihre Arme gen Zimmerdecke. Dabei traten ihre Rippen hervor und Daniel musste an Nadine Schmidt denken, die fast so dünn wie Marie war. Immer, wenn Marie, Stress oder Ärger hatte, aß sie noch weniger als üblicherweise. Ging es Nadine ähnlich? Belastete sie etwas? Vielleicht fürchtete sie sich davor, Horst Kranich könnte erfahren, dass Ewa ihn beschuldigt hatte, ihre gemeinsame Tochter ermordet zu haben, und dass Nadine davon wusste. Nun, da Daniel erfahren hatte, was sich wirklich auf der Party in Porz im vergangenen Jahr zugetragen hatte, stellte sich ihre Angst als unbegründet heraus.
    Am besten teilte er ihr das mit, entschied er.
    Möglicherweise lag er falsch und sie war einfach nur krank, weshalb sie so bemitleidenswert aussah. Aber er hatte selbst mit Dämonen zu kämpfen. Wenn er einen der ihren von ihr nehmen konnte, wollte er das tun. Selbst wenn sie sich nicht vor Kranichs Rache fürchtete, hielt er sie immerhin davon ab, Gerüchte zu verbreiten und eine Anzeige wegen Verleumdung zu riskieren.
    „Was hältst du davon, wenn wir auswärts frühstücken gehen, bevor wir in die Klinik düsen?“ Er rollte zum Waschbecken, das sein Schwiegervater hatte tieferlegen lassen wollen, als sie den Umbau der Wohnung planten. Daniel hatte sich dagegen gewehrt, da er so viel Normalität wie möglich behalten wollte, auch wenn Rainer Bast den Umbau bezahlt hatte.
    An Maries Strahlen las er ab, dass sie von seinem Vorschlag begeistert war. Spontan hatte sie sich den heutigen Tag freigenommen, was ihrem Vorgesetzten gar nicht gepasst hatte. Es hatte einige Überredungskunst gebraucht, bis er ihren Urlaubschein unterschrieb, aber nichts hätte sie davon abgehalten, Benjamin beizustehen, wenn er im Krankenhaus erwachte und die Tragweite seiner Beichte erkannte. Vielleicht glaubte sie auch, schon heute zur Polizei gehen zu können, aber Daniel war sich sicher, dass Ben einen weiteren Tag im Hospital verbringen musste, bevor er entlassen wurde.
    Nachdem er sich gewaschen hatte, zupfte er seine Haare zurecht, war unzufrieden mit dem Ergebnis und beschloss, das Gel wieder auszubürsten und seine Schiebermütze zu tragen. „Ich muss nur kurz bei jemandem vorbeifahren.“
    Skeptisch hob sie eine Augenbraue und hielt in ihrer Bewegung inne. Der Parfümflakon schwebte über ihrem Handgelenk. „Um was wetten wir, dass das Frühstück ausfällt?“
    „Warum sollte es?“, fragte er und pinselte seine Wangen mit Schaum ein. Seiner Meinung nach rasierten sich echte Männer nass.
    „Weil irgendetwas immer unsere gemeinsamen Pläne durchkreuzt, wenn du nur mal eben kurz etwas erledigen willst, das mit deinem Job zusammenhängt. Ist doch so, nicht wahr?“
    Er reinigte den Pinsel und legte ihn auf den Beckenrand. „Da ich zurzeit Arbeit suchend bin ...“
    „Bist du nicht“, fiel sie ihm ins Wort. „Du bist krankgeschrieben.“
    „... kann deine These gar nicht zutreffen. Ich möchte nur kurz zu Nadine Schmitz, um ihr zu sagen, dass Kranich seine Tochter nicht umgebracht hat, damit sie sich keine Sorgen mehr machen braucht, sie könnte nach seiner Ehefrau Ewa und nach Julia das nächste Opfer einer seiner Wutausbrüche sein.“
    Der Flakon zischte leise. Ein blumiger Duft drang zu Daniel. Das Parfüm benutzte Marie schon, seit sie sich kannten. Sie war eine treue Seele. Gut für ihn. Wenn er ihr Parfüm roch, fühlte er sich zu Hause und wohl. Er bemühte sich, nicht zu lächeln, als er das Rasiermesser über sein Gesicht führte, aber es fiel ihm schwer.
    Sie stellte sich hinter ihn und prüfte ihr Erscheinungsbild. „Solange du Bens Namen nicht erwähnst.“ Im Spiegel sah sie ihn an.
    „Zu laufenden Ermittlungen darf ich nichts sagen.“ Er zwinkerte ihr zu, während er den After-Shave-Balsam auftrug, die einzige Salbe, die er benutzte, da konnte Marie ihm noch so viele Cremes kaufen und demonstrativ in seine Ecke auf der Ablage stellen. „Also bist du doch noch beim KK 11 angestellt.“
    „Auf dem Papier, ja.“ Aber auch nur da , dachte er zerknirscht.
    „Dann nehme ich lieber mal ein paar

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