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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Strumpfhose und den Slip zu. Ich habe auf dem Polizeipräsidium Julias Fallakte gelesen und Fotos gesehen.“
    „Nein!“ Bestürzt riss Marie ihre Augen auf. Sie schlug die Hand vor den Mund.
    Ben war starr vor Entsetzen. Er ließ sein Smartphone einfach fallen. Es landete geräuschvoll auf dem Glastisch. Offenbar erinnerte er sich wirklich nicht daran, dass Julia die Dinge getragen hatte.
    „Der Patron muss Bescheid wissen! Mit jedem Cache schickte er dir eine Botschaft. Jetzt ist er wütend, weil du sie nicht verstanden hast.“ Das Bier gärte in Daniels Magen und er bekam das erste Mal Sodbrennen von seinem geliebten Kölsch. „Es besteht eine Verbindung zwischen Julia Kranich und GeoGods Spiel. Und dir, Ben. Ich befürchte, deine Freundin hat letztes Jahr auch mit diesem Psychopathen gespielt.“
    Und verloren.
     

15
     
    Marie hatte Julias Handy in eine schwarze Lederhülle gesteckt, um den Kölner-Haie-Aufkleber auf der Rückseite zu verdecken. Während Ben am frühen Nachmittag durch den Laden schlurfte und, begleitet von Hip-Hop-Musik in Disko-Lautstärke, Kleidung aussuchte, da seine in der vergangenen Nacht entweder verbrannt oder vom Löschwasser zerstört worden war, lehnte sie sich gegen eine der mit Graffiti besprayten Wände und betrachtete gedankenversunken das Display.
    Das letzte Foto, das das Mädchen vor seiner Ermordung geschossen hatte.
    Offenbarte der Schnappschuss, wen es als Letztes in seinem Leben gesehen hatte? War er verwackelt, weil Julias Hand gezittert hat? Vor Angst? Marie hoffte, dass diese Schlussfolgerung falsch war und Julia ihr Telefon lediglich vor Lachen nicht hatte ruhig halten können, immerhin hatte sie sich auf einer Party befunden.
    Sie musste Benjamin darauf ansprechen. Er war dort gewesen. In Porz. In der Volksküche. Am Rheinufer. Gemeinsam mit Julia und ihrem Mörder.
    Doch als er mit einem Haufen Klamotten über dem Arm auf sie zukam, brachte sie kein Wort heraus, weil sie sich plötzlich vor der Wahrheit fürchtete. Wollte Marie sie überhaupt hören? Sie konnte Ben in Gefahr bringen oder womöglich sein Leben zerstören.
    Als Marie zur Kasse ging, um zu bezahlen, fühlte sie sich, als hätte sich ihr Darm um ihren Magen geschlungen und die Schlinge würde sich immer enger zusammenziehen wie eine Würgeschlange. Vom Rotwein, den sie ja in der vergangenen Nacht getrunken hatte, bekam sie jedes Mal einen Pelz auf der Zunge, deshalb nahm sie einige Schlucke aus der kleinen Flasche stilles Mineralwasser, die sie in ihrer Handtasche hatte.
    Sie trug die zwei Tüten in einer und Julias Smartphone in der anderen Hand und wusste nicht, welche Last schwerer wog. Nach den richtigen Worten suchend, um das Gespräch zu beginnen, folgte sie ihrem Cousin über die Hohe Straße und schaute ihm zu, wie er in einer Drogerie diverse Cremes, Gel, einen Fettstift für die Lippen und sogar eine Pinzette kaufte. Erst jetzt fielen Marie die Stoppeln über seinen Augen auf. Er zupfte sich doch tatsächlich die Brauen! Sie wunderte sich über dieses Verhalten genauso sehr, wie darüber, dass ihr das bisher entgangen war.
    Dabei hatte sie gedacht, Ben zu kennen. Aber in letzter Zeit gab es immer wieder Momente, in denen er ihr fremd erschien.
    Als sie an der Kasse bezahlte, hörte sie jemanden neben sich schniefen. Benjamin wischte sich die Tränen von den Wangen, schaute durch das Schaufenster in die Fußgängerzone hinaus und drehte sich schließlich weg.
    Verwundert über den plötzlichen Gefühlsausbruch folgte sie seinem Blick. Eine Punkerin ging mit federnden Schritten an dem Geschäft vorbei. Gefühlvoll drückte sie ihre Ratte gegen ihr Dekolleté und hielt den fettigen Frittenkarton eines Fast-Food-Ladens über das Tier, um es vor dem Regen zu schützen, obwohl sie selbst bereits durchnässt war und ihre blaue Stachelfrisur langsam in sich zusammenfiel.
    Marie ließ Julias Mobiltelefon in ihre Handtasche gleiten. Heute war nicht der richtige Tag, um Benjamin zu fragen, ob das seine blutige zur Klaue geformte Hand auf dem Foto war.
    Der Unterarm war genauso dünn wie Bens, die Haut ebenso blass und die Finger filigran, fast weiblich, jedoch gekrümmt, als würden jeden Moment Krallen herausschießen. Aber die Hand hätte zu jedem anderen Partygast gehören können, vielleicht sogar zu Julia selbst ... hätten nicht Maik Hagedorn und Denis Buschhütter im Hintergrund gestanden, Benjamins beste Kumpel.
    Ihr war nie aufgefallen, dass Maik eine derart ausgeprägte Zornesfalte besaß

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