Leidenschaft der Nacht - 4
würden heute Abend diese Sachen tragen wollen, gnädige Frau.« Sie verzog keine Miene, obwohl Olivia ihren Augen ansah, dass Janet vor Neugier fast platzte.
Die Kleidung, die Reign ihr schickte, bestand aus einer weiten schwarzen Hose mit passender Bluse und einem Paar robuster Stiefel.
»Vielen Dank, Janet. Ich werde außerdem noch ein Halbkorsett anziehen. « Ihre anderen Korsetts waren zu lang, um sie mit einer Hose zu tragen, obgleich es sich seltsam ohne den gewohnten Druck auf dem Bauch und den Hüften anfühlte: frei, aber merkwürdig. Zum Glück besaß sie zwei dieser Halbkorsetts, denn das letzte war seit ihrem Treffen mit Dashbrooke ruiniert.
Sobald sie angekleidet war, setzte sie sich vor den Spiegel und ließ sich von Janet das Haar ausbürsten. Danach flocht die junge Frau es und wickelte es zu einem festen Knoten in Olivias Nacken auf.
Alles dauerte länger als ohne Hilfe in der vorherigen Nacht, aber Olivia war heute besser vorbereitet, stärker und gelassener. Vielleicht entsprang das Gefühl der Sicherheit ihrem Innern, vielleicht auch dem Wissen, dass, was immer heute Nacht geschah, Reign bei ihr war.
Fertig gekleidet, frisiert und bereit für die Schlacht, ging Olivia hinunter in die Bibliothek zu ihrem Mann und seinen Freunden. Alle drei sahen auf, als sie hereinkam: Watson neugierig, Clarke mit kaum verhohlenem Misstrauen und Reign mit einer solchen Freude, dass Olivias Knie zu zittern begannen. Genau so hatte er sie an jenem Abend angesehen, als sie sich erstmals begegnet waren. Damals schlug sie allen Anstand in den Wind und nahm ihn mit nach Hause in ihr Bett. Sie hatte es nie bereut. Ganz im Gegenteil: Nun, da sie wusste, was sie wusste, bereute sie einzig, dass sie von ihm weggelaufen war.
Er stand auf und kam zu ihr. Wie sie war auch Reign vollständig in Schwarz gekleidet, was ihn noch größer wirken ließ.
»Watson hat mir gesagt, wo das Haus ist, in dem, wie wir glauben, James festgehalten wird. Wollen wir aufbrechen?«
Einfach so? Gott, er war fürwahr ein erstaunlicher Mann! Sie blickte von Watson zu Clarke. »Nur wir beide?«
Clarke wandte sein Gesicht ab. Er mochte sie nicht, und Olivia war auch klar, warum, fand seine Loyalität sogar bewundernswert. ja, sie verdiente die Kälte, mit der er sie behandelte - was allerdings nicht bedeutete, dass sie sie allzu lange dulden würde.
»Heute Nacht sehen wir uns nur um«, antwortete Reign. »Die eigentliche Befreiung ist erst für morgen Nacht geplant - vorausgesetzt, wir müssen heute nicht unbedingt handeln.«
Natürlich. Sie sahen sich das Haus genauer an, wie viele Wachen es gab, wo die Schwachstellen waren, und erst danach schlugen sie zu. So war es am vernünftigsten, auch wenn die impulsive Seite ihres Wesens - dieselbe, die schreckliche Angst um James hatte - lieber gleich zur Tat geschritten wäre.
Doch ungeachtet des Tumults in ihrem Innern nickte sie zustimmend. »Ich bin bereit.«
Reign wandte sich an seine Butler. »Sie wissen, was zu tun ist, sollte das Haus belagert werden. «
Watson nickte. »Durchaus, Sir.« Clarke nickte, ohne den kühlen Blick von Olivia abzuwenden. Nein, das würde sie gewiss nicht mehr lange hinnehmen.
»Gut.« Reign reichte Olivia die Hand, während er immer noch zu den beiden Männern sprach. »Falls wir bis zum Morgengrauen nicht zurück sind, schicken Sie Nachricht zum >Bucket of Blood< und begeben sich umgehend zu Dashbrooke!« Die Männer bejahten stumm, und Reign ging mit Olivia hinaus.
»Was sollen sie tun, falls das Haus überfallen wird?«, erkundigte sie sich, als sie die Treppe zum Dachboden hinaufstiegen. Über die Frage, was aus ihnen würde, sollten sie bis Sonnenaufgang nicht zurück sein, wollte sie lieber gar nicht erst nachdenken.
»Es niederbrennen«, antwortete Reign. Inzwischen waren sie oben und traten auf das Dach hinaus. »Vorzugsweise mitsamt den Eindringlingen.«
»Oh!« Bei allem Entsetzen ging der blutrünstige Teil von ihr mit dem Plan konform, auch wenn sie hoffte, dass es nicht so weit kommen würde. »Für wie wahrscheinlich hältst du, dass das passiert?«
»Nicht sehr. Sie wollen, dass wir zu ihnen kommen. Auf diese Art ist es für sie leichter.«
»Tun wir denn nicht genau das?« Nicht, dass sie Angst hatte. Mit Reign an ihrer Seite fürchtete sie nichts - außer vielleicht, ihn zu verlieren.
Er warf ihr ein Grinsen zu. »Nur wenn sie uns fangen.«
Olivia grinste ebenfalls. »Was ihnen nicht gelingen wird.« Es tat gut, seinen Mut zu teilen
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