Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
zweifelte nicht daran, daß sie selbst die Ursache des Streits war. Sie zog sich die Decke über den Kopf und sehnte sich nach einem eigenen Heim, einem Platz, der ihr gehörte, einem Ort, an dem sie immer willkommen sein würde.
Irgendwann verstummten die Stimmen, und Aislinn hörte, wie eine Tür ins Schloss geworfen wurde. Sie wollte sich gerade dazu zwingen, aufzustehen und der Welt ins Auge zu schauen, als sie auf dem Flur vor ihrem Zimmer ein Gerä u sch hörte.
»Aislinn?« Zum Glück war es Dorries Stimme. »Machen Sie mir die Tür auf, Liebes. Ich bringe Ihnen heißes Wasser, ein Handtuch und ein schönes Stück Lavendelseife. Und während Sie sich waschen, werde ich ein anständiges Kleid für Sie suchen.«
Aislinn war dankbar für die Freundlichkeit und Herzlichkeit der Frau. Sie öffnete die Tür und lächelte Dorrie scheu an.
»Guten Morgen!« grüßte diese und trat ins Zimmer. Sie trug einen Eimer mit dampfendem Wasser in der einen Hand und ein Stück duftende Seife in der anderen. »Haben Sie gut geschlafen?« flötete Dorrie fröhlich, während sie Wasser in den Krug goß und den Eimer, der immer noch halb voll war, griffbereit neben die Waschschüssel stellte.
Aislinn nickte. Obwohl Dorrie so gastfreundlich war, fühlte sie sich wie ein Eindringling. »Das war früher wohl Shays Zimmer?« Es war keine wirkliche Frage, sonde rn eine Feststellung, für die sie nur eine Bestätigung haben wollte.
Dorrie machte für einen Moment ein trauriges Gesicht. »Ja, aber das ist schon lange her«, erwiderte sie gedehnt. Sie ging langsam zur Tür, um etwas zum Anziehen für ihren Gast zu besorgen, und seufzte tief. »Ich denke oft an die Zeit, als Shay noch bei uns war«, fuhr sie dann leise fort. »Früher war auch Co rn ie nicht so hart und verbittert - aber damals hoffte sie ja noch, daß William Kyle sie zu seiner Frau machen würde.«
Aislinn hatte bereits Wasser in das Becken gegossen, und sie genoss den süßen Duft der Seife. Das war ein Luxus, den sie seit dem Tod ihrer Eltern entbehrt hatte, denn gewöhnlich benutzte sie zum Waschen eine scharf riechende gelbe Paste, die Eugenie in großen Eimern kaufte. Überrascht hielt sie in der Bewegung inne. »William Kyle? Ist das etwa Billys Vater?«
Dorries Augenausdruck wurde vorsichtig. Sie streckte den Kopf aus der Tür und blickte in den Flur , bevor sie Ais linn wieder ansah, die ein neugieriges Gesicht machte. Dorrie senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Ich sollte das eigentlich gar nicht erzählen. Co rn ie glaubt, daß niemand weiß, wie sehr William Kyle ihr damals weh getan hat. Allerdings habe ich bemerkt, daß die beiden seit einiger Zeit wieder miteinander reden.« Dorries Augen begannen zu strahlen. »Wäre es nicht wunderbar, wenn sie sich wieder ineinander verlieben würden und Cornie doch noch glücklich werden würde? So glücklich, wie ich mit meinem Leander war, bevor Papa ihn ins Kittchen werfen ließ und mich wieder nach Hause gebracht hat?«
Aislinn hielt den Atem an. Sie war hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie gerne mehr von dieser Geschichte hören, aber andererseits hätte es ihr leid getan, wenn ihr Wasser kalt geworden wäre. »Ja«, murmelte sie, »das wäre sicher schön.«
Dorrie verschwand, und Aislinn schloß die Tür, um sich zu waschen. Sie hatte sich in das Handtuch gewickelt, als ihre Wohltäterin wieder zurückkam, um ihr die Sachen zum Anziehen zu bringen. Ein braunes Baumwollkleid, einen Unterrock, Wäsche und eine Schürze. Die Sachen waren zwar getragen, aber frisch gewaschen. Während Aislinn sich ankleidete, dachte sie daran, was Dorrie ihr von Cornelias Liebe zu W illi am Kyle erzählt hatte. Für sie selbst war diese Information zwar wertlos, aber Shay konnte vielleicht etwas damit anfangen. Wie jede anständige Frau in Prominence hatte Aislinn immer einen großen Bogen um die Männer der Powder Creek Ranch gemacht. Vater und Sohn galten als rücksichtslos und brutal, wobei der Senior der Klügere und Intelligentere - und damit der Gefährlichere war.
»Sie werden doch niemandem etwas erzählen?« vergewisserte sich Dorrie, als Aislinn wenig später nach unten in die Küche kam. »Ich meine, über Cornelia und Mr. Kyle.« Dorrie saß am Tisch und schenkte Tee ein. In einer kupfernen Schüssel waren Rühreier warm gestellt, und in einem silbernen Ständer steckten dicke Scheiben getoastetes Brot, das bereits gebuttert war. Aislinns leerer Magen begann zu knurren.
Sie schüttelte den Kopf, um
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