Leidenschaft in den Highlands
du sehr schnell nah an mich herantrittst, noch bevor ich dich treffen kann.«
Wie angekündigt, stürmte er auf sie zu. Avery machte einen raschen Schritt nach vorne. Unvermittelt standen sie sich dicht gegenüber.
»So in der Art?«, fragte sie und blickte zu ihm hoch. Sie spürte einen warmen Hauch auf ihren Wangen. Beinahe berührten sich ihre Lippen.
Ewans Atem ging noch immer schnell, schien sich sogar noch zu beschleunigen.
»Aye«, sagte er heiser.
Er hatte so ungewöhnlich dunkle Augen. Sie hätte sich in ihnen verlieren können, ewig in diese funkelnden Bergseen blicken mögen. Aber es war nicht die Zeit.
»Nun musst du mich noch entwaffnen«, erinnerte er sie.
Avery drehte sich blitzschnell und griff mit beiden Händen nach seinem Schwertarm.
»Nimm mein Handgelenk«, wies er sie an.
Sie drückte zu. Scheppernd fiel das Holzschwert zu Boden.
»Ausgezeichnet.«
Leicht errötend ließ sie sich erschöpft auf den felsigen Untergrund sinken. »Ich könnte auf der Stelle einschlafen«,hauchte sie und schloss einen Moment lang die Augen.
Ewan setzte sich hinter sie und massierte mit beiden Händen ihre Schultern.
Es fühlte sich himmlisch an. Als wäre der Kampf nur ein Spiel gewesen, ein ermüdendes allerdings. Sie gähnte. Auf der Stelle hätte sie einschlafen können, um erst am Morgen wieder in seinen Armen zu erwachen.
»Das ist nicht gut«, sagte Ewan plötzlich.
»Was meinst du?«
»Sieh dich um.«
Das rote Licht der untergehenden Sonne erlosch hinter einem gewaltigen Berg, und eine warme Dunkelheit hüllte sie ein. Das Tal verwandelte sich in ein gewaltiges schwarzes Nichts, das sämtliche Dörfer verschluckte. Und auch Stonewall Castle.
»Wir hätten schon vor einer Stunde aufbrechen sollen. Jetzt schaffen wir es nicht mehr nach Hause. Sieht so aus, als müssten wir die Nacht hier oben verbringen.«
»Warum denn das?«
»Erkennst du den Weg hinab?«
Sie blickte in die Richtung, aus der sie gekommen waren, konnte aber nichts erkennen. »Nay.«
»Ich auch nicht. Es wäre viel zu gefährlich, in dieser Dunkelheit den Abstieg anzutreten.«
Avery seufzte. Sie sehnte sich nach ihrem weichen Bett. Wenigstens war sie nicht allein hier oben.
»Es wird kalt werden. Das heißt, wir müssen eng zusammenrücken, um uns gegenseitig zu wärmen. Leider habe ich nichts dabei, um ein Feuer zu machen.«
»Soso, Laird MacCallen.« Sie lachte. Das war gewiss wieder ein MacCallen-Trick.
Ewan aber blieb ernst. »Das ist kein Scherz. Die Nächte in den Bergen haben es auch im Spätsommer in sich. Aber wenn dir meine Nähe unangenehm ist, kannst du meinen Plaid haben, um deine Beine zuzudecken. Er wird die Wärme geben, die du brauchst.«
»Und was ist mit dir? Willst du nackt schlafen? Hast du etwa vor zu erfrieren?«
»Ich halte einiges aus.«
»Lass uns so sitzen bleiben.« Sie legte ihre Hand sanft auf seine und streichelte sie zärtlich. Kein Plaid hätte sie so wärmen können wie seine Nähe.
Ewan lächelte sie an. »Schlaf ruhig. Ich werde Wache halten.«
»Denkst du, es gibt hier Wölfe?« Wieder tauchte das Bild des Wolfes vor ihrem inneren Auge auf. Sie hatten nicht einmal richtige Waffen dabei, nur diese albernen Holzschwerter.
»Wer weiß schon, welche Gefahren hier lauern«, sagte er und zuckte die Schultern. »Ich würde so oder so Wache halten.«
»Und wenn du einschläfst?«, neckte sie ihn.
»Das wird nicht passieren«, sagte er sachlich.
»Was macht dich so sicher? Irgendwann übermannt einen der Schlaf einfach.«
»Ich bin ein einziges Mal eingeschlafen, als ich Wache halten sollte. Es endete in einer Katastrophe. Noch einmal wird mir das nicht passieren.«
Sie sah ihn überrascht an. »Wann war das?«
»Bei der Schlacht um Skye. Wir hatten unser Lager an der Küste aufgeschlagen, und die Nacht schien ruhig. Ich saß am Feuer. Das Spiel der Flammen vor meinen Augen hatte mich müde gemacht. Irgendwann bin ich eingeschlafen, und die MacDovers konnten sich uns unbemerkt nähern. Sie drangen in das Lager ein und metzelten die schlafenden Krieger nieder. Einigen von uns gelang es, rechtzeitig das Schwert zu ziehen. Ich war einer von denen, die überlebten. Doch die Verluste waren verheerend. Man muss auch funktionieren, wenn man einen Kampf hinter sich hat oder aus dem Schlaf gerissen wird. Ein klarer Verstand und geschärfte Sinne sind unabdingbar, um zu überleben.«
»Und, waren deine Sinne geschärft?«, fragte sie neugierig.
»Ich war jung und unerfahren. Der älteste
Weitere Kostenlose Bücher