Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
eine Frau und Kinder?«
»Ich habe drei Frauen«, erwiderte Schwarzer Adler in makellosem Englisch. Es war also nichts an der Theorie, daß er die Sprache der Weißen nicht beherrschte. Er hatte bloß keine Lust, mit Emily zu reden. »Und zehn Kinder.«
Emily war geschockt, aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. »Beeindruckend«, murmelte sie. Das waren viele hungrige Münder, die zu essen haben wollten, dachte sie. Und wahrscheinlich lebten in der Familie noch Eltern und Großeltern oder andere bedürftige Verwandte. Und das war nur eine Familie. Bei anderen Indianern, die zur Zeit hier auf der Ranch arbeiteten, sah es sicher ähnlich aus, und das waren längst nicht alle Indianer, die in dieser Gegend lebten. Sie wollte Schwarzer Adler gerade anbieten, sich zwanzig Schafe aus der Herde auszusuchen, als Tristan kam.
Er sah entschieden anders aus als der Mann, mit dem sie in der Stadt gewesen war. Er hatte die Stirn gerunzelt, und seine Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammengezogen, wobei seine Wangenknochen unheilvoll arbeiteten. Emily schaute ihn mit einem unschuldigen Blick an und kam gar nicht auf den Gedanken, daß sie etwas getan haben, könnte, was ihn so in Rage gebracht hatte.
»Deine Frau redet sehr viel«, sagte Schwarzer Adler und brach das bedrohliche Schweigen.
Emily errötete. Sie wollte protestieren. Erstens war sie nicht Tristans Frau - jedenfalls noch nicht -, und zweitens standen sie hier auf ihrem Grund und Boden. Sie öffnete den Mund, aber Tristan sah sie warnend an.
»Geh ins Haus zurück, Emily«, befahl er mit schneidender Stimme. »Und zwar auf der Stelle und ohne Widerworte.«
Ihr war klar, daß eine Diskussion die Situation nur verschärfen würde, aber sobald sie mit Tristan allein war, würde sie ihm ein paar Wörtchen ins Ohr flüstern und einige Dinge klarstellen. So würde sie sich nicht noch einmal von ihm herumkommandieren lassen! Auch nicht, wenn er erst mal ihr Ehemann war! Das würde sie ihm klipp und klar sagen. Sie warf den Kopf in den Nacken, raffte ihre Röcke und rannte in die Küche, die sie längst als ihre Küche betrachtete.
Tristan betrachtete den Abgang seiner künftigen Frau mit unverhohlenem Wohlwollen. Sie war eine richtige Wildkatze, die fauchte und die Krallen ausfuhr. Wahrscheinlich würde es Jahre dauern, bis er sie gezähmt hatte - falls ihm das überhaupt jemals gelingen würde. Aber er freute sich auf jede Minute, die er an der Seite dieser Frau verbringen würde - in guten wie in schlechten Zeiten. Vielleicht würde er sie eines Tages sogar lieben - was immer das bedeuten mochte.
»Indianerfrauen reden keine Männer an«, erklärte Schwarzer Adler kopfschüttelnd.
Tristan sah keinen Grund, darauf hinzuweisen, daß Emily ja keine Indianerfrau war. Er seufzte scheinbar resigniert. »Ich fürchte, daß ich sie mal ordentlich übers Knie legen muss «, meinte er, obwohl er nie eine Frau geschlagen hatte - und bestimmt nicht bei Emily damit anfangen würde.
Schwarzer Adler nickte nachdenklich. »Jetzt ist mir auch klar, warum ein weißer Mann sich nur eine Ehefrau nimmt.«
Tristan lachte leise in sich hinein. Er wusste , daß Schwarzer Adler drei Frauen hatte, und die Vorstellung, mit drei Emilys verheiratet zu sein, konnte einen Mann schon zum Nachdenken bringen. Dann lenkte er das Gespräch auf ein anderes Thema. »Ich habe heute ein großes Stück Land gekauft, und ich brauche alle Männer, die du auftreiben kannst, um die neue Ranch zu bewirtschaften. Um das Geschäft zu besiegeln, gebe ich dir zwanzig dieser Schafe, die du dir selbst aussuchen kannst.«
Schwarzer Adler rief einen der anderen Indianer zu sich und sagte etwas in einer Sprache zu ihm, die Tristan nicht verstand. Der jüngere Indianer nickte, und dann begann die Auswahl der Tiere. Tristan sah noch ein paar Minuten zu, bevor er ins Haus zurückging, denn auch er wollte Emily ein paar Worte sagen.
Sie verrührte irgendwas in einer großen Schüssel und gab mit so viel Schwung einen Schuß Milch dazu, daß die Flüssigkeit über den Schüsselrand spritzte. Emily starrte Tristan wütend an und wartete offensichtlich auf eine Entschuldigung.
Er hatte nicht die Absicht, sich zu entschuldigen, aber er war froh, daß sie nicht gehört hatte, wie er Schwarzer Adler versprochen hatte, sie übers Knie zu legen. »Wenn du einem Indianer ein Geschenk machst«, erklärte er und verschränkte die Arme vor der Brust, »fühlt er sich verpflichtet, auch dir etwas zu geben.
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