Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
Fluch nicht mehr loskommen.«
Der irische Fluch- das Saufen bis zum Umfallen. Er selbst hatte mehr als einmal befürchtet, daß er vom Alkohol nicht mehr loskommen würde, wenn er morgens schweißgebadet auf gewacht war und am ganzen Körper gezittert hatte, wenn ihm so übel gewesen war, daß er seinen rebellierenden Magen nur mit dem nächsten Schluck Whiskey beruhigen konnte. Aber bei einem Schluck war es dann nicht geblieben. »Ich scheine plötzlich gar keine Lust mehr auf Schnaps zu haben«, meinte er. »Das ist schlagartig passiert, und ich weiß selbst nicht, wieso.« Er vermutete allerdings, daß sein Bruder die Ursache dafür war. Als Tristan mitten in der Nacht aufgetaucht war und ihm die Pistole unter die Nase gehalten hatte, war das ein Schock gewesen. Noch schlimmer war allerdings der verächtliche Blick gewesen, mit dem sein Bruder ihn dabei angesehen hatte.
»Das Wieso spielt doch keine Rolle«, erwiderte Eugenie und zwinkerte ihm zu.
Aus dem >Yellow Garter Saloon< waren spitze Angstschreie der Frauen und laute Männerstimmen zu hören. Es klang nach Streit - und das verhieß nichts Gutes. Shay runzelte die Stirn und nahm seinen Hut, den er auf der Bank abgelegt hatte, wo er gesessen hatte, als Aislinn auf die Veranda getreten war.
»Weißt du«, fuhr Eugenie fort, »wenn es nicht so verrückt klingen würde, könnte man glauben, daß es dich zweimal gibt.«
Shay blieb wie angewurzelt stehen. Er muss te ein Grinsen unterdrücken. »Was soll das denn heißen, Eugenie?«
»Seltsam, daß du heute morgen zweimal gefrühstückt hast«, murmelte sie nachdenklich. »Und noch seltsamer war es, daß du beim zweiten Mal ganz anders auf mich gewirkt hast, Marshall Shay McQuillan.«
Er nahm seinen Hut, schlug ihn kurz gegen den Oberschenkel und stieß dabei langsam die Luft aus. Er war drauf und dran, Eugenie alles zu erklären, als im Saloon Schüsse fielen. »Zum Teufel«, fluchte er und überprüfte mit einem Blick, ob sein Fünfundvierziger voll geladen war. »Ich muss rübergehen und nachsehen, was da schon wieder los ist.«
»Paß gut auf dich auf«, bat Eugenie, als Shay an ihr vorbeirannte, und es klang wie ein Befehl.
»Mache ich«, versprach er, ohne sich noch einmal umzusehen.
Aislinn saß allein am Küchentisch. Sie hatte die Ellbogen aufgestützt, das Kinn in die Hände gelegt und betrachtete gedankenverloren die flackernde Kerosinlampe, deren Licht sich in dem gefleckten Wachstischtuch widerspiegelte. Sie war sich darüber im klaren, daß sie Eugenies eiserne Regeln gebrochen hatte und nun die Konsequenzen tragen muss te, aber daran dachte sie überhaupt nicht, denn ihre Gedanken schienen sich nur um Shay McQuillans Küsse zu drehen. Sie schrak zusammen, als Eugenie sie ansprach, denn sie hatte gar nicht gehört, daß sie in die Küche gekommen war.
»Du solltest jetzt besser schlafen, Kind. Um sechs muss t du wieder raus aus den Federn, um Frühstück zu machen.«
Aislinn drehte sich auf der Bank um und schaute Eugenie ins Gesicht. »Dann schickst du mich also nicht weg?« Sie hielt den Atem an und wartete auf eine Antwort. Eugenie ließ sich damit jedoch Zeit. Sie nahm eine Tasse, goß sich kalten Kaffee ein, der vom Abendessen übrig war, und trank ein paar Schlucke. »Ich jage meine Mädchen nicht mitten in der Nacht auf die Straße«, sagte sie und schaute dabei aus dem Fenster über der Spüle.
Aislinn schloß die Augen und spürte die Erleichterung. Es war schon ein großes Risiko gewesen, Liza Sue zu helfen und sie ins Hotel zu schmuggeln. Daß sie sich heute von dem Marshall auf der Terrasse - sozusagen in aller Öffentlichkeit - hatte küssen lassen, war mehr als leichtfertig gewesen, denn schließlich wusste sie ja, daß Eugenie strikt darauf achtete, daß die Mädchen die Regeln befolgten. »Ich... ich weiß nicht, was in mich gefahren ist«, erklärte sie und sagte damit absolut die Wahrheit. »Ich bin doch sonst immer so ... vernünftig.«
Eugenie ging nicht darauf ein. »Wie macht sich unsere kleine Liza Sue?«
Aislinn verkrampfte sich. »Gut«, erwiderte sie leise. Sie haßte sich dafür, daß sie Eugenie belogen hatte, die sie immer so herzlich und liebevoll behandelt hatte, aber es war eine Notlage gewesen, und sie hatte auch nur gelogen, damit Liza Sue nicht wieder in den >Yellow Garter Saloon< zurückgehen muss te.
Schließlich drehte Eugenie sich zu Aislinn um. »Ich denke mir, daß das Kind froh ist, endlich von Jake und dieser lüsternen Männerhorde fort zu
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